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Sex für Betas

Gute Nachrichten für Softies: Aggressive Lebewesen müssen evolutionär betrachtet nicht immer die erfolgreichsten sein.

Sex für Betas

 

Lange sind Wissenschafter davon ausgegangen, dass die am aggressivsten vorgehenden Lebewesen auf unserem Planeten evolutionär betrachtet die erfolgreichsten sind. Die gute Nachricht für alle Softies: Das war ein Missverständnis – oder genauer: eine ungenaue Interpretation von Darwins «struggle for survival». Die Erkenntnis, dass die natürliche Selektion auch altruistisches Verhalten belohnt und der Erfolg des Einzellebewesens oft von der komplexen Interaktion mit anderen abhängig ist, verdanken wir unter anderen dem britischen Wissenschafter Maynard Smith. Er hat als erster mathematische Modelle der Spieltheorie in die Verhaltensbiologie übertragen. Maynard Smith hat sich definitiv einen Spitzenplatz in der Wissenschaft verdient – und sei es nur als Entdecker und Benenner der sogenannten «Sneaky Fuckers»-Strategie: Sie beschreibt den Fortpflanzungserfolg von Beta-Männchen, die sich mit Weibchen paaren, während die dominanten Alpha-Männchen anderweitig beschäftigt sind. Zum Beispiel damit, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.

Die Sneaky Fuckers gehen dabei, wie der Name andeutet, hinterlistig vor: Männliche Tintenfische etwa zeigen gerne während des Umwerbens einer Dame auf der ihr zugewandten Körperseite typisch männliche Muster, auf der gegenüberliegenden weibliche. Die Jungmännchen der Kakadu-Zwergbuntbarsche bilden ihren auffälligen bunten Kopfschmuck nicht aus, solange ein aggressiver Alpha in der Gegend ist, und geben vor, Weibchen zu sein. In beiden Spezies nutzen an sich unterlegene Männchen eine harmlose Tarnung, um ungestört von Rivalen weibliche Artgenossen zu bezirzen. Die «Sneaky Fuckers» können mit dieser Strategie evolutionär gesehen durchaus den «Crazy Bastards» den Rang ablaufen: Letztere sind – gemäss der Wortwahl von Anthropologen der UCLA – Menschen, die ein unvernünftig risikoaffines Verhalten an den Tag legen. Selbstredend sind das vornehmlich Männer, wie die maskuline Dominanz unter den Preisträgern des Darwin Awards – der jährlich für die aberwitzigsten Methoden, sich selber aus dem Genpool zu entfernen, verliehen wird – beweist. Zwar werden «Crazy Bastards» von potenziellen Fortpflanzungspartnern als grösser, stärker und insgesamt körperlich ansprechender eingeschätzt als vorsichtige Mitmenschen, aber diese Errungenschaft bezahl(t)en sie nicht selten mit dem Leben. Was bei den Menschen gilt, gilt auch bei den Primaten: Es gewinnt nicht immer das aggressive Männchen. Es kommt vor, dass Weibchen einem unterlegenen, aber sympathischen Männchen helfen, das dominante Leittier an der Nase herumzuführen. Hinter dessen Rücken paart es sich dann mit dem Lucky Loser. Solche gibt es also bei den Tintenfischen, Buntbarschen oder Primaten ebenso wie bei der Krone der Schöpfung, dem Homo sapiens sapiens.

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