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Staatliche Entwicklungshilfe für politische Kampagnen?

Das Hilfswerk Oxfam macht mit Skandalen und einer linken Agenda von sich reden. Dennoch erhält es weiterhin Steuergelder – auch aus der Schweiz. Weshalb?

 

Anfang Februar 2018 geriet die internationale Hilfsorganisation Oxfam heftig in die Kritik: Sexorgien in Haiti im Nachgang des Erdbebens von 2010, ähnliche Vorfälle im Tschad 2006, Vergewaltigungen im Südsudan und die Erpressung von Hilfs­bedürftigen, aber auch unangemessen hohe Managergehälter wurden öffentlich. Nicht nur die Vergehen selbst riefen Empörung hervor, sondern auch die mangelhafte Aufarbeitung durch die Oxfam-Leitung und die fehlende Information der Geldgeber.

Der Fall zeigt zum einen, dass hohe moralische Ansprüche kein Garant für moralisches Verhalten sind. Ein gesundes Mass an Misstrauen ist auch gegenüber Organisationen angebracht, die unter der Flagge des Sozialen segeln.

Da Oxfam in erheblichem Masse öffentliche Zuwendungen erhält, bestätigt der Fall zugleich, dass staatliche Stellen keine überdurchschnittliche Kompetenz beanspruchen können bei der Auswahl unterstützungswürdiger Institutionen. Tatsächlich ist zu befürchten, dass sie dazu sogar besonders schlecht befähigt sind, weil sich staatliche Stellen augenscheinlich schwerer als andere damit tun, Fehler einzugestehen und zu korrigieren. So erklärte das Schweizer Aussendepartement (EDA) noch eine Woche, nachdem Oxfam entscheidende Vorwürfe im Grundsatz bestätigt hatte, dass es verfrüht sei, die langjährige, gute Zusammenarbeit einzustellen, bevor die Fälle lückenlos aufgeklärt seien.1 Das gegenteilige Vorgehen – weitere Zahlungen von einer lückenlosen Aufklärung abhängig zu machen – wäre nachvollziehbarer gewesen. Doch dazu rang sich das EDA erst durch, nachdem die britische Regierung mit gutem Beispiel vorangegangen war.2 Nichts war bis heute davon zu hören, dass jemand die politische Verantwortung übernommen hätte für die jahrelange Finanzierung einer fragwürdigen Organisation mit Steuergeldern.

Mangelhafte Aufarbeitung

Wie erst kürzlich publik wurde, hat das EDA die Zahlungen zudem bereits im Mai 2018 klammheimlich wieder aufgenommen, de facto also nie eingestellt.3 Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) hält Oxfam weiterhin für einen «vertrauenswürdigen und professionellen Partner» und begründet dies unter anderem mit den Massnahmen, die Oxfam schon vor Bekanntwerden des Skandals eingeleitet habe. Etwas anders sieht dies die britische Charity Commission in einem Bericht vom Juni 2019.4 Oxfam habe seine Verantwortung unzureichend wahr­genommen, Whistleblower seien im Stich gelassen worden, und die Aufarbeitung sei bis 2017 mangelhaft gewesen. Die Umsetzung von insgesamt 79 Korrekturmassnahmen sei zugesichert worden, stehe aber zum Teil noch aus – über ein Jahr nach Wiederaufnahme der Zahlungen der DEZA, wohlgemerkt.

Das Verhalten des EDA lässt wenig Zweifel daran, dass man nie gewillt war, die Zusammenarbeit mit Oxfam zu beenden, sich in Anbetracht der erdrückenden Fakten aber gezwungen sah, zumindest den Anschein zu erwecken, aus den Vorgängen Konsequenzen zu ziehen. Eine glaubwürdige Nulltoleranzpolitik ist das nicht, sondern wohl eher eine gezielte Irreführung der Öffentlichkeit. Es drängt sich die Frage nach den Motiven auf.

«Oxfam ist kein reines Hilfswerk,

sondern zugleich ein politischer Verein

mit einem dezidiert linken Programm.»

Mit Steuergeld gegen «Steuerparadiese»

Der Skandal ist in der Tat viel grundlegenderer Natur: Oxfam ist kein reines Hilfswerk, sondern zugleich ein politischer Verein mit einem dezidiert linken Programm. Oxfams Feindbild ist der Kapitalismus.5 In Deutschland engagiert sich die Organisation in der Flüchtlingspolitik und jubiliert, dass in deren Rahmen neue staatliche Eingriffe ins Wohneigentum möglich würden. Auf die Schweiz bezogene Aktivitäten haben insbesondere den Kampf gegen angebliche Steuerparadiese zum Inhalt.6 Oxfam unterstützt ausserdem die israelfeindliche BDS-Kampagne (Boycott, Divestment and Sanctions).

Jedem, ob Einzelperson oder Organisation, ist es unbenommen, sich für derartige Anliegen einzusetzen. Oxfam tut dies jedoch in erheblichem Ausmass mit Steuermitteln. Knapp 370 Millionen Euro (und damit über ein Drittel seines Budgets) erhielt Oxfam 2019 von nationalen Regierungen, der EU und der UNO.7 Man kann also nur bedingt von einer Nichtregierungsorganisation sprechen. Doch anders als eine Regierung ist Oxfam als staatlicher Auftragnehmer weder den Steuerzahlern rechenschaftspflichtig noch abwählbar.

Was legitimiert Regierungen und Behörden, Aussenposten dieser Art zu unterhalten und damit politische Agenden voranzutreiben, denen die Wähler nie zugestimmt haben? Die unterschiedlichen Präferenzen der Bürger wären weitaus besser respektiert, wenn Hilfsorganisationen allein über freiwillige Spenden finanziert würden. Zumindest müssten politische Aktivitäten ein Ausschlusskriterium sein, um in den Genuss öffentlicher Förderung zu gelangen. Der Hinweis der DEZA, man unterstütze nur konkrete Hilfsprojekte und nicht die politische Tätigkeit, ist reine Augenwischerei, denn natürlich legt Oxfam bei politischen Stellungnahmen das Gewicht einer Hilfsorganisation mit Milliardenbudget und staatlicher Rückendeckung in die Waagschale.

Oxfam ist gewiss kein Einzelfall. Um so dringlicher ist eine grundlegende Debatte darüber, worin die Aufgabe staatlicher Entwicklungshilfe bestehen soll. Die Subventionierung skandalträchtiger Organisationen mit politischer Agenda gehört sicher nicht dazu.

  1. Auch Schweizer Gelder für das umstrittene Hilfswerk Oxfam. In: Neue Zürcher Zeitung, 18.02.2018.

  2. Schweiz stellt Zahlungen für Oxfam ein. In: Neue Zürcher Zeitung, 20.02.2018.

  3. EDA unterstützt britisches Hilfswerk Oxfam wieder – erlässt für Mitarbeiter aber ein Sexverbot. In: Aargauer Zeitung, 03.01.2020.

  4. Charity Commission for England and Wales: Oxfam GB: Summary of Inquiry Findings and Conclusions, http://www.gov.uk/government/publications/charity-inquiry-oxfam-gb

  5. Oxfams tiefer Fall vom hohen Ross. In: Neue Zürcher Zeitung, 17.02.2018.

  6. Oxfam-Millionen fliessen weiter. In: Basler Zeitung, 19.02.2018.

  7. Oxfam, Annual Report 2018-19, http://www.oxfam.org/en/what-we-do/about/our-­finances-and-accountability/annual-reports-and-financial-statements

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