Neue Subventionen für Absurdistan
Wenn Brüssel Geld verteilt, bleiben Effizienz und Vernunft oft auf der Strecke. Ein Streifzug durch das Kuriositätenkabinett der EU-Subventionen.
Immer wieder landet die Europäische Union in den Schlagzeilen, wenn es um die Verteilung von Fördergeldern geht. Brüssel steht im Ruf, das von den Bürgern erarbeitete Steuergeld allzu grosszügig für fragwürdige Projekte auszugeben. Wie die folgende Auswahl zeigt, ist bei einigen der Förderungen auch Korruption mit im Spiel.
Skiresort in Dänemark
Vor rund 15 Jahren förderte die EU eine Skianlage in Dänemark – einem Land, das nicht gerade für seine gebirgige Landschaft bekannt ist. Das Skiresort liegt auf der «Sonneninsel» Bornholm, einem der wärmsten Orte Skandinaviens. Der höchste Berg dort, der Rytterknægten, ist 162 Meter hoch. Von 2008 bis 2012 erhielt die Skianlage von der EU 133 000 Euro an Fördermitteln, davon 100 000 Euro, die in den Bau des Resorts flossen. Die Piste ist 240 Meter lang und überwindet 30 Höhenmeter. Aufgrund des Schneemangels und zu hoher Temperaturen war die Skianlage jeweils nur wenige Tage im Jahr geöffnet. Dennoch schoss die EU weitere 33 000 Euro für den Ausbau der Pisten nach. Der Besucheransturm ist bis heute ausgeblieben.
House-Party im Metaverse
Apropos fehlender Ansturm: Im Dezember 2022 organisierte die Abteilung für Auslandshilfe der Europäischen Kommission eine Party im Metaverse, einem virtuellen Ort, an dem sich reale Menschen treffen. Die Veranstaltung sollte die «Global Gateway Initiative», ein Entwicklungshilfeprojekt für 18- bis 35-Jährige, bewerben. Die Teilnehmer konnten mit ihren Avataren zu House-Musik auf einer tropischen Insel tanzen. Laut Angaben der EU-Kommission kostete der Spass 387 000 Euro. Doch die Metaverse-Party erwies sich mit lediglich fünf Teilnehmern als Rohrkrepierer.
Geisterhäfen in Südeuropa
2012 hielt der Europäische Rechnungshof in einem Sonderbericht fest, dass von der EU subventionierte Häfen in Italien und Spanien ungenutzt blieben. Beispielsweise finanzierte Brüssel zwischen 2003 und 2006 die zweite Phase des Baus eines Handelshafens im sizilianischen Augusta mit (die erste Phase startete bereits 1980). 3,8 Millionen Euro wurden dafür in die Hand genommen. Obwohl das Projekt 2006 fertiggestellt wurde, blieb der Hafen ungenutzt. Der Grund: Der Container- und Roll-on/Roll-off-Verkehr, den man sich erhoffte, blieb aus. Ähnliche Probleme zeigten sich bei anderen italienischen Häfen: In Bari und Brindisi konnten Schiffe zwar anlegen, aber es fehlte die nötige Infrastruktur zur Anbindung ans Hinterland. Auch in Spanien blieben die mit EU-Subventionen ausgestatteten Häfen in Campamento und Arinaga ungenutzt. Auch Jahre später hat sich die Situation kaum gebessert. So stellte beispielsweise der Europäische Rechnungshof in einem anderen Sonderbericht von 2016 (dem letzten Bericht zu den Hafenprojekten) fest, dass die EU-finanzierten Hafeninfrastrukturen in Augusta «keine Tätigkeit» aufwiesen und die Containerlagerbereiche in Campamento «weitgehend ungenutzt» blieben.
Coronahilfen für Stadien
Während der Coronakrise rief die Europäische Union 2021 einen Wiederaufbaufonds ins Leben. Um Fördermittel zu erhalten, mussten Mitgliedsstaaten detaillierte Pläne zur Finanzierung von Zukunftsprojekten vorlegen. Unter anderem sollten mindestens 37 Prozent der Vorhaben in den Klimaschutz und mindestens 20 Prozent in die Digitalisierung fliessen. Im Juni 2021 genehmigte die Europäische Kommission den Wiederaufbauplan für Italien, das mit über 190 Milliarden Euro zum grössten Empfänger dieser Fördergelder wurde.
2023 verlangte die Kommission jedoch Nachbesserungen und setzte die Auszahlung der nächsten Milliardentranche vorübergehend aus. Es stellte sich heraus, dass ein Teil der Coronahilfen in den Bau und die Sanierung von Stadien floss. Die italienische Regierung plante, das in den 1930er-Jahren erbaute Stadion Artemio Franchi in Florenz für 200 Millionen Euro zu sanieren. Aus diesen Geldern sollten 64 Millionen Euro aus dem EU-Topf stammen. Zusätzlich war in Venedig der Bau des Bosco dello Sport mit zwei neuen Sportstätten geplant, wobei ein Drittel der Kosten – etwa 93 Millionen Euro – von Brüssel finanziert werden sollte. Ob nach der Aussetzung der EU-Subventionen weiter gebaut wird, steht noch in den Sternen.
Subventionen für die Mafia
2020 kam ans Licht, dass die italienische Mafia EU-Subventionen in Millionenhöhe erschlichen hatte. Ermittler nahmen in der Umgebung der sizilianischen Stadt Messina 94 Verdächtige fest. Den Beschuldigten werden Betrug, Drogenhandel und Erpressung zur Last gelegt. Die Mafiabosse sollen in der Bergregion Nebrodi EU-Fördermittel für die Landwirtschaft für ihre kriminellen Machenschaften zweckentfremdet haben. Italienischen Medienberichten zufolge sollen über fünf Millionen Euro an Fördergeldern in die Taschen der Mafia geflossen sein. In den Betrug waren auch Unternehmer und Vertreter öffentlicher Behörden verwickelt. Mit gefälschten Papieren täuschten die Beschuldigten vor, Grundstücke für die Landwirtschaft zu nutzen, um so die EU-Subventionen einzuheimsen. Gemäss Recherchen der Tageszeitung «La Repubblica» hätte eine einfache Kontrolle ausgereicht, um den Schwindel aufzudecken. Vor Ort wurde jedoch nie kontrolliert; die dafür Zuständigen waren selbst in die Machenschaften verstrickt.
Vergoldete Strassenlampen
2018 wurde Ungarn von einem Korruptionsskandal heimgesucht. Kurz vor den Parlamentswahlen wurde publik, dass die Regierung die Firma von Viktor Orbáns Schwiegersohn beauftragte, neue Strassenlampen in Gemeinden zu installieren – zu horrenden Preisen. Das Unternehmen Elios, an dem István Tiborcz beteiligt war, stattete zwischen 2011 und 2015 Kommunen mit Strassenbeleuchtungen aus. Die Finanzierung erfolgte durch Subventionen aus Brüssel. Die Summe belief sich auf 40 Millionen Euro. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) stellte bei der Vergabe der Subventionen «ernsthafte Unregelmässigkeiten» fest und empfahl der EU-Kommission, die Fördergelder zurückzufordern. Orbán konterte die Korruptionsvorwürfe geschickt: Er erklärte das Strassenbeleuchtungsprojekt kurzerhand zur nationalen Angelegenheit. Bezahlen musste nun nicht mehr der EU-Bürger, sondern ausschliesslich der ungarische Steuerzahler.
Versteckte Medienförderung
Diesen Februar deckte die italienische Zeitung «Il fatto quotidiano» einen Medienskandal auf. Die Europäische Kommission unterstützte Medien im Vorfeld der Europawahl mit insgesamt 133 Millionen Euro über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Federführend bei dieser Fördermassnahme waren EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und die Europäische Investitionsbank. Üblicherweise regelt die EU ihre Mediensubventionen über Ausschreibungen. Doch bei den Fördergeldern, die vor der Europawahl flossen, war das nicht der Fall. Beauftragt wurde stattdessen die Agentur Havas Media France, die dem französischen Medienkonzern Vivendi gehört. Die Agentur schloss einen Rahmenvertrag mit der EU ab und übernahm die Verteilung der Gelder. Auf die Anfrage von «Il fatto quotidiano», welche Medien welche Summen erhielten, verweigerte die EU die Auskunft. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.