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Hundert Jahre Wiener Werkstätte

Josef Hoffmann und Heimo Zobernig im Kunsthaus Zug

Die 1903 von Josef Hoffmann, Koloman Moser und Fritz Wärndorfer gegründete Wiener Werkstätte könnte in diesem Jahr ihr hundertjähriges Jubiläum feiern. Grund genug für das Kunsthaus Zug, auch in der Schweiz die Begegnung mit Josef Hoffmann (1870 –1956) zu erneuern, war doch eine grössere Ausstellung über Hoffmann und sein Schaffen letztmals vor 20 Jahren im Museum Bellerive in Zürich zu sehen.

Bis zum 28. August 2003 werden rund 400 Exponate von Hoffmann und aus seinem künstlerischen Umfeld gezeigt, in einer Stadt, welche dank der Freundschaft zwischen der Industriellenfamilie Kamm und dem Exilehepaar Wotruba profunde Verbindungen zur Wiener Kunstszene aufbauen konnte und eine der bekanntesten Sammlungen von Wiener Expressionisten in der Schweiz besitzt. Das Grundmaterial der Ausstellung stammt aus Zug; wichtige Leihgaben stammen jedoch aus Wiener Museen, allen voran das Museum für Angewandte Kunst. In diesem Museum wird der Wiener Künstler Heimo Zobernig (geboren 1958) im Dezember 2003 eine grössere Retrospektive über Hoffmann und die Wiener Werkstätte gestalten. Zobernigs Bilder, Objekte und Interventionen sind in der Zuger Ausstellung eingestreut und eröffnen so eine aktuelle Perspektive auf die Bezüge zwischen Architektur und Kunstgewerbe sowie auf deren Verbindungen zur Malerei, Literatur und Musik.

Das Schaffen der Wiener Werkstätte reichte von kunsthandwerklichen Einzelgegenständen über komplette Einrichtungen bis zum Entwurf und dem Bau von Häusern. Jene Bauten von Hoffmann, welche für die Entwicklung der modernen Architektur von herausragender Bedeutung sind, das Sanatorium Purkersdorf – der erste konsequente Zweckbau in Österreich – und das Stoclet-Palais in Brüssel, sind in der Ausstellung als Modelle vorhanden. 1909 schrieb der Kunstkritiker Ludwig Hevesi über das Sanatorium, es sei «ein Objekt in der Landschaft, das selbst den fahrigen Blick des Schnellzugspassagiers fesselt». Und über die Einrichtung: «Die sprudelnde Erfindungskraft Hoffmanns schüttelt alle erdenklichen kleinen und grossen Bequemlichkeiten und Zweckmässigkeiten aus dem Ärmel, und eine Skizze seiner Hand genügt den wohlgeschulten Arbeitskräften der Wiener Werkstätte, dieser Elite von Wiener Kunsthandwerkern, um seinen Gedanken zur Tast zu machen.» Tatsächlich kann jede Lebensphase des Menschen von Erzeugnissen der Wiener Werkstätte abgedeckt werden: von Büchern, Stoffen, Teppichen, Keramik, Gläsern und Silber bis zum Kinderspielzeug und den für Gustav Klimt gestalteten Bilderrahmen.

Ein weiteres, eindrucksvolles Beispiel für die umfassende Tätigkeit der Werkstätte stellt das 1907 eröffnete Kabarett Fledermaus dar. Hier ging es nicht nur um Gestaltung und Inneneinrichtung – verschiedene Einrichtungsgegenstände, wie eine von Josef Hoffmann entworfene Sitzgruppe oder die versilberten Gulaschschüsseln sind in der Ausstellung vertreten – , sondern auch die Programminhalte wurden von Künstlern wie Oskar Kokoschka oder Peter Altenberg bestimmt. Allerdings musste wegen mässigen Erfolges schon bald das Programmniveau gesenkt werden. Bedeutende Bilder, welche auf Empfehlung und Vermittlung des Freundes und Beraters Fritz Wotruba hin von der Familie Kamm erworben wurden, prägen die einzelnen Ausstellungsräume zusätzlich. So das 1955 erworbene «Gruppenbildnis mit Schönberg», ein Hauptwerk des frühverstorbenen Wieners Richard Gerstl (1883 – 1908), oder die «Gartenlandschaft mit Bergkuppe». In diesem 1916 von Gustav Klimt gemalten Bild gehen «gegenständliche Form und gemusterte Fülle ineinander über», wie Alfred Weidinger in seinem Aufsatz im Katalog feststellt. Im ersten Ausstellungsraum findet sich, umrahmt von illustrierenden Zeichnungen einer frühen Italienreise, die Einsicht: «Ich wusste nun, dass es vor allem auf das Verhältnis ankomme und dass die noch so genaue Anwendung der einzelnen Bauformen gar nichts bedeute.» Diese Erkenntnis führte zur bis heute unangefochtenen Bedeutung von Josef Hoffmann.

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