Seufzen statt schlürfen
Kann ein Trinkshot meine Einschlafprobleme lösen? Ja, aber mit etwas Atemtechnik geht’s auch.
Ich lebe ernährungs- und gesundheitsbewusst. Jeden Morgen dusche ich kalt, nehme Omega-3- und Nährstoffkapseln, meditiere zehn Minuten und pflege weitere Routinen, die Körper und Geist stärken. Mehrmals pro Woche gehe ich ins Fitnessstudio.
Perfekt bin ich trotzdem nicht: Mal gehe ich um 23 Uhr ins Bett, mal erst nach 1 Uhr – mein Schlafrhythmus ist eine Achterbahn. Zwar rette ich mich mit Powernaps über den Tag, doch bin ich täglich müde – trotz bester Vorsätze.
Also beschloss ich, etwas Neues auszuprobieren: den «Calm Shot» des Zürcher Start-ups «FoodFor». Nahrungsergänzungsmittel können keine Wunder vollbringen, doch laut dem Hersteller soll der Shot das Gehirn gezielt unterstützen – mithilfe bestimmter Nährstoffe. Im Online-Shop wird er als schnelle Hilfe zur Entspannung angepriesen – ohne Tagesmüdigkeit, ohne Abhängigkeit, ohne Gewöhnungseffekt.
An einem Montagabend startete ich meinen vierwöchigen Selbstversuch, um 23 Uhr nahm ich den Shot ein. Gegen 23.45 Uhr spürte ich die ersten Effekte: Ich wurde ruhiger, meine Gedanken kreisten nicht mehr unablässig. Das Karussell im Kopf kam zu einem Stillstand. Kurz nach Mitternacht schlief ich friedlich ein. Ich wiederholte das Ritual jeden Abend – vier Wochen lang. Mit dem Calm Shot gelang es mir, meine innere Unruhe zu bremsen und rechtzeitig einzuschlafen.
Doch was steckt in diesen Fläschchen? Ein Cocktail aus Mineralstoffen, Aminosäuren und Pflanzenextrakten, der gezielt auf das Nervensystem wirkt – allen voran über den Neurotransmitter GABA (Gamma-Aminobuttersäure), der im Gehirn hemmend wirkt und so den Körper auf Entspannung programmiert: Magnesium und Glycin beruhigen Muskeln und Nerven, während Glutaminsäure die Bildung des Botenstoffs GABA anregt. Ashwagandha, Baldrian, Hopfen und Zitronenmelisse wirken ausgleichend, lindern Stress und fördern erholsamen Schlaf. L-Arginin unterstützt zusätzlich die Durchblutung im Gehirn.
Nach diesen vier Wochen stiess ich zufällig auf eine Folge meines Lieblingspodcasts zum Thema Gesundheit – «Huberman Lab». Darin präsentiert Andrew Huberman, Neurowissenschafter an der Stanford University, eine Methode, die ganz ohne Supplement auskommt – das sogenannte «physiologische Seufzen». Diese spezielle Atemtechnik gilt als eine der schnellsten Möglichkeiten, Stress abzubauen und den Körper in den Entspannungsmodus zu versetzen.
Das Prinzip ist einfach: zwei kurze Einatemzüge durch die Nase – ein tiefer, dann ein kurzer, ohne dazwischen auszuatmen – gefolgt von einem langen, vollständigen Ausatmen durch den Mund. Schon wenige Wiederholungen reichen aus, um den Effekt zu spüren. Die verlängerte Ausatmung wirkt direkt beruhigend auf Herz und Kreislauf.
Diese Technik probierte ich nach meiner vierwöchigen Testphase aus – und stellte fest: Der Effekt war ähnlich, teils sogar schneller spürbar. Einmal seufzte ich physiologisch gegen 23.45 – und schlief bereits 15 Minuten später. Die Erfahrung zeigt: Nicht für jedes Problem braucht es ein Supplement. Manchmal reicht etwas Arbeit am eigenen Körper.