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Monika Mann Scrittrice

Karin Andert (Hrsg.): «Monika Mann. Das fahrende Haus» Reinbek: Rowohlt 2007.

Monika Mann? – Schriftstellerin? Alle Kinder der Familie Mann sind bestens bekannt, bis auf Monika Mann. Leser kennen sie, wenn überhaupt, nur aus zweiter Hand, beispielsweise aus Tagebucheintragungen ihres Vaters, wie dieser: «Nach dem Abendessen Einreden Bibi’s [Michael Mann] auf Moni. Sprach mit Erika, dann auch mit K. [Katia] über diese und liess meiner Erbitterung über ihre Existenz die Zügel schiessen. Drang auf ihre Entfernung.» Fernsehzuschauer sahen sie – weit im Hintergrund des Familienpanoramas – in dem Mammutfilm über die Familie Mann, mit den Augen ihrer Schwester Elisabeth Mann Borgese: «Monika – die hat halt nicht so viel hergegeben.»

Monika Mann steht zeitlebens im Schatten ihrer berühmten Familienangehörigen – von ihnen gelegentlich mit abfälligen Bemerkungen bedacht, bleibt sie eigentümlich konturlos. Sie ist der ungeliebte Sonderling – träge, stumm, nichtsnutzig, bockig, manchmal hysterisch. Aus dieser Familienperspektive wurde sie bisher – flüchtig nur – auch durch die Rezeptionsgeschichte betrachtet. Dass auch sie schrieb, belächelte man in der Familie. Als aber ihr Schreiben als Konkurrenz gefährlich wurde, versuchte Erika Mann, sie zum Schweigen zu bringen. Ihr Erinnerungsbuch «Vergangenes und Gegenwärtiges» aber konnte sie nicht verhindern; es ist wohl selbst für versierte Leser das einzige bekannte Zeugnis der Schriftstellerin Monika Mann.

Die Literaturwissenschafterin Karin Andert hat sich auf Spurensuche gemacht und verblüffende und verblüffend viele Dokumente zutage gefördert, die Monika Manns eigene Handschrift tragen, und eine Auswahl thematisch klug zusammengestellt in ihrem Band «Monika Mann. Das fahrende Haus. Aus dem Leben einer Weltbürgerin». Briefe sind darunter, an Familienmitglieder, Freunde und Bekannte. Sie zeigen eine sensible, selbstzweiflerische, eine ebenso gebildete wie gescheite Frau. Es überwiegen jedoch Gedichte, Aphorismen, Märchen, Porträts, Reflexionen, Rezensionen von Büchern und Filmen – literarische, feuilletonistische Arbeiten aus drei Jahrzehnten, mit leichter Feder geschrieben und veröffentlicht in renommierten Periodika, darunter «Die Tat», «NZZ», «Der Bund», «Neue Deutsche Hefte», «Der Aufbau», «Konkret», «du», «Welt am Sonntag», «ZEITmagazin», «Wegwarten», «Münchner Merkur, «Frankfurter Rundschau», «St. Galler Tagblatt» und auch die «Schweizer Monatshefte». Natürlich, wen wundert›s, finden sich auch einige Erinnerungsbilder und (Auto-)Biographisches. Nie aber hat sie – im Gegensatz zu ihrer Schwester Erika – über die Familie, insbesondere den Vater, als «Jubelhexe» geschrieben, sondern – gewissermassen aus der Distanz – feingezeichnete Porträts skizziert.

Literarische Miniaturen sind es. Berührend ist die Schilderung ihrer letzten Begegnung mit dem greisen Onkel: «Der Einsame. Erinnerungen an Heinrich Mann» oder das literarische Bildnis ihres Bruders Michael: «Brudergespräche».

In ihrem Nachwort nähert sich Karin Andert ebenso behutsam und einfühlsam wie sachlich der schwierigen Persönlichkeit Monika Manns, beschreibt ihre Versuche, endlich und endgültig aus dem langen Familienschatten zu treten, um den eigenen Weg zu finden; sie zeichnet ihren Berufs- und Lebensweg durch die Welt nach: München, Lausanne, Paris, Frankfurt, Berlin, Sanary-sur-Mer, Florenz, Wien, Zürich, London, Princeton, Kalifornien, New York … schliesslich Capri, und immer wieder die Schweiz, Zürich, und später, nach dem Tod Thomas Manns, Kilchberg.

Andert schildert das Nomadisieren Monika Manns als Suche nach Schutz, Geborgenheit und Ruhe für sich selbst und zum Schreiben, und erklärt ihre Entscheidung für das Refugium Capri. Sie hatte die Intellektuellen und die grossen Städte satt; ein Einheimischer, der Maurerpolier Antonio Spadaro, wurde ihr Lebenspartner, neben dem sie die wohl beste und produktivste Zeit ihres Lebens verbrachte.

Der Band präsentiert die unbekannte Monika Mann. Versehen mit sorgfältig recherchierten und ausführlichen Anmerkungen, einer erläuternden biographischen Zeittafel sowie einem umfangreichen Personenregister, dürfte er auch der Mann-Forschung Impulse geben. Eines der Bilder zeigt das Türschild, das Antonio Spadaro an der Villa Monacone, anbrachte: MONIKA MANN / SCRITTRICE. Eine Schriftstellerin ist zu entdecken.

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