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Gestatten, Stifterunternehmer

Wie bitte? Stifterunternehmer? Ist man nicht entweder Stifter oder Unternehmer?

 

So oder so ähnlich klingen die skeptischen Reaktionen, wenn von mehr Unternehmergeist in der Stiftungswelt die Rede ist – dabei hat sie ihn bitter nötig.

Das hat einerseits strukturelle Gründe: Dem Philanthropiesektor fehlt der ökonomische Antrieb par excellence – der Wettbewerb. Es gibt zwar viele Stiftungen, und sie mögen sich mitunter auch im selben Fördergebiet bewegen, engagieren. Meist aber fördern sie nebeneinander her, ohne aufeinander zu achten, voneinander zu lernen oder gar den Wunsch auszubilden, besser zu fördern als die anderen. Ein Anreiz zur Verbesserung der eigenen Leistungen existiert aufgrund fehlender Konkurrenz im eigentlichen Sinne nicht, und damit auch kein Druck. Etwas spitz könnte man behaupten: Hier herrscht Vielfalt in (für die Gesellschaft) unproblematischer Einfalt, denn es wird ja immerhin gefördert, wenn auch vielleicht nicht allzu effizient.

Dieser Umstand hat allerdings langfristige Auswirkungen, die sich auf organisatorischer Ebene bemerkbar machen: Über viele Jahrzehnte haben die klassischen, «alten», mit viel Kapital ausgestatteten Stiftungen das Bild in der Öffentlichkeit geprägt. Sie wurden vor Jahrzehnten gegründet, werden von ehrwürdigen Stiftungsräten geleitet, sind dem Stiftungszweck einer längst verstorbenen Stifterpersönlichkeit auf ewig verpflichtet – mitunter aber auch völlig unreflektiert ergeben. Vermeintlich grundsolid, weil sehr diskret und beinahe denkmalgleich, erwecken sie nach aussen den Eindruck von Unerschütterlichkeit, dabei hat dieser Stiftungstypus je länger, desto mehr Mühe, den Zweck, für den eine Stiftung gegründet wurde, zu erreichen: Das Nullzinsumfeld lässt das verfügbare Förderkapital abschmelzen, die veränderte gesellschaftliche, kulturelle oder politische Situation macht den einstigen Zweck obsolet oder die einst anvisierten Ziele unerreichbar, die Politik zwingt zu immer mehr Transparenz und internationaler Compliance – nicht selten finden sich Stiftungen irgendwann in der Lage wieder, zu gross zum Sterben, aber zu klein zum Überleben zu sein.

Das agilere Gegenmodell (alternativ: das andere Modell) sind dynamische Förderstiftungen, die nach dem Modell der Verbrauchsstiftung funktionieren. Heisst: Sie haben nur so viel Kapital wie nötig, dafür betreiben sie gegebenenfalls regelmässiges Funding. Immer öfter sind sie auch unter einer Dachstiftung gruppiert, mit einem rasch gründbaren Stiftungsfonds. Solche Verbrauchsstiftungen haben einen konkreten Zweck, dessen Erfüllung in überschaubaren Zeiträumen liegt – danach können sie entweder liquidiert oder fundamental umstrukturiert werden. Initiiert werden sie vornehmlich von Persönlichkeiten, die zu Lebzeiten einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen wollen und bereit sind, die dafür nötigen Ressourcen sowohl finanziell wie auch persönlich zur Verfügung zu stellen. Meist gelingt es ihnen über ihre Netzwerke, zusätzliche Mittel zu generieren und Multiplikatoren zu identifizieren. Damit wiederum wird mehr Transparenz erzeugt, werden mehr Interessierte angezogen (Impactorientierung), und aufgrund des meist aktuellen Anliegens kann auch eine bessere mediale Breitenwirkung erzielt werden – das Beherr­schen moderner Kommunikationsmittel vorausgesetzt.

Natürlich operieren auch Verbrauchsstiftungen nicht in Konkurrenz zu und im Wettbewerb mit anderen Stiftungen. Aber strukturell eignen sie sich besser zum passgenauen Austarieren von Innovationsgeist, strategischer Ausrichtung und inhaltlich-stifterischer Motivation. Dass dynamische Förderstiftungen dabei nach aussen sichtbarer sind, da sie vor allem am Erreichen ihrer Ziele gemessen werden, ist ein schöner Nebeneffekt, denn das sorgt für höhere Transparenz und weniger Mystifizierung im Stiftungssektor.

Also noch mal von vorn: Stifterunternehmer? – Logisch! Warum denn nicht?!

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