Freiheit: Geliebte Entmündigung
Warum wir die Tradition der Befreiung wiederbeleben müssen.
«Some portion of human existence must remain independent of the sphere of social control.»
Isaiah Berlin in «Two Concepts of Liberty»
«Versuch über die Befreiung» heisst ein kleines Suhrkamp-Büchlein des deutschen Philosophen Herbert Marcuse, das in den frühen 70er Jahren zur Pflichtlektüre der heranwachsenden Generation gehörte. Der Ausdruck «Repressive Toleranz» spielte darin eine wichtige Rolle. Er suggeriert, dass unsere Gesellschaft auf besonders perfide Weise verhindert, dass wir unsere wahren Bedürfnisse kennen. Indem sie uns mit dem Zauber all der Waren, die es gibt, falsche Bedürfnisse vorgaukelt. Irgendetwas lief also gründlich falsch, war der Marcuse-Sound. Einmal hatte es der Autor mit seiner These auch an die Universität Tübingen geschafft, wo ich damals studierte, das muss im Sommersemester 1974 gewesen sein. Ich erinnere mich noch gut: Das ganze Audimax war brechend voll. Ich sehe ihn vor mir, eine imponierende Gestalt, er trug ein weisses Hemd und helle, breite Hosenträger, sah altmodisch und kalifornisch zugleich aus. Das war neu, überraschend.
Auch wer Marcuses «Versuch über die Befreiung» heute wieder einmal zur Hand nimmt, wird überrascht sein. Der Ton wirkt vertraut, sogar sympathisch. Es geht darum, «ein Reich der Freiheit zu errichten, das nicht das der Gegenwart ist: eine Befreiung von den Freiheiten der ausbeuterischen Ordnung – eine Befreiung, die dem Aufbau einer freien Gesellschaft dient». Gewiss, der Jargon von der ausbeuterischen Ordnung ist inzwischen aus der Mode gekommen. Aber Freiheit? Marcuse, der Freud, Nietzsche und Marx amalgamierte, nennt Freiheit einen Zustand, «sich nicht mehr vor sich selbst schämen zu müssen». Ein schöner Gedanke: Die Menschen sollten von der sie unterjochenden, nicht befriedigenden Arbeit erlöst werden, aber auch ihre pervertierten Triebe sollten befreit werden. Marcuse schlägt einen Ton an, der irgendwo zwischen Marx, den französischen Surrealisten und den Erfahrungen von Jazz, Rock’n’Roll und Marihuana liegt.
Der Autor selbst nennt es «Koinzidenz», dass er, der alte Mann, der im Ersten Weltkrieg gekämpft hatte, und die jungen Leute im Berkeley der 60er Jahre irgendwie dieselben Träume hatten: Ein jüdischer Emigrant aus Deutschland, der in San Diego/Kalifornien lehrte, schreibt über das Menschenrecht, glücklich und frei zu sein. Und dass es dazu einen Akt der Selbstbefreiung braucht. Es war das Rebellische, das uns damals an der Freiheit anzog, weniger das Politische oder das Ökonomische. Es ging gegen das «Establishment», gegen die Autoritäten, gegen die «Entfremdung», die wenig mit Marx’ klarem analytischem Begriff zu tun hatte, eher mit einigermassen verworrenen, gärenden, unklaren Gedanken, wie der amerikanische Linksintellektuelle Irving Howe in seinem epochalen Aufsatz «New Styles in Leftism» von 1965 streng monierte. Aber im Kern ging es um Freiheit. Und es ging auch immer schon gegen den Staat.
Herbert Marcuse ist kein liberaler Denker. Seine Sprache ist zeitgemäss existentialistisch. Doch seine Art zu fragen ist urliberal: «Wie können die verwalteten Individuen – die ihre Verstümmelung zu ihrer eigenen Freiheit und Befriedigung gemacht haben und sie damit auf einer erweiterten Stufenleiter reproduzieren – sich von sich selbst wie von ihren Herren befreien?» Womöglich ohne sich dessen bewusst zu sein, stellt Marcuse sich in eine Tradition, die von Alexis de Tocqueville über Wilhelm von Humboldt bis zu Isaiah Berlin reicht. Allemal ist es das Aufbegehren gegen jene «bevormundende Macht, die allein dafür sorgt, ihre Genüsse zu sichern und ihr Schicksal zu überwachen». Einerlei ob sie vom Kapitalismus oder vom Staat ausgeht, führt diese Macht im Schilde, uns «unwiderruflich im Zustand der Kindheit festzuhalten». Es sei ihr recht, dass die Bürger sich vergnügten, fährt Tocqueville im zweiten Band der «Demokratie in Amerika» fort, vorausgesetzt, dass sie nichts anderes im Sinne hätten, als sich zu belustigen.
Das ist das Perfide des Freiheitsentzugs: dass er nicht mit Gewalt, sondern mit verführerischem Charme daherkommt und dem Bürger institutionelle Entlastung verspricht aus einem Alltag, den er als permanente Überforderung empfindet – bis er am äussersten Punkt gar die Hoffnung hegt, man werde ihm am Ende «auch die Sorge des Nachdenkens und die Mühe des Lebens ganz abnehmen». Zwei Seelen, so noch einmal Tocqueville, wohnen also in der Brust der Menschen, «sie haben das Bedürfnis, geführt zu werden, und das Verlangen, frei zu bleiben. Da sie weder den einen noch den anderen jener gegensätzlichen Triebe ausrotten können, trachten sie, beide zu gleicher Zeit zu befriedigen.» Die Verführung der Unfreiheit, wenn sie nur charmant genug daherkommt, ist inzwischen so hinterhältig und erfolgreich, dass die Menschen sich in diesem Zustand behaglich eingerichtet haben. Paternalismus ist das Instrument jener «repressiven Toleranz», die der Freiheit keine Chance lässt. Und: der Paternalismus ist die Waffe der repressiven Politik im 21. Jahrhundert.
Wir fangen nie am Nullpunkt an. Wir sind immer schon hineingeworfen, verwickelt, vernetzt in die Strukturen der Unfreiheit. Das ist das Trügerische am Konzept einer «negativen Freiheit», die darauf setzt, dass es dem Menschen das Höchste sei, zu tun und zu lassen, was er will. Gewiss, Freiheit ist Freiheit – nicht Gleichheit oder Fairness oder Gerechtigkeit oder Kultur oder menschliches Glück oder ein ruhiges Gewissen – und bezieht gerade daraus ihre Würde. Jedoch gibt es diese negative Freiheit nie isoliert, die ihr quasi die Freiheit liesse, sich selbst in sozialen Bindungen zu bestimmen. Einen Zustand des unschuldigen Schleiers des Nichtwissens haben wir verpasst: einen Moment, an dem wir entscheiden könnten, welche Gesellschaft und welchen Staat wir wollten. Wir finden uns vor in vielfältigen Ligaturen des Lebens. Deshalb müssen wir zur Freiheit befreit werden – oder uns eben selbst befreien.
Vor diesem Hintergrund muss man Wilhelm von Humboldts grandiose «Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen» von 1792 als gesellschaftskritisch-regulative Utopie und als Warnung vor jeglicher staatlicher Bevormundung lesen. Ja, der Staat ist für die Sicherheit der Menschen verantwortlich, soll dafür sorgen, dass sie nicht Opfer von Kriegen und von Terror werden. Aber er hat sich der Sorge für das Wohlergehen seiner Bürger, welch bester Absicht auch immer entsprungen, zu enthalten. Sicherheit ist die Bedingung der Möglichkeit des Freiheitsvollzugs, staatliche Glücks- und Wohlstandsproduktion schränkt hingegen die Freiheit ein, weil sie – wie Eltern ihren Kindern – vorschreibt, was ihnen denn zu ihrem Besten gereiche. «Anordnungen des Staates führen immer mehr oder minder Zwang mit sich, und selbst wenn dies nicht der Fall ist, so gewöhnen sie den Menschen zu sehr, mehr fremde Belehrung, fremde Leistung, fremde Hilfe zu erwarten, als selbst auf Auswege zu denken.»
Wie weit ist der moderne paternalistische Wohlfahrtsstaat inzwischen von dieser regulativen Idee des «Idealisten» Wilhelm von Humboldt entfernt! Rauchverbot, Glühbirnenverbot, Staubsaugerverbot – und kein Ende. Der Paternalismus schreibt nicht bloss lange Verbotstafeln – er erklärt sie auch zu Gesetzen. Die Verbraucherschutzindustrie setzt durch, dass Bankberater ihren Kunden seitenlange Beratungsprotokolle aushändigen müssen, die keiner liest (sie also ihren Zweck nicht erfüllen), dafür aber eine ihrer Absicht gegenläufige Wirkung erzielen: Geldanleger könnten die Verantwortung für das Risiko des Sparens von sich abwälzen. Wenn aus Verboten positive Gebote werden, wird es vollends absurd: Die deutsche Arbeitsministerin etwa erlässt eine sogenannte Arbeitsstättenverordnung, die vorsieht, dass auch gänzlich ungenutzte Räume einer Firma stets auf mindestens 17 Grad geheizt werden und der Arbeitgeber auch die häuslichen Telearbeitsplätze seiner Mitarbeiter überprüfen muss. Was soll das?
Auch Marcuse hätte wohl gesagt: Es wird Zeit, die Verbraucher vor den Verbraucherschützern zu schützen. Doch die Verbraucherschützer sind bei den Verbrauchern sehr beliebt. Konsequent hat die grosse Koalition in Deutschland den ehemals obersten Verbraucherschützer – Gerd Billen heisst der Mann – zum Staatssekretär im Justizministerium gemacht. Dort hat er die Parole ausgegeben: «Der mündige Verbraucher ist eine Illusion.» Perfider geht es nicht. Die Bürger haben sich derweil im Zustand der Entmündigung so behaglich eingerichtet, dass sie sogar einem gesetzlichen Verbot, im Sommer Schokoladenweihnachtsmänner zu verkaufen, zustimmen. Da fällt schon kaum mehr auf, dass die Freiheit der werbetreibenden Industrie längst nicht mehr zählt. Denn Werbung «unterschiebt dem Bürger Bedürfnisse, die er ohne die Werbung nicht hätte». Unter dem Deckmantel des Datenschutzes wird der Wirtschaft mehr und mehr der Zugriff auf individuelle Informationen verweigert, was ihr Geschäft am Ende verunmöglicht. Gewiss, der Schutz der Privatheit ist ein hohes Gut. Aber sollten die Bürger nicht selbst bestimmen, welche Daten sie preisgeben, statt sich das vom Staat vorschreiben zu lassen?
«So lebt der Mensch nicht nur im Staat, sondern auch vom Staat», schrieb der einflussreiche konservative Staatsrechtler Ernst Forsthoff. Mit anderen Worten: Der «moderne Mensch», wie Forsthoff ihn sieht, hat seine Freiheit gerne und aus freien Stücken eingetauscht gegen eine Staatsabhängigkeit, die ihn, den labilen Menschen, stabilisiert. Forsthoffs berühmtes Diktum von der «Staatsbedürftigkeit der Gesellschaft» kommt den Freunden des Wohlfahrtsstaates gerade recht, liefert es doch unter dem Vorwand der Fürsorge und Solidarität die Legitimation zur Entmündigung des Bürgers.
Auf diesem Weg in die Staatsbedürftigkeit haben in Deutschland die Nazis gute Arbeit geleistet; der Historiker Götz Aly hat stets darauf hingewiesen. Die NSDAP verstand sich als Sachwalterin der kleinen Leute und sah sich dem Egalitarismus des Volksstaates verpflichtet, war national und sozialistisch. Kein Wunder, dass man viele Liberale wie Wilhelm Röpke des Landes verwies, wenn sie ohne jeden Kompromiss für Liberalismus, Marktwirtschaft und individuelle Freiheit fochten. Nicht nur die «Linken», sondern auch die «Rechten» haben damals schon den Liberalismus als eine «Sache für Tröpfe» in den Schmutz getreten. Bis heute wird dem antikapitalistischen Furor der Rechten zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet, weil man gemeinhin annimmt, sie seien Freunde des Marktes. Wer sich von der offenkundigen Unwahrheit dieser Unterstellung überzeugen will, liest am besten die «Cantos» von Ezra Pound.
Nein, der «Albtraum des Kollektivismus», von dem Röpke sprach, wollte den Markt durch den Staat ersetzen. Der Staat erdreistete sich so zu tun, als hätten die Bürger ihn zu Hilfe gerufen. Seit seinen Anfängen steigen die Ausgaben des Sozialstaates Jahr für Jahr, allen «Sparrunden», allem sogenannt «sozialen Kahlschlag» zum Trotz. Das gilt für Deutschland im Besonderen, aber auch für die Schweiz. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts lagen die Staatsausgaben in Deutschland zwischen 30 und 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; heute sind es fast 50 Prozent. Sage also niemand, der Leviathan sei tot. Seit Mitte der siebziger Jahre wagten die Regierungen Deutschlands es dann nicht mehr, sich das Geld direkt bei den Bürgern zu holen – und griffen lieber verstärkt zum Mittel der Verschuldung. Das ist die deutlich feigere Lösung, weil sie den Bürgern sozialen Konsum bietet und die Rechnung dafür an künftige Generationen delegiert. Der Finanzwissenschafter Richard Musgrave nennt dieses Gebaren «finanzielle Illusion», ein wichtiger Fingerzeig, warum der Staat sich diese Party für seine Bürger auch weiterhin ungestraft leisten kann. Die Bürger bekommen den Eindruck, staatliche Wohltaten seien frei – und sehen nicht, wo der Staat ihnen oder ihren Nachkommen das Geld aus der Tasche zieht.
Inzwischen ist kaum ein Bereich der Gesellschaft mehr staatsfrei: staatliche Kinderkrippen, staatliche Altersvorsorge, staatliche Pflege, staatliche Energieversorgung (nach dem Ende der Atomkraft), staatliche Mindestlöhne, staatliche Alterssicherung. Ein unverheirateter Angestellter ohne Kind und mit durchschnittlichem Verdienst wurde in Deutschland im Jahr 2013 mit 49,3 Prozent seines Einkommens belastet. Das heisst im Klartext: Jeder zweite verdiente Euro kommt in die Hand des Staates und wird dort anderen Zwecken zugeführt, nur in Belgien werden die Arbeitseinkommen (Steuern + Sozialabgaben) noch höher belastet.
Wer seine Steuern in Schweizer Franken entrichtet, kommt besser weg, hier werden Singles nur mit 22 Prozent des Einkommens belastet. Noch attraktiver wird es für Paare mit zwei Kindern, die in der Schweiz lediglich 9,5 Prozent an Fiskus und Sozialkassen abgeben müssen, während im angeblich so familienfreundlichen Deutschland der Staat den Eheleuten ein Viertel ihres Einkommens nimmt. Der verbreitete Verdacht trifft zu: Der Leviathan hat es in der Schweiz deutlich schwerer als in Deutschland. Aber auch in der Schweiz hat sich der Sozialstaat seit den dreissiger Jahren des vorigen Jahrhunderts um den Faktor 20 verfettet.1
Daher gilt für alle reichen Länder: Offenbar sind wir mit wachsendem Wohlstand immer betreuungsbedürftiger und unselbständiger geworden. Als ob der gesellschaftliche Reichtum uns geschwächt und nicht befreit hätte. Das mutet paradox an: Der Ausbau des Sozialstaates bei wachsendem Wohlstand gilt als Erfolgsgeschichte, dabei ist er das eigentlich nur für die Politiker, die daraus ihre Legitimation und die Aussicht auf Wiederwahl beziehen. In Wirklichkeit ist es Ausweis unserer Niederlage: Müsste man nicht annehmen, im Zuge grösseren Wohlstands schwinde die Notwendigkeit staatlicher Fürsorge, schrumpfe die Staatsbedürftigkeit der Menschen? Es ist anders gekommen: der betreuende Staat hat sich im Lauf der Geschichte unersetzlich gemacht.
In den Sonntagsreden aller Politiker heisst es trotzdem, Freiheit und Sozialstaat seien kompatibel. Das entspricht nicht der Wahrheit: Der umfassende Sozialstaat höhlt auf Dauer den Rechtsstaat aus, da dieser permanent dazu dient, Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, also «ungerechte» Ungleichheiten einzuebnen. Indem er bestimmte Gruppen permanent begünstigt, diskriminiert er alle anderen – und pervertiert damit die Idee der Freiheit und die der Gerechtigkeit. Unter dem Deckmantel der Kompensation von Ungleichheit im Dienste der Herstellung von Gerechtigkeit funktioniert der Sozialstaat als politisches Tauschgeschäft: Politiker verschaffen gesellschaftlich mächtigen Gruppen geldwerte Vorteile; im Gegenzug erkaufen sie sich Loyalitäten für ihre Wiederwahl. Jeder kämpft, so gut er kann, für sich oder seine Gruppe um Begünstigungen. Damit bringt der Sozialstaat erst jene Ellenbogengesellschaft hervor, die abzuschaffen er angetreten war. Nach einem Diktum des Ökonomen Manfred E. Streit sind Ellenbogen nirgendwo so nützlich wie gerade beim Erringen von Privilegien. Am Ende bleibt übrig: die archaische Freiheit der Macht und das brutale Recht des Stärkeren.
Woher also soll Befreiung kommen? Gewiss, an Ideen, wie ein freieres Land aussehen soll, herrscht kein Mangel: Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit (Eigentumsrechte, Vertragsfreiheit) steht an erster Stelle. Der Schutz der Minderheit ist ebenso wichtig wie der Schutz der Privatheit und das Recht, frei über seine Daten verfügen zu können. Freier sind die Menschen in jenen Ländern, in denen der Staat ihnen hinlänglich ihres finanziellen Erfolgs viel belässt und sie zurückhaltend besteuert. Denn das dezentrale Wissen und Entscheiden der Menschen ist der Freiheit näher als das zentrale (Un-)Wissen des Staates. Die grösste Schwierigkeit, dem Bürger wieder mehr Selbstverantwortung zu geben, besteht folglich darin, das Uhrwerk zu wechseln, ohne die Uhr anzuhalten – wie es Friedrich Schiller in seiner Abhandlung «Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen» schreibt, auf die sich Herbert Marcuse ausdrücklich beruft. So wichtig institutionelle Arrangements sind, die den ungehinderten Gebrauch der «negativen» Freiheit ermöglichen, so dringlich sind Haltungen, die den Quietismus der Entmündigung überwinden. Es ist der Crowding-out-Effekt des Sozialstaats, der lähmt, weil er persönlichen Freiheitsgebrauch – verbunden mit der Übernahme von Risiko und Verantwortung – vermeintlich obsolet werden lässt, nachdem der Staat die Zuständigkeit übernommen hat. Oder einfacher gesagt: Es braucht einen Mentalitätswandel, ja eine bewusste Änderung des Charakters. Die Menschen müssen sich selbst wieder in die Lage versetzen, «den Staat der Not mit dem Staat der Freiheit» (Schiller) tauschen zu wollen.
1 Alle Angaben nach OECD: Taxing Wages 2014, und Vito Tanzi: Government versus Market (MIT-Press, 2011).