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Ein Glas Wein  mit Douglas Bakkum
Illustration: Matthias Wyler / Studio Sirup.

Ein Glas Wein
mit Douglas Bakkum

Douglas Bakkum ist Co-Gründer von Shift Devices.

Spätabends im Bistro des «Clouds», in der 35. Etage über dem Bahnhof Hardbrücke in Zürich. Weit darunter die Züge, S-Bahnen und Trams. Kurz bevor ich beim Beobachten derselben wegdrifte, setzt sich Douglas Bakkum an den Tisch: 40 Jahre alt, wohnhaft in Basel, aufgewachsen in einem 2000-Seelen-Dorf im Bundesstaat Wisconsin, USA, verheiratet, eine kleine Tochter. Er trägt Wanderschuhe, weil er – im Rahmen des F10-Fintech-Accelerator-und-Incubator-Programms – den Tag über in Zermatt wandern war. Nicht nur das Wandern hat ihn zufrieden gemacht, auch die neuste Finanzierungsrunde seiner Firma wurde mit unterzeichneten Verträgen erfolgreich abgeschlossen.

In die Schweiz kam Bakkum für ein Postdoc als Neuroingenieur an der ETH Zürich: er verknüpfte und aktivierte Hirnzellen von Ratten mit Elektroden – später wurde er Leiter des neurowissenschaftlichen Labors. Das ETH-Spin-off Shift Devices gründete er im Oktober 2015 in Basel zusammen mit Jonas Schnelli, der als einer von vier Menschen auf der Welt als «Maintainer» über die Editierrechte des Bitcoin-Kerncodes verfügt. Bakkum ist zuständig für die Hardware, Schnelli für die Software, drei weitere Leute sind inzwischen mit im Team: ein Entwickler, einer für die Finanzen, einer fürs Netzwerk.

Das Produkt der Firma nennt sich Digital Bitbox und kostet 54 Euro: ein digitales Portemonnaie, um darin Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether aufzubewahren. Das Hardware-Wallet kann man am Schlüsselbund tragen, es lässt sich per USB an meinen Laptop anschliessen und, natürlich, mit Bitcoin erwerben, ausserdem per SD-Karte sichern. «Wenn du wirklich etwas schützen willst, dann brauchst du eine andere Lösung als deinen Computer oder dein Mobiltelefon», sagt Bakkum. Er glaubt, dass in Zukunft alle mit einem physikalischen Schlüssel herumlaufen werden, der die eigene persönliche digitale Welt schützt. Kryptowährungen seien nur der Anfang einer durch die Blockchain-Technologie ausgelösten Entwicklung, die viel zu tun habe mit der Privatsphäre in der gesamten digitalen Welt und auch mit dem Widerstand gegen Zensur. «Sofern du korrekt vorgehst, kannst du einer Person Bitcoins senden und niemand kann das entdecken, überwachen oder stoppen. Es gibt keine Ethik in der Technologie, nur bei der Nutzung von Technologie – und hierzu braucht es einen sozialen Dialog, der natürlich Zeit erfordert.»

In Tokio, wo Bakkum mehrere Jahre lebte, war er erstaunt, wie sicher und sauber alles ist. Nun hat er hier ähnliche Zustände gefunden: die Schweiz ist als Standort von Shift gesetzt und soll noch weiter ausgebaut werden. «Für eine Sicherheitsfirma wie uns gibt es viele Vorteile in der Schweiz: Qualität, Privatsphäre, Sicherheit und Respekt für Menschenrechte, was auch Respekt für Kryptographie bedeutet. Wir wollen möglichst die volle Kontrolle über die Supply Chain behalten und alles, was in der Schweiz machbar ist, auch in der Schweiz machen.» Bestellungen von Kunden dagegen kommen – ganz ohne den Einsatz von herkömmlichem Marketing – bereits jetzt aus 65 Ländern. Die Bitbox wird nicht nur auf der Website an Endkunden verkauft, sondern auch an Wiederverkäufer, besonders in fremdsprachigen Ländern wie Russland, Japan oder China. Am meisten Bitboxes konnten bisher in den USA und den Niederlanden abgesetzt werden.

«Mit Bitcoin kannst du deine eigene Bank sein», eröffnet mir Bakkum. Aber nur, um nachzuschieben: «In diesem Fall bist du auch dein eigenes Sicherheitsteam. Verlierst du dein Passwort, verlierst du auch deine Bitcoins.» Möchte ich wirklich mein eigenes Sicherheitsteam sein? So wird plötzlich wieder bewusst, dass ein grosser Wert der aktuell vielgescholtenen Banken die Übernahme der Verantwortung für die Sicherheit ist. Die Popularisierung der Kryptowährungen gibt die Verantwortung für das Geld auf das Individuum zurück. Und schult einen darin, generell mehr Verantwortung für die eigenen Daten zu übernehmen. Ich jedenfalls habe mir gestern meine ersten 0,05 Bitcoins ins neue digitale Portemonnaie überwiesen. Nun darf ich einfach das Passwort nicht verlieren.

Wein: Donna Olimpia 1898, «Millepassi Bolgheri Superiore DOC», Toskana, 2013 (Merlot, Cabernet Sauvignon, Petit Verdot).

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