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Ein Glas Apfelschorle mit Daniel Niklaus

Daniel Niklaus / Netlive IT AG, Teufen

Ein Glas Wein? Die erste Anfrage bei Daniel Niklaus für ein Treffen scheitert zunächst. «Ich habe wohl einen sozialen Fehler», sagt Niklaus lachend. «Wenn die Leute Alkohol zu trinken beginnen, tun sie das normalerweise nicht, weil sie ihn mögen, sondern weil alle anderen das auch tun. Ich hatte nicht das Gefühl, da mitmachen zu müssen.» Und so sitzen wir an einem Freitagnachmittag in den Räumlichkeiten von Niklaus’ Netlive IT AG im beschaulichen Teufen in Appenzell Ausserrhoden bei einem Glas Apfelsaft zusammen.

Die Episode zeigt: Niklaus hält nicht viel von Konventionen und geht lieber seinen eigenen Weg. Das brachte ihn auch dazu, 1993 als knapp 20-Jähriger mit Real­schulabschluss und abgeschlossener Verkaufslehre eine eigene Firma zu gründen. Zunächst importierte er Videospiele und entwickelte Software für KMUs. Computer hatten ihn schon früh fasziniert. Als Schüler hatte er sich sein erstes Exemplar erspart und sich mit Hilfe von Fachzeitschriften das Programmieren beigebracht.

Kurze Zeit nach der Gründung des Unternehmens lief Niklaus eine Erfindung namens Internet über den Weg, mit der sich Menschen auf der ganzen Welt sekundenschnell vernetzen können. «Für mich war klar: Das kommt. Das muss kommen», erzählt er. Er schaffte sich einen Internet-Computer für knapp 30 000 Franken an – auf Kredit – und begann, Webseiten für Firmen aufzubauen und zu betreiben.

Seither hat sich die Branche stark verändert, und mit ihr Niklaus’ Firma. Inzwischen hat er das Unternehmen aufgeteilt: Während F5netlive auf Online-Marketing fokussiert, beschäftigt sich die Netlive IT AG mit künstlicher Intelligenz und entwickelt Software, etwa für Banken, die ihre Daten nach problematischen Transaktionen oder Kundenbeziehungen durchforsten wollen.

Elf Mitarbeiter beschäftigt Niklaus insgesamt. «Ich dachte immer, dass ich einmal eine grosse Firma haben würde.» Doch immer wenn die Zahl der Angestellten über zehn gestiegen sei, habe das Unternehmen zu wackeln begonnen. «Wenn die Firma grösser wird, muss man Strukturen aufbauen – und ich bin der erste, der diese Strukturen torpediert», sagt der 46-Jährige offen. «Als Unternehmer bin ich eher der Guerillatyp, der mit einer kleinen Truppe etwas auf die Beine stellt.» Ganz aufgegeben hat er den Traum vom grossen Durchbruch zwar noch nicht, er agiere aber zunehmend im Hintergrund.

Dem Wachstum als Software-Produktefirma steht noch eine weitere Hürde im Weg: In der Schweiz sei es relativ schwierig, als Unternehmen eine gewisse Grösse zu erreichen, ohne sich mit den Kosten zu überheben, sagt Niklaus. Wohin man auch expandiere, man stosse schnell an Landes- oder Sprachgrenzen. Dies im Gegensatz etwa zum Silicon Valley, wo man innert kurzer Distanz viel mehr Menschen innerhalb des gleichen Marktes erreichen könne.

Doch Niklaus will nicht klagen. Mit dem Wirtschaftsstandort Schweiz ist er sehr zufrieden. «Wir haben top ausgebildete Leute, eine grossartige Infrastruktur und eine grosse Vielfalt an guten Firmen, die gute Arbeitskräfte anziehen.» Zwar macht ihm das ungeklärte Verhältnis der Schweiz zur EU Sorgen. Auch sei es gerade in der IT-Branche schwierig, Fachkräfte zu finden; dieses Pro­blem beschränke sich aber nicht auf die Schweiz, wo das Bildungsniveau im Gegenteil ausserordentlich hoch sei. «Die Schweiz ist in einer hervorragenden Ausgangslage, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein.»

Vor einigen Jahren klinkte sich Niklaus für einige Zeit ganz aus seinem Unternehmen aus und reiste um die Welt, um das Surfen zu lernen. Unterwegs gründete er in Kalifornien mit einem Surfguide ein Surf-Camp, bei dem er für die Vermarktung in Europa zuständig ist. Ein angenehmer Nebeneffekt für den USA-Begeisterten Niklaus: Er verbringt zwei Monate pro Jahr an der amerikanischen Westküste, wo er surfend seinen «kalifornischen Traum» lebt.

Den Rest des Lebens am Strand zu liegen, kommt für Daniel Niklaus allerdings nicht in Frage. Zu viele Ideen und Ziele hat er noch. Einmal als Drehbuchautor oder Produzent einen Film zu drehen zum Beispiel. Aber dafür fehlt ihm derzeit die nötige Zeit.

«Die ideale Lebensspanne für mich wären 300 Jahre», sagt Niklaus. «Mich würde so viel interessieren, ich will noch so viel machen, dass ein Leben einfach zu wenig ist.


Most: «Ramseier Schorle»

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