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Die Berechnung der Langsamkeit

Wie der Spurt auf das Tram mit Parabeln zusammenhängt.

 

Wer morgens auf das wartende Tram spurtet, kann eine beachtliche Geschwindigkeit erreichen. Versucht man das gleiche Tempo bei einem Langstreckenlauf durchzuhalten, stösst man aber schnell an seine Grenzen. Je länger die Strecke ist, desto tiefer ist die Durchschnittsgeschwindigkeit, was unter anderem an der Ermüdung der Muskeln liegt.

Das Phänomen zeigt sich auch im Spitzensport. Der Schweizer Rekord im 100-Meter-Sprint der Männer liegt bei 10,11 Sekunden. Über 200 Meter beträgt die schnellste Zeit 20,04 Sekunden. Für 400 Meter braucht der Rekordhalter schon 44,99 Sekunden und für 800 Meter 102,6 Sekunden. Die Reihe lässt sich erweitern:

Für 800 Meter braucht man mehr als doppelt so lange wie für 400 Meter, ebenso für 2000 Meter mehr als doppelt so lange wie für 1000 Meter. Eine Ausnahme ist der Sprung von 100 auf 200 Meter, weil die zeitfressende Startsequenz auf der kurzen Distanz stark ins Gewicht fällt. Der Zusammenhang ist also nicht proportional. Doch wie ist er genau?

Auf Basis der Daten kann man versuchen, den Zusammenhang, in diesem Fall den überproportional wachsenden Zeitaufwand für eine gegebene Strecke, mit einer mathematischen Formel zu beschreiben. Wenn man die Zahlen in einem Koordinatensystem einträgt, das auf der x-Achse die Distanz in Metern und auf der y-Achse die Zeit in Sekunden angibt, kann man nach obigen Überlegungen nicht erwarten, dass es eine Gerade durch den Nullpunkt gibt (das würde einem proportionalen, linearen Zusammenhang entsprechen). Es geht eher in Richtung einer Parabel.

Erfahrene Datenanalytiker kommen bei solchen Daten schnell auf die Idee einer Datentransformation, die den Zusammenhang anschaulich macht: Wenn man die x- und y-Achsen derart staucht, dass in der Darstellung die Sprünge der Distanzen von 100 zu 1000 und dann zu 10 000 Metern gleich lang sind (bei der y-Achse die Sprünge der Zeiten von 10 zu 100 zu 1000 zu 10 000 Sekunden), dann liegen die Punkte fast perfekt auf einer Geraden (siehe Grafik).

Wenn nun in dieser sogenannt doppelt-logarithmischen Darstellung eine Gerade resultiert, dann – so lässt sich mathematisch nachweisen – muss der ursprüngliche Zusammenhang ein Potenzzusammenhang sein (also etwas in der Art y = a · xb). In der Tat gelangt man mit obigen Zahlen approximativ zu folgendem Ergebnis (probieren Sie es selber aus): Wenn x die Strecke und y die Zeit ist, dann gilt: y = 0,059 · x1,12

Der Exponent ist 1,12; wäre er 1, so hätten wir im ursprünglichen Koordinatensystem eine Gerade, bei 2 wäre es eine Parabel. 1,12 beziffert den Leistungsabfall.

Eine kleine Warnung: Für Distanzen von 100 bis 30 000 Meter erklärt diese Formel die aktuellen Daten gut. Extrapolationen auf höhere Werte sind – nicht nur hier – mit grösster Vorsicht zu geniessen.

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