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Im Visier eines politisierten Verfassungsschutzes

Im Gästehaus des eigenen Landhauses eine freie Debatte zu ermöglichen, kann in Deutschland eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz auslösen. Dabei bekämpfe ich die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht – im Gegenteil.

Im Visier eines politisierten Verfassungsschutzes
Gästehaus am Lehnitzsee in Potsdam, Deutschland. Bild: zvg.

Die alles andere in den Schatten stellende Story in den deutschen Medien im Januar 2024 war diejenige über ein angebliches «Geheimtreffen» im Landhaus Adlon in Potsdam. Mitte November 2023 hätten AfD-Funktionäre und rechtsextreme Aktivisten im Gästehaus über eine «Deportation» von Millionen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund beraten. Innenministerin Faeser verglich das Geschehen mit der Wannseekonferenz von 1942, bei welcher der Genozid an den Juden von führenden Vertretern des Hitlerregimes organisiert wurde.1

Am 13. Februar 2024 klingelt das Telefon bei mir, formal weiterhin Geschäftsführerin des Gästehauses. Eine Frauenstimme sagt: «Guten Tag, Frau Huss, ich bin vom Verfassungsschutz. Ich möchte mit Ihnen sprechen. Es geht um Sie und die Einstufung Ihres Hauses als rechtsextremes Szeneobjekt.»

Der Inlandsgeheimdienst ruft mich an und will mein Hotel, das Landhaus Adlon in Potsdam, als rechtsextremes Objekt einstufen. Und dabei soll ich kooperieren? Ohne zu zögern antworte ich: «Ich spreche nicht mit Ihnen.» Und lege auf, weil ich Drohanrufe nicht entgegennehme.

Und um einen Drohanruf handelt es sich aus meiner Sicht: Es wird mir angedroht, mich gegenüber der Öffentlichkeit als verfassungsfeindlich zu brandmarken; auch eine Nennung im Verfassungsschutzbericht liegt in der Luft. Das öffentlich-rechtliche ZDF hat bereits über mich geurteilt: «Angeblich soll sie (…) krude Rassentheorien verbreiten.» Der Artikel trug den Titel «Geheimtreffen in Potsdam: Kruder Rassenwahn der Schlossherrin?» Meine berufliche Beschäftigung mit der Forschung zu biologischen Unterschieden zwischen Geschlechtern, Individuen und Populationen bezüglich Krankheitsanfälligkeiten, Nahrungsverträglichkeiten, Vorlieben und kognitiven Fähigkeiten hat jedenfalls nichts mit Rassenideologie zu tun.

Stellen Sie sich vor, was es bedeutet, vom Staat und von öffentlich-rechtlichen Medien als rechtsextrem bezeichnet zu werden: Gemäss Bundeszentrale für politische Bildung lehnen Rechtsextremisten die freiheitliche demokratische Grundordnung ab und wollen − unter Anwendung von Gewalt − ein autoritäres staatliches System errichten, in dem nationalistisches und rassistisches Gedankengut die Grundlage der Gesellschaftsordnung bilden sollen.

«Stellen Sie sich vor, was es bedeutet, vom Staat und von öffentlich-

rechtlichen Medien als rechtsextrem bezeichnet zu werden.»

Diese Unterstellung ist mir fremd, da ich weder gewaltbereit bin noch die Demokratie abschaffen will, noch herablassend über Menschen fremder Herkunft spreche.

Wie ein Haus zum «Szeneobjekt» wird

Blenden wir zurück: Die Geschichte begann 2011, als ich das Gästehaus mit meinem damaligen Partner erwarb; das historische Landhaus Adlon wurde 1927 von der berühmten Berliner Hoteliersfamilie als Sommerresidenz erbaut. Auch zu DDR-Zeiten wurde es intensiv genutzt. Zuletzt erhielt es einen gewöhnlichen Bürohauscharakter, sodass wir es zu einem relativ günstigen Preis erwerben konnten. Unser Ziel war, das Haus in seine vergangene Schönheit zurückzubauen und ein Boardinghouse daraus zu machen, in dem Wissenschafter leben und sich frei austauschen können.

Ich selbst habe in Cambridge studiert, dort promoviert und anschliessend in der Forschung gearbeitet. Mit dem Vater meiner Kinder wollte ich nun familiäres Leben und wissenschaftliche Arbeit kombinieren. Es sollte ein Ort auch im Geiste der Open Knowledge Foundation (OKF)2 entstehen. Die OKF ist eine Organisation, welche sich der Transparenzpflicht des Staates und seiner Institutionen verschrieben hat.

Gemäss Informationsfreiheitsgesetz ist der Staat dazu verpflichtet, seinen Bürgern Zugang zu amtlichen Daten zu gewähren. Schliesslich ist Informationsfreiheit eines der wichtigsten Grundrechte. Erst Zugang zu Wissen verleiht Bürgern die Macht zum selbstbestimmten Handeln und zur Kontrolle politischer Prozesse. Zugang zu Daten ermöglicht wissenschaftliche Arbeit, politische Partizipation und Meinungsbildung auch ausserhalb des universitären Systems. Austausch (auch zu Themen wie Klimawandel, Atomkraft, Gender, Vererbung und anderen kontroversen Themen) ist aus wissenschaftlicher Sicht Grundvoraussetzung für Forschung, aus gesellschaftlicher Sicht Voraussetzung für Demokratie.

Ich stellte Räume unter anderem der OKF zur Verfügung, die Plattformen wie «Frag den Staat» oder «School of Data» entwickelte. Wir luden internationale Spezialisten für Kernkraft ein, Klimaforscher, Biologen zu Geschlechter- und Vererbungsfragen. Viele von ihnen haben sich erlaubt, gängige Interpretationen zu hinterfragen, und waren deswegen von einer breiten öffentlichen Debatte ausgeschlossen.

Über die Jahre diente das Landhaus zunehmend als Urlaubshotel, mit Hochzeiten und anderen Festen. Eine Fernsehserie über die Hoteliersfamilie Adlon bescherte uns viel Interesse. Nachdem die ARD-TV-Serie «Babylon Berlin» einige Szenen bei uns gedreht hatte, stieg die Nachfrage weiter. Wir gaben die Vermietung und die Organisation deshalb ab. Das neue Hotelmanagement vermietete jetzt fast ausschliesslich nach kommerziellen Gesichtspunkten und damit grundsätzlich nicht an die AfD. In Potsdam, so hiess es, wäre das geschäftsschädigend.

Irgendwann ab 2020 gab ich das Management des Hotels komplett ab. Wir verbrachten damals wegen der pandemiebedingten Schulschliessungen einige Zeit im Ausland. Ich diskutierte selbstverständlich weiterhin mit Wissenschaftern, jetzt besonders über die Herkunft des Coronavirus, die Coronamassnahmen und über neue Therapien.

Neben wissenschaftlichen Treffen vermieteten wir unser Haus auch an den Salon «Der konservative Aperitif», die Hayek-Gesellschaft sowie an diverse Personen aus deren Umfeld.

Im Zentrum eines inszenierten Skandals

Im November 2023, als das informelle Unternehmertreffen namens «Düsseldorfer Forum» eine Tagung bei uns abhielt, war ich in keiner Weise «Veranstalter», wie es in verschiedenen Zeitungen heisst. Gernot Mörig war Veranstalter, hatte das Haus ordnungsgemäss über unser Management gemietet, und keiner wäre auf die datenschutzwidrige Idee gekommen, eine Teilnehmerliste von ihm zu verlangen. Ich selbst erhielt eine Einladung, war aber anderweitig verpflichtet. Als eine Freundin unerwartet zur Veranstaltung gehen wollte, verabredeten wir uns wenigstens zum Frühstück. Sie bat mich, das Programm zu erfragen. Unser Management konnte mir zum Tagungsablauf und den Gästen nichts sagen.

Erst im Verlauf der Veranstaltung erfuhr ich, dass es sich vor allem um die Vorstellung verschiedener Projekte handelte, unter anderem zur Aufklärung über Linksextremismus und zur Stärkung alternativer Medien. Ich änderte meinen Tagesplan etwas, um mir einzelne Beiträge anzuhören. Laut Medienberichten hatte ich somit, ohne es zu merken, an der Wannseekonferenz 2.0 teilgenommen. Ich empfinde die Vorwürfe als eine unberechtigte Skandalisierung sachlich ausgetragener Debatten zu ganz unterschiedlichen Themen. Es gibt Hinweise, dass Steuergelder über politische Parteien an linksextreme NGO ausbezahlt werden. Diskutiert wurde unter anderem über Wege, diese offenzulegen. Jegliche Bemühungen um Transparenz sind ganz in meinem Sinne. Auch beim Thema Migration finde ich die öffentliche Debatte einseitig: Während die umstrittene Rechtmässigkeit unserer offenen Grenzen nicht besprochen wird, wird jegliche Diskussion zum Thema skandalisiert.

«Laut Medienberichten hatte ich somit, ohne es zu merken,

an der Wannseekonferenz 2.0 teilgenommen.»

Zwei Monate später wurde dieses private Treffen von Correctiv.org zu einem «Geheimplan gegen Deutschland»3 konstruiert. Eingeführt in den Text wird so: «Von diesem Treffen sollte niemand erfahren: Hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer kamen im November in einem Hotel bei Potsdam zusammen. Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland.»4

Viele der Teilnehmer haben sich bereits öffentlich dazu geäussert. Was aus ihrer Sicht passiert ist, lässt sich auf potsdam-treffen.de nachlesen. Einhellige Meinung der Teilnehmer ist: Das Wort Deportation ist nie gefallen. Ethnien wurden weder thematisiert noch unterschieden. Doch interessiert das den Verfassungsschutz? Macht er seine Drohung wahr, unsere Immobilie offiziell als «rechtsextremes Szeneobjekt» zu beobachten, könnte das das Ende eines traditionsreichen Gästehauses sein sowie ein enormer Schlag gegen meine Familie.

«Das Wort Deportation ist nie gefallen. Ethnien wurden

weder thematisiert noch unterschieden.

Doch interessiert das den Verfassungsschutz?»

Demonstration der Regierung gegen die Opposition

Die Folgen des fabrizierten Skandals treffen uns persönlich. Wir erhalten Drohungen. Die Polizei der Stadt Potsdam stand vor der Tür, solange die Antifa dort täglich aufmarschierte. Doch jetzt ist sie weg. Die Antifa kann natürlich jederzeit wieder kommen – auch nachts, was mich als Mutter von zwei Kindern schlecht schlafen lässt. Angekündigt haben sie sich bereits, im Windschatten der von Medien organisierten Massenproteste «gegen rechts». In der Tat haben wenige Kilometer von meiner Haustür entfernt Bundeskanzler Scholz, Aussenministerin Baerbock und 10 000 weitere Personen5 gegen mich persönlich demonstriert, weil Zeitungen und Fernsehen unser Landhaus zu einem Hort des Bösen erklärt haben.

Der Rechtsstaat gilt auch für diejenigen, über die öffentlich geurteilt wird. Doch die Behörde, die ihn schützen soll, der deutsche Verfassungsschutz, agiert nicht unabhängig, sondern ist dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) unterstellt. Dessen Chefin Nancy Faeser hatte noch kurz vor ihrem Amtsantritt unter Klarnamen einen Artikel im Magazin der «Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ‒ Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)» veröffentlicht6. Dabei wurde die VVN-BdA 2020 im bayerischen Verfassungsschutzbericht als die «bundesweit grösste linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus» bezeichnet.

Der Verfassungsschutz hat offiziell die Funktion, das Grundgesetz vor Extremisten zu schützen. Doch heute, 60 Jahre nach seiner Gründung, schützt er offenbar vor allem die Regierung vor der Abwahl. Aus meiner Sicht geht es hier nämlich nicht um rechtsstaatliche Gefahrenaufklärung, sondern darum, Druck auszuüben und einzuschüchtern. Ich sehe den Verfassungsschutz als eine der Regierung unterstellte Behörde, welche die Opposition bekämpft. Dass der Verfassungsschutz nicht zwingend neutral denkt, wurde im Juni 2023 klar, als sein Präsident Thomas Haldenwang gegenüber dem ZDF sagte: «Nicht allein der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken.»7 Was es dazu zu sagen gibt, schrieb Fatina Keilani in der NZZ8: «Nicht allein? Es ist überhaupt nicht dessen Aufgabe.»

«Der Verfassungsschutz hat offiziell die Funktion, das Grundgesetz vor Extremisten zu schützen. Doch heute, 60 Jahre nach seiner Gründung, schützt er offenbar vor allem die Regierung vor der Abwahl.»

Wer begeht hier Verfassungsbruch?

Der Anruf erfolgte am 13. Februar 2024. Am selben Tag stellte Innenministerin Faeser in einer Pressekonferenz, flankiert von Verfassungsschutzpräsident Haldenwang und dem Präsidenten des Bundeskriminalamts Münch, einen neuen Katalog vor: «13 Massnahmen gegen den Rechtsextremismus»9. Darin sind unter anderem vorgesehen: Ein- und Ausreiseverbote für Rechtsextreme, Sperrung der Bankkonten, ein Verbot von Veranstaltungen Rechtsextremer. Kann es sein, dass ich demnächst kein Bankkonto mehr habe?

Stellen Sie sich vor, der Kanzler, die Innenministerin und der Verfassungsschutzpräsident instrumentalisieren Sie, um Massnahmen gegen die Oppositionsparteien durchzusetzen. Ich habe damit nichts zu schaffen – bin nicht einmal Mitglied der AfD. Jedenfalls ist die Idee, dass ich Menschenrechte, Demokratie, den Rechtsstaat abschaffen möchte, absurd. Im Gegenteil: Ich poche auf den Rechtsstaat, der mich bitte vor einer übergriffigen Regierung, vor regierungsnahen Medien und vor dem Verfassungsschutz verteidigen soll. Mit einer Behörde, die meine persönlichen Rechte mit Füssen tritt, verhandle ich nicht.

«Jedenfalls ist die Idee, dass ich Menschenrechte, Demokratie, den Rechtsstaat abschaffen möchte, absurd. Im Gegenteil:

Ich poche auf den Rechtsstaat, der mich bitte vor einer übergriffigen

Regierung, vor regierungsnahen Medien und vor dem Verfassungsschutz verteidigen soll.»

Gleichzeitig kündigte die Familienministerin Lisa Paus von den Grünen auf einer Pressekonferenz an, auch Meinungsäusserungen «unterhalb der Strafbarkeitsgrenze» verfolgen zu wollen. Staatsrechtler Ulrich Vosgerau spricht in diesem Zusammenhang von «Landesverrat» und sagt: «Die Bundesregierung plant eine Revolution von oben gegen das Grundgesetz.»10 Abwarten, ob mich wieder jemand anruft. Ich werde das Gespräch nicht annehmen.

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