Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Editorial
Bild: Imago.

Editorial

«Würde sich die EU bei uns um Beitritt bewerben, müssten wir sagen: demokratisch ungenügend.»

Günter Verheugen, damals Vizepräsident der Europäischen Kommission, 2005

 

Die Schweiz und die Europäische Union sind nicht kompatibel miteinander. Während die politische Kraft hierzulande aus den Gemeinden, den Kantonen und von den Bürgern kommt, regieren in der EU wenige Entscheidungsträger, flankiert von eigenen Gerichten, die diese bestätigen. Die Geschichte der EU ist eine der ständigen Ausweitung der Machtgebiete. Die Schweiz-EU-Beziehungsgeschichte dagegen ist eine des perpetuierten Missverständnisses. Der Bundesrat und die Verwaltung geben der EU stets süsse Versprechungen, sich anzunähern und unterzuordnen. Doch in Umfragen sagen regelmässig über 80 Prozent der Bevölkerung, dass sie starke wirtschaftliche Beziehungen, aber keinen EU-Beitritt wünschten.

Um die fehlende Kompatibilität der Systeme wissen auch jene, die eine EU-Annäherung fordern. Doch ihre Strategie ist es, diese bis zur Selbstverleugnung zu verschleiern. Sie verkaufen den von ihnen unterstützten Vertrag einer Verknüpfung mit den EU-Institutionen nicht nur faktenwidrig als «Bilaterale III», es soll auch möglichst lange unklar bleiben, was dieser Deal beinhaltet. Die EU ist ehrlicher. Sie hat immer klar gesagt, dass es sich dabei um eine Unterordnung unter EU-Recht und EU-Gerichtsbarkeit handle.

Die Schweizer sollten ehrlicher sein zur EU und ihr klar mitteilen, dass eine Anbindung ausser Frage stehe. Die Konsequenzen sind unangenehm, aber tragbar. Will die EU die Schweiz als Drittstaat behandeln, so ist das hinzunehmen. Natürlich muss man, wie mit jedem anderen Handelspartner auch, eine für beide Seiten gewinnbringende, auf Freihandel und Unabhängigkeit beruhende Grundlage anstreben. Das Urteil zur Beziehung wird dabei unweigerlich von der geografischen Nähe beeinflusst, doch dabei ist Vorsicht geboten. Es käme doch niemand auf die Idee, sich institutionell an Länder wie China oder Indien anzubinden oder sich deren Gerichtsbarkeit zu unterwerfen, nur weil man mit ihnen unkomplizierter Handel treiben möchte.

Mehr Abstand zur EU ist dringend geboten. Entscheiden nur einige wenige, führt das fast immer zu mehr Abgehobenheit, Bürokratie und Moralismus und umgekehrt zu weniger Demokratie, Föderalismus und Innovation. Sollte nicht eine radikale Umkehrung dieses Wegs eingeschlagen werden – wofür es derzeit keinerlei Indizien gibt –, wird das in einem heftigen wirtschaftlichen Niedergang, möglicherweise sogar in einer Revolution der Bürger enden. Was die Schweiz (wie schon 1848) mit Flüchtlingen aus Europa überschwemmen wird.

Die EU-Länder mit ihren verkrusteten Strukturen in Staat und Wirtschaft sind denkbar schlecht vorbereitet auf das kommende Informationszeitalter, in dem Innovation, Flexibilität und Wendigkeit gefragt sind. Beschleunigt sich der wirtschaftliche Abstieg, ist von ihnen nichts mehr zu erwarten als neue Schulden, ein Ausbau der Kriegswirtschaft und Notrecht gegen den Bürger.

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!