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Die exklusive Liste aller Steuern, die die Schweiz je abgeschafft hat

Was der Steuervogt anrührt, lässt er nicht mehr los – ausser er bekommt es mit aufmüpfigen Weinbauern zu tun.

Die exklusive Liste aller Steuern, die die Schweiz je abgeschafft hat
Weinernte bei Office des Vins Vaudois, 1972. Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Heinz Baumann/Com_L21-0784-0006-0008 / CC BY-SA 4.0.

Im Bundeshaus wird fieberhaft nach Geld gesucht. Denn die Politik will die Armeeausgaben erhöhen, der Ukraine helfen (aber auch Entwicklungsländern) und den Senioren eine 13. AHV-Rente spendieren. Und das alles unter Einhaltung der Schuldenbremse.

Um dieses Kunststück zu schaffen, schlagen Vertreter der Mitte-Partei eine «befristete Wehrsteuer» vor. Nun ist es mit befristeten Steuern allerdings so eine Sache: Sie laufen nach Ablauf der Frist oft unbefristet weiter. Im Ersten Weltkrieg hatte der Bund eine temporäre «Kriegssteuer» eingeführt, die nach dem Krieg weitergeführt wurde, im Zweiten Weltkrieg zur «Wehrsteuer» und nach dem Krieg schliesslich zur direkten Bundessteuer wurde, wie wir sie heute noch kennen und bezahlen. Auch die Mehrwertsteuer ist im Zweiten Weltkrieg als temporäre «Warenumsatzsteuer» entstanden.

Aber gibt es nicht auch Gegenbeispiele?

Wir haben recherchiert und präsentieren hier sämtliche Steuern, die der Bund in seiner Geschichte wieder abgeschafft hat (chronologisch geordnet):

  • Die Getränkesteuer (Abschaffung 1937)

Die Geschichte hinter der Getränkesteuer ist lehrreich. Inmitten der Weltwirtschaftskrise suchte die eidgenössische Politik 1933 händeringend nach neuen Einnahmen. Und verfiel auf die Idee, sämtliche in der Schweiz hergestellten Getränke – ausser Wasser und Milch – mit einer Steuer zu belegen.

Unter Weinbauern löste diese Idee Empörung aus – insbesondere in der Waadt, der wichtigsten Weinbauregion des Landes. Es schlug die Stunde von Paul Chaudet. Der Winzer und freisinnige Politiker setzte sich an die Spitze des Widerstands. Er arbeitete dabei eng mit der Ligue vaudoise zusammen, einer konservativen, erzföderalistischen Organisation, die zunächst mit einer kantonalen Volksinitiative die Waadtländer Regierung von der Umsetzung des Bundesratsbeschlusses abhalten wollte. Doch das Begehren wurde für verfassungswidrig und damit ungültig erklärt.

In der Folge setzten die Weinbauern und -händler auf zivilen Ungehorsam: Sie beschlossen, die Getränkesteuer einfach nicht mehr zu bezahlen. Dazu gründeten sie ein Aktionskomitee, deren Führung Paul Chaudet 1936 übernahm und das den friedlichen Widerstand in militärischer Manier organisierte. «Il faut souvent du désordre pourrentrer dans l’ordre», begründete Chaudet den Boykott.

Die Waadtländer Regierung stand nun unter Zugzwang. Sie traf sich mit Vertretern des Bundesrats und drängte darauf, die Weinsteuer wieder abzuschaffen. Als die Landesregierung einsah, dass sich die Erhebung der Steuer nicht ohne Gewalt durchsetzen liess, knickte sie ein. Man einigte sich, die Steuer abzuschaffen, im Gegenzug stellten die Winzer ihren Ungehorsam ein. Für Bier blieb die Abgabe übrigens bestehen.

Es brauchte also den erbitterten Widerstand von Waadtländer Weinbauern, damit die Eidgenossenschaft das einzige Mal in ihrer Geschichte eine Steuer abschaffte. Der Kampf lohnte sich übrigens auch für Chaudets politische Karriere: Er wurde 1946 Waadtländer Staatsrat und 1951 Bundesrat. Es ist wohl der einzige Fall eines Politikers, der sich der Autorität des Bundesrats widersetzte und danach selber dort Einsitz nahm.

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