Die Weissgeldstrategie entsorgen
Die Schweiz hatte das Bankgeheimnis. Es wurde durch befreundete Staaten, die schweizerische Regierung und unsere Banken innert weniger Jahre demontiert. Das Bankgeheimnis machte, wie der verstorbene Bankier Hans J. Bär 2004 visionär voraussah, die Banken und die Schweiz «fett, aber impotent». Heute sieht sich die Schweiz in einer Sackgasse. Was tut man in einer solchen […]
Die Schweiz hatte das Bankgeheimnis. Es wurde durch befreundete Staaten, die schweizerische Regierung und unsere Banken innert weniger Jahre demontiert. Das Bankgeheimnis machte, wie der verstorbene Bankier Hans J. Bär 2004 visionär voraussah, die Banken und die Schweiz «fett, aber impotent». Heute sieht sich die Schweiz in einer Sackgasse.
Was tut man in einer solchen Situation? Man entwirft eine Strategie. In diesem Fall: eine «Weissgeldstrategie». Den Reigen eröffnete der Bundesrat anfangs 2012 mit dem Diskussionspapier «Strategie für einen steuerlich konformen und wettbewerbsfähigen Finanzplatz». Den Begriff «Weissgeldstrategie» gab es darin noch nicht. Er wurde vom Finanzdepartement im Sommer 2012 offiziell lanciert und verfügte, dass in der Schweiz nur noch «steuerkonforme Vermögen» verwaltet werden dürfen. Im Bericht des Bundesrates vom 19. Dezember 2012 findet sich der Begriff «Weissgeldstrategie» dann achtmal, bei der Google-Suche nach dem Begriff gibt es aktuell ca. 85 000 Treffer, davon betreffen 94 Prozent die Schweiz. Ohne inhaltlichen Zusammenhang mit ihr existiert das Wort bis heute nicht, daher muss sich jeder Google-Sucher augenblicklich fragen: Hatte die Schweiz denn bis 2012 eine Schwarzgeldstrategie?
Der Bundesrat selbst bringt in seinem Bericht die Weissgeldstrategie in einen direkten Zusammenhang mit der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Finanzierung von Terrorismus und Massenvernichtungswaffen. Der Bundesrat, Politik und Banken haben unter dem Titel «Weissgeldstrategie» aber nicht nur eine PR-Katastrophe angerichtet, sondern gleich auch ein politisches Chaos. In rasantem Tempo wurden unter diesem Titel «Altlasten» beseitigt, «Abgeltungssteuern» eingeführt, die «Selbstdeklaration der Kunden» gefordert, «steuerliche Sorgfaltspflichten» der Banken versprochen, Massnahmen gegen «Abschleicher» ergriffen. Und jetzt will der Bundesrat im Rahmen der OECD aktiv an der Entwicklung eines globalen automatischen Informationsaustauschs (AIA) mitarbeiten, den er bisher mit der «Weissgeldstrategie» verhindern wollte.
Kurz und gut: an allen Fronten ist die Weissgeldstrategie gescheitert. Es ist also höchste Zeit, den Begriff zu entsorgen.