Die Medienvielfalt ist ein Trugbild
«Die Medienwelt ist aus den Fugen.» Dieser Satz ist so etwas wie die Kernbotschaft des aktuellen Medienlamentos. Er steht in einem neuen Buch der beiden Journalisten Richard Aschinger und Christian Campiche über die Schweizer Medienwelt. Er steht so oder ähnlich in Büchern, Zeitungsartikeln, Fachpublikationen, eigentlich in fast allen Texten, die von Medienschaffenden über Medien verfasst […]
«Die Medienwelt ist aus den Fugen.» Dieser Satz ist so etwas wie die Kernbotschaft des aktuellen Medienlamentos. Er steht in einem neuen Buch der beiden Journalisten Richard Aschinger und Christian Campiche über die Schweizer Medienwelt. Er steht so oder ähnlich in Büchern, Zeitungsartikeln, Fachpublikationen, eigentlich in fast allen Texten, die von Medienschaffenden über Medien verfasst werden. Die Medienkonzentration nehme zu, die Vielfalt ab – geht das Lamento weiter –, die Qualität bleibe auf der Strecke, viele Journalisten und Redaktoren ebenfalls. Am Ende bleibt einzig der Staat, der die Printmedien durch gezielte Förderung retten kann, auch wenn sie niemand mehr liest. Das ist konsequent. Denn es geht hier nicht um die Quote, sondern um das hehre Ziel, die Demokratie zu erhalten. Demokratie braucht eine funktionierende Öffentlichkeit. Medien stellen Öffentlichkeit her. Deshalb muss der Staat Medien schützen und stützen.
Gewiss, Demokratie braucht Öffentlichkeit. Aber Öffentlichkeit wird längst nicht mehr nur durch klassische Medien hergestellt – man denke nur an das Potential von Social Media und Internet. Aber vor allem: die von Medienleuten beschworene Medienvielfalt ist, zumindest was die Schweiz betrifft, ein Trugbild. Was faktisch herrscht, ist ein gut diversifizierter Einheitsbrei, wobei auffällt, dass dessen Vertreter einen besonders schonenden Umgang mit dem Staat pflegen. Ist es aber nicht gerade die Aufgabe der Medien – Stichwort «Aufklärung» –, Gesellschaft und Staat kritisch zu begleiten? Das Problem: niemand beisst gerne die Hand, die ihn füttert. Und so wechseln viele Journalisten nach einigen Jahren redaktioneller Fronarbeit zu Bund oder PR.
Printmedien werden übrigens bereits staatlich privilegiert, durch reduzierte Posttarife und einen reduzierten Mehrwertsteuersatz. Ich glaube nicht, dass dies hilft – im Gegenteil. Darum sage ich es offen: ich will keine Privilegien. Wenn der Staat etwas für die Printmedien tun kann, dann etwas Simples und eigentlich Selbstverständliches: er soll Steuern und Abgaben senken. Dann ist der Leser auch bereit – sofern wir unsere Arbeit gut machen –, mehr Geld und Zeit in Zeitungs- und Zeitschriftenkonsum zu investieren.
Ist die Zukunft der Printmedien so düster, wie sie viele Medienvertreter schildern? Massenprintmedien haben zweifellos ein Problem in einer hochsegmentierten Gesellschaft – sie müssen allen dienen und dienen darum niemandem richtig. Es zeichnet sich eine Kluft ab. Auf der einen Seite aufgepeppte Gratisnews, die sich über Werbung finanzieren. Auf der anderen Seite Qualitätsinhalte, also Hintergründiges, Tiefsinniges, Orientierungsstiftendes, jedenfalls Eigenständiges, das der Konsument teuer, aber gerne bezahlt. Wer auf Qualität setzt, wird in Nischen arbeiten, die kleiner oder grösser sein können. Diese Nischen sind ein Dorado für Qualitätspublizistik. Nie waren gute Hintergründe, Reflexionen, Essays gefragter als heute und in Zukunft.
In einer solchen Nische positioniert sich der «Schweizer Monat». Wir sind eine Autoren- und Debattenzeitschrift. Wir vertreten eine freiheitliche Grundhaltung, aber wir wollen auch mit Leuten streiten, die dies anders sehen. Wir sind eine Zeitschrift mit Gedächtnis. Wir liefern Ihnen, in Anlehnung an ein Wortspiel des Medientheoretikers Vilém Flusser, keine klassische «Zeitschrift», sondern eine «Dauerschrift»: die Halbwertszeit unserer Inhalte überdauert das Jetzt und schärft gleichzeitig den Blick für die Gegenwart. Je mehr Zeit Sie in die Lektüre investieren, desto mehr intellektuellen Mehrwert erhalten Sie zurück. Das ist unser Anspruch. Das ist unsere Nische. Das ist unsere Chance.