Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Was ist ein Mann?
Thor Kunkel, zvg.

Was ist ein Mann?

Ein Mammutjäger.

Männer waren einst Mittelpunkt von Mythen, Götter- und Heldensagen. Diese Überlieferungen trugen dazu bei, dass diese Männer selber zu Halbgöttern wurden, an die ihre Nachkommen glaubten. Als unerschrockene eiszeitliche Jäger kämpften sie während Jahrtausenden mit simplen Speeren gegen Säbelzahntiger und andere, noch grössere Bestien. Berauscht von einem biochemischen Cocktail aus Testosteron und Endorphinen, trieb es die Jüngeren immer wieder hinaus, um «die Welt zu erobern». Infolgedessen verbreitete sich die menschliche Rasse in kurzer Zeit über den gesamten Planeten. Mut, Tatendrang, körperliche Widerstandskraft und Disziplin spielten dabei eine entscheidende Rolle.

Am Ende der entwicklungspsychologischen Reise des Mannes vom heroischen Draufgänger und Eroberer der Antarktis zum Wagnisverweigerer und Beischlaferbettler erkennen wir in ihm eine bedrohte, wenn nicht aussterbende Art. Die sich allmählich statuierende Technokratie scheint kaum noch Verwendung für Männer im Sinne des Wortes zu haben. Durchsetzungsvermögen und Zielstrebigkeit werden als Atavismen der verhassten alten weissen Männerwelt angesehen, der Zugang zu Führungspositionen wird ihnen mit einem neuen Kodex Hammurabi erschwert. So stehen heute an der Spitze der globalen Protestbewegungen junge, von den Medien aufgebaute Frauen, die wie Klassenbeste auftreten und eine völlig neue Art der Revolution repräsentieren; wohlgemerkt einer Pseudorevolution, die in Wirklichkeit den gewünschten Kurs eher forciert. Echte Männer dagegen sind niemals Pseudo, ihr Mantra lautet: ICH BIN. Und jedes Wort danach bezeichnet die persönliche Substanz, die sie für diese eine Sache in die Waagschale geworfen haben.

Ein anderer Grund für das Verschwinden der Männer ist die nicht zu leugnende Tatsache, dass ihr ratiobestimmter Modus, ihr «Realitätssinn» plötzlich unter Generalverdacht steht: Was männlich ist und was sich dementsprechend verhält, das ist sofort rechts und verschwindet sehr schnell in der komfortfreien Zone der ansonsten so toleranten Gesellschaft.

Die grösste Herausforderung für junge Männer dürfte es daher sein, sich in einer feminisierten Kultur neu zu manifestieren. Es gilt jetzt neue Widerstände – neue Mammuts – zu überwinden und an diesen Herausforderungen stärker zu werden. Junge Männer sind dazu in der Lage, denn sie sind noch immer nicht nur die gefährlichste, sondern auch die anpassungsfähigste Spezies der Welt – sonst hätten sie nicht den letzten Klimawandel am Ende des Pleistozäns, mehrere Eiszeiten und zwei Weltkriege überlebt. Letztere mögen dazu beigetragen haben, dass die Gesellschaft dem Mann nicht mehr vertraut.

Dennoch ist die Fallhöhe vom Halbgott zum Sündenbock aller Welt unverdient, denn was haben Männer – als Forscher, Erfinder und ordnungsstiftende Kräfte – in den letzten 2000 Jahren nicht alles zuwege gebracht? Was an Meilensteinen des technologischen und medizinischen Fortschritts geht nicht auf die Arbeit von Männern zurück? Welche echte Drecksarbeit wurde nicht immer ausschliesslich von Männern erledigt?

Als ich noch ein Kind war, sagte mir mein Vater eines Tages, was seiner Meinung nach einen Mann definiere: Einem Mann zollt man unaufgefordert Respekt, das unterscheidet ihn von «grossen Buben». Wie goldrichtig. Es bleibt eine betrübliche Tatsache, dass grosse Buben und Bübinnen heute an allen wichtigen Schaltstellen sitzen und für die unsäglichen Zustände in Mitteleuropa verantwortlich sind.

Echte Männer sollten sich nicht mit dem abfinden, was ihnen von einer fragwürdigen Führung vorgesetzt wird. Sie sollten sich nicht zum Bodensatz durchreichen lassen, nur weil sie anders denken, als es die Obrigkeit will.

Oder anders gesagt: Männer denken nicht im Traum daran, ihr Leben auf Knien zu leben. Diese Haltung dürfte die Grundlage dessen sein, was auch in Zukunft einen Mann ausmachen wird.

»
Ahmad Mansour und Donat Blum, fotografiert von Ioannis Politis.
«Männlichkeit wird nach wie vor viel zu stark mit Dominanz gleichgesetzt»

Schriftsteller Donat Blum hält Männlichkeit für ein soziales Konstrukt und will ihr ­Empathie entgegensetzen. Psychologe Ahmad Mansour widerspricht und kritisiert die Verteufelung «alter weisser Männer». Ein Streitgespräch über Gendern, ­muslimischen Antisemitismus und Zärtlichkeit.

Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!