Gefälligkeitswissenschaftler und Hofmedien
An einem Vortragsabend in Liechtenstein referieren Bernd Fleischmann, Michael Meyen und Michael Esfeld darüber, ob sich Wissenschaft und Medien einer politischen Agenda verschrieben haben.
Es ist Freitagabend und wir befinden uns im kleinen Bergdorf Triesenberg, mit Ausblick auf das verschneite Alpenrheintal. So idyllisch der Blick auf das Fürstentum auch sein mag, umso ernster ist das Thema des hiesigen Vortragsabends.
Die Veranstaltung widmet sich der Frage, ob Wissenschaft und Medien sich momentan einer politischen Agenda unterwerfen. Dazu wurden der Ingenieur Bernd Fleischmann, der Medienwissenschaftler Michael Meyen und der Wissenschaftsphilosoph Michael Esfeld eingeladen. Der Bärensaal im Hotel Kulm ist mit insgesamt 130 Besuchern prall gefüllt.
Organisiert wurde der Abend vom Verein «TankstellaBeiz», die regelmässig Vorträge mit Experten veranstaltet. Kürzlich wollte dieser einen Vortrag des ehemaligen deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen abhalten. Aufgrund von gekündigten Mietverträgen und der medialen Berichterstattung im Vorfeld sei das Referat ins Wasser gefallen. Auch im scheinbar freiheitlichen Liechtenstein zieht die Cancel Culture ihre Kreise.
Überraschend ist deshalb Maassens kurzer Gastauftritt. Via Zoom zugeschaltet, mahnt er die Zuschauer, dass die Meinungsfreiheit im Westen gefährdet sei. Ohne Meinungsfreiheit gäbe es keine funktionierende Demokratie. Sein Appell lautet, für die freiheitliche Demokratie einzustehen und zu streiten.
Als erster Referent des Abends diskutiert Bernd Fleischmann die aus seiner Sicht irreführende Klimaberichterstattung in den Leitmedien. Dazu stellt er zahlreiche Propaganda-Fallbeispiele vor, wobei er es besonders auf die Süddeutsche Zeitung (SZ) abgesehen hat. Beispielsweise behauptete die SZ, dass besonders die Sahelzone unter dem Klimawandel leide. Fleischmann entgegnet, dass die Sahelzone von der Erwärmung und vom zunehmenden CO2 mehr profitiere als jede andere Region auf der Erde. Fleischmann kritisiert, dass sich viele Wissenschaftler vor dem Karren einer grünen Agenda spannen lassen würden, welche die Industrie zerstöre und die Freiheit der Menschen einschränke. Er bestreite nicht, dass das Kohlendioxid Auswirkungen auf das Klima habe. Allerdings sei der Einfluss deutlich geringer, als es in den etablierten Medien kolportiert werde.
Gleich im Anschluss beschäftigt sich Michael Meyen in seinem Vortrag mit der Frage, weshalb die Leitmedien ihren öffentlichen Auftrag nicht erfüllen würden. Die Gründe für die einseitige Berichterstattung seien vielschichtig. Ein grosses Problem sei die Homogenität. Die Journalisten würden vorwiegend aus einem aufstiegsorientierten, akademisch gebildeten und urbanen Milieu stammen. Ein weiterer Faktor sei die sogenannte «Verantwortungsverschwörung», dessen Begriff vom deutschen Medienwissenschaftler Uwe Krüger geprägt wurde. Der Journalist wolle die Medienrealität so formen, wie es seinem Weltbild entspricht. Zudem würde gegenwärtige Medienkrise den Haltungsjournalismus und Aktivismus begünstigen.
Zuletzt führt Michael Esfeld die Zuschauer in einen kleinen wissenschaftsphilosophischen Exkurs. Seit 2500 Jahren gebe es in der Wissenschaft zwei Arten von Denkmodellen – das sokratische Denken und das platonische Denken. Sokrates habe für das ständige kritische Nachfragen plädiert. Descartes und Popper hätten diese Denktradition fortgeführt. Platon hingegen habe geglaubt, dass jemand, der im Besitz des ‹Wissens› sei, unfehlbar urteile. Dieser sei auch dazu legitimiert, die Gesellschaft nach den eigenen Vorstellungen zu formen. Dieses Denken ziehe sich wie ein roter Faden bis in die heutige Zeit und münde immer in einer autoritären Politik.
Der heutzutage gängige Ausdruck «the Science is settled» sei ein Produkt des platonischen Modells. Esfeld entgegnet dem, dass eine wissenschaftliche Theorie niemals eine Handlungsanleitung festlege. Gegen den Schluss seines Vortrages appelliert er an die Zuschauer, frei nach Kant den Mut zu haben, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Man dürfe sich nicht die eigene Urteilskraft wegnehmen lassen. Denn Wissenschaft bedeute disziplinierte Skepsis. (ms)