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«Er ist natürlich ein politischer Kampfbegriff»

Am «Philosophischen Stammtisch» wurde kürzlich auf SRF 1 über «Cancel Culture» gesprochen – erfreulich kontrovers.

«Er ist natürlich ein politischer Kampfbegriff»
Screenshot SRF.

In der NZZ ist der Begriff im September 2019 zum ersten Mal aufgetaucht, im «Schweizer Monat» im Juni 2020 – nämlich im Dossier «Das Monster des Moralismus». Inzwischen hat «Cancel Culture» aber eine grosse Bekanntheit erlangt. Der Begriff beschreibt die Anstrengungen, Personen, die unliebsame Meinungen vertreten, auszugrenzen. Und er sorgt weiterhin für kontroverse Debatten. So auch am Philosophischen Stammtisch der «Sternstunde Philosophie» auf SRF1 vom 13. Juni 2021.

Auf der einen Seite vertrat Soziologin und Genderforscherin Franziska Schutzbach die Ansicht, dass die Rede von Cancel Culture primär ein rhetorisches Manöver konservativer Kräfte sei. Sie sagte: «Ich sehe Cancel-Fälle – ich frage mich allerdings, ob man von einer Kultur des Cancelns sprechen kann.» Durch Internet und soziale Medien seien die Stimmen von Minderheiten sicht- und hörbarer geworden. Der Begriff der Cancel Culture werde nun von privilegierten Menschen genutzt, «um ihre privilegierten Positionen zu verteidigen».

Der Philosoph und «Zeit»-Literaturkritiker Ijoma Mangold räumte auf der anderen Seite ein, dass Cancel Culture natürlich ein politischer Kampfbegriff sei. Trotzdem gebe es dieses Phänomen in der realen Welt – weil Menschen es oft schwer erträglich fänden, dass andere Leute andere Meinungen verträten, und sich deshalb wünschten, dass diese einfach verschwinden würden. Mangold kritisierte jedoch solche «politischen Reinheitsvorstellungen». Mit «Deplatforming», dem Verdrängen aus der Öffentlichkeit, gehe die Chance verloren, sich mit Leuten auszutauschen, die andere Meinungen haben.

Durchaus kontrovers diskutierte die Gruppe auch über «Harry Potter»-Autorin Joanne K. Rowling, die Rolle der sozialen Medien, die deutschsprachige Öffentlichkeit sowie amerikanische Eliteuniversitäten. Die Sendung, moderiert von Barbara Bleisch und Wolfram Eilenberger, ist in der SRF-Mediathek erhältlich. (dj)

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