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Dynamische Preise für
dynamische Mobilität


Als die Stichbahn von Melide und von Maroggia-Melano zum 27. Kanton gebaut wurde, nahm dieser die Chance wahr, ein ­komplettes Dynamic Pricing einzuführen. Es funktioniert mit einem Grundpreis, der je nach Tag und Tageszeit unterschiedlich ist (dienstagnachmittags ist es billiger als freitagabends), und mit ­einem in Echtzeit fortlaufend errechneten Zuschlag oder Abschlag, je nachdem, wie voll die Züge sind.

In der Ventisette-App werden stets Alternativen (Bus, späterer Zug etc.) angezeigt, die billiger sind, und wird vor teureren Varianten in naher Zukunft gewarnt. Da die Stichbahn der Bahnfirma FCS ­privat ist, konnte auch ein Deal mit den SBB und ­ihrem ­Generalabonnement abgeschlossen werden: Es ist auf der FCS prinzipiell nur ab 9 Uhr gültig und weder sonntags noch an wichtigen Feiertagen. So wird ein übertriebener Mobilitätskonsum auf Kosten der Allgemeinheit verhindert.

Und siehe da: Die Schulen begannen, ihren Unterricht eher in den Vormittag zu verlegen, so dass die Kantischüler/-innen von auswärts nicht teure Tickets am frühen Morgen kaufen müssen. Hausfrauen und Rentner aus Lugano kommen nun eher am späteren Vormittag oder am frühen Nachmittag zum Kaffeetrinken. Und am Sonntag kommen weniger Tagesausflügler mit niedrigem Pro-Kopf-Konsum, die dem 27. Kanton nicht viel bringen.

Selbstverständlich wurde das Dynamic Pricing auch auf Auto und Velo ausgeweitet. Road Pricing ist teuer am frühen Morgen, an Abenden und an Wochenenden. Dagegen kommen Velofahrer in den Genuss von negativem Pricing (also Gutschriften), wenn sie bei schlechtem Wetter mit dem Fahrrad kommen (was schlechtes Wetter ist, definiert der Sender RSI). Denn nur so wird das Velo auch klimaschutzrelevant: wenn es sich nicht auf einen vollaus­gebauten öV verlässt, auf den man bei schlechtem Wetter einfach zurückgreift (wie das die Zahlen der Stadt Zürich leider deutlich zeigen). Das Gleiche beim Schiff: An einem verregneten Mittwochvormittag ist das Kursschiff aus Lugano praktisch kostenlos (schlechtes Angebot = niedriger Preis), an einem Sonntag im ­Sommer superteuer.

Der 27. Kanton begründet das umfassende Dynamic Pricing mit der Tatsache, dass Mobilität nur in ihrer Grundform ein öffent­liches Gut sei, im nun in der Schweiz erreichten Level aber mehr und mehr ein Konsumgut. Bisher herrschte ja bekanntlich eine massive Umverteilung hin zu Personen mit viel Freizeit, die ihr GA oder Auto völlig frei und unbeschränkt nutzen konnten – und die Kosten dafür dann auf die Allgemeinheit abwälzten. Das neue System des 27. Kantons ist also fairer und sozialer für alle.

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