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Letzter Akt im Swissness-Theater

Seit dem neuen Jahr ist die Swissness-Gesetzgebung in Kraft. Ihre Entstehung könnte problemlos als Vorlage für eine Komödie dienen – wenn sie nicht gleichzeitig ein solches Trauerspiel wäre. Ich erinnere mich bestens an die Debatten, die ich von der Journalistentribüne aus verfolgte und bei denen mir eines klar wurde: Der Schutzversuch des Schweizer Kreuzes vor Trittbrettfahrern aus dem Ausland – wir erinnern uns an die Coop-Super-Trophy-Aktion mit Schweizer Pfannen «made in China» – ist zu einer protektionistischen Übung für Bauern, die Uhren- und Kosmetikindustrie geworden. Dank gut organisierter Lobbyarbeit ist das Gesetz durchaus zu ihren Gunsten gestaltet worden. Entstanden ist jedoch auch ein Bürokratiemonster, das in seiner Verordnung detailreich zu allen möglichen Ausnahmen Auskunft gibt – zur schaurigen Belustigung meiner Studenten, denen ich Markenrecht unterrichte.

Die Grundregel lautet, dass bei Lebensmitteln 80 Prozent der Zutaten aus der Schweiz stammen müssen. Nur gibt es zahlreiche Inhaltsstoffe, die hier nicht in ausreichendem Mass oder Qualität produziert werden – und ausgenommen werden. So ist die Schweiz zwar für ihre Schoggi berühmt, der Kakao stammt logischerweise jedoch nicht aus den Alpen. Eine Liste mit 58 saisonalen Ausnahmen, die per Departementsverordnung jährlich (!) überprüft wird, umfasst auch Himbeer-Püree für Glace oder Honig für die industrielle Verarbeitung. Es grüsst der Verwaltungsschimmel!

Vollumfänglichen Heimatschutz gibt es für Produkte aus Schweizer Milch – es darf nur ein Kreuz auf der Verpackung prangen, wenn ihr Anteil im Produkt zu 100 Prozent von hier stammt. Glücklich die Bauern, die sich über eine höhere «Wertschöpfung» freuen. Das Nachsehen haben die Konsumenten und jene Produzenten, die aufs Kreuz verzichten. Wirklich tragikomisch dürfte aber der letzte Akt des Theaterstücks werden: Wie das Institut für geistiges Eigentum versucht, Markensündern auf der ganzen Welt das Handwerk zu legen, und als «Swissness»-Polizei Schweizer Sünder hinter Gitter bringt.

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