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Vorsicht vor chinesischen Verhältnissen

In einem Vortrag in Zürich warnt der Ökonom Markus Krall vor der totalen Überwachung durch ein Sozialkreditsystem, die auch im Westen droht.

Vorsicht vor chinesischen Verhältnissen
Markus Krall an seinem Vortrag über das Sozialkreditsystem, 11.04.2024. Bild: Michael Straumann.

Zuletzt stand Markus Krall in den Schlagzeilen, weil er die Werteunion verliess, eine konservative Gruppe innerhalb der CDU. Auch im Vorfeld seines Vortrags in Zürich vergangenen Donnerstag hat das Enfant terrible der deutschsprachigen libertären Szene viel Wind um sich gemacht – wenn auch für einmal unfreiwillig: Das Liberale Institut wollte das Referat von Krall über das chinesische Sozialkreditsystem ursprünglich an der Universität Zürich abhalten lassen. Obwohl die Universität schon vor Monaten zugesagt hatte, sah sie sich aufgrund von Medienanfragen und des Drucks von Studentengruppen gezwungen, die Veranstaltung abzusagen. Im Memox, wohin die Veranstaltung verlegt wurde, konnte Krall ungestört referieren. Der Saal war gefüllt, 130 Personen waren anwesend.

Gleich zu Beginn seines Vortrags erklärte er, dass er selbst Berührungspunkte mit dem Sozialkreditsystem gehabt habe; schliesslich habe er dreissig Jahre lang in der Finanzbranche im Bereich Scoring-System gearbeitet, woher die Begriffe «Scoring» und «Kredit-Scoring» ursprünglich stammten.

Das chinesische Social-Scoring-System stütze sich auf totale Überwachung, die Auswertung von Daten durch künstliche Intelligenz sowie ein Sanktionssystem. Die Überwachung geschehe per Video, per Zahlungsverkehr und per elektronischer Kommunikation. Der Staat sammle diese Daten, interpretiere und bewerte sie. Wer sich als Bürger missliebig verhalte, dem könne der elektronische Zugriff auf bestimmte Dinge verweigert werden. Auch soziale sowie physische Sanktionen seien als Disziplinierungsmassnahmen vorgesehen.

Wer meine, dass das chinesische Sozialkreditsystem niemals nach Europa und Amerika überschwappen könne, könnte sich täuschen, glaubt Krall. Das geschehe nämlich schon in Ansätzen, über den ESG-Score («Environmental, Social and Governance»). Positiv bewertet würden jene Unternehmen, die sich brav und dem Zeitgeist entsprechend verhielten. Wer sich dagegen weigere, «Nachhaltigkeit» und politische Korrektheit zu vertreten, bekomme Abzug im ESG-Score. Wer als Firma Windräder statt Kohle produziere, bekomme von der Bank Kredit.

Im Westen könne das Sozialkreditsystem auch in anderen Bereichen zur Geltung kommen. Die Einführung des digitalen Zentralbankgelds (CBDC) und die Abschaffung von Bargeld würden dabei eine Schlüsselrolle spielen, so Krall. Eine totale Überwachung und Kontrolle des Zahlungsverkehrs jedes Bürgers wären damit möglich. Ebenfalls Teil dieser Agenda seien der digitale Impfpass und das CO2-Konto. (ms)

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