Dass die Frage nach der Gefährdung westlicher Werte immer wieder aufgeworfen wird, deutet in sich schon eine gewisse Verunsicherung an, einen Mangel an Selbstsicherheit, wie er für die Schweiz und Europa heute symptomatisch ist.
Die Deutschen sind bereit zur Veränderung, aber sie wissen nicht, in welche Richtung der Wandel gehen soll. Das Wahlergebnis vom 18. September spiegelt eine tiefe Unsicherheit über die Zukunft des deutschen Wirtschaftsmodells.
Steckt Deutschland wirklich in der Krise? Wenn ja, wie müsste Deutschland reagieren? Sind für unbequeme Programme und Reformen überhaupt politische Mehrheiten zu finden? – Fragen und Antworten aus der Feder eines erfahrenen Politikers.
Eine zukunftweisende Arbeitsmarktpolitik muss dafür sorgen, dass die Arbeit durch individuelle Verträge und der Lohn nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage vereinbart werden und die Sozialpolitik vom Arbeitsverhältnis abgekoppelt wird.
Deutschlands Erfahrungen mit dem Föderalismus unterscheiden sich deutlich von jenen der Schweiz. Ein wichtiger Grund dafür liegt in der konkreten institutionellen Ausgestaltung, aber auch in der Einbettung im Ganzen des politischen Systems.
Auch die Bürokratie bremst den Reformprozess. Entbürokratisierung kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Menschen mehr Mut zur Eigeninitiative aufbringen und sich selbst mehr zutrauen.
Die Mehrheit der deutschen Wähler hat in einer Situation auf Kontinuität gesetzt, in der die Maxime «Weiter so» etwas durchaus Selbstzerstörerisches hat. Dafür gibt es drei Erklärungen: die fehlende Tradition einer echten Freiheitspartei, die Tradition des Sozialstaats und die demographischen Verhältnisse.
Seit Jahrzehnten lebt Deutschland über seine Verhältnisse – und schränkt damit den Handlungsspielraum nachfolgender
Generationen auf eine Weise ein, die heute
vermehrt auf Widerstand stösst.
Die Hintergründe deutscher Reformunwilligkeit reichen mentalitätsgeschichtlich weit zurück. Die vermeintliche Allzuständigkeit des Staates ebenso wie ein übersteigertes Vertrauen in seine Mittel und Möglichkeiten beginnen schon mit Bismarck. Weimarer Republik und Nationalsozialismus haben das eine wie das andere weitergetragen.