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«Aktivismus»

Aktiv ist attraktiv. Ein Mittel gegen den unwirschen Darm heisst deshalb Aktivkohle, Putzmittel wirken aktiv gegen Schmutz, Senioren sind nicht nur vital, sondern auch rundum aktiv, und wer es besonders gut meint, wird proaktiv tätig, agiert also, bevor er aktiv wird, was eigentlich doppelt gemoppelt ist, aber egal: doppelt hält besser. Wenn aktiv was Gutes […]

«Aktivismus»

Aktiv ist attraktiv. Ein Mittel gegen den unwirschen Darm heisst deshalb Aktivkohle, Putzmittel wirken aktiv gegen Schmutz, Senioren sind nicht nur vital, sondern auch rundum aktiv, und wer es besonders gut meint, wird proaktiv tätig, agiert also, bevor er aktiv wird, was eigentlich doppelt gemoppelt ist, aber egal: doppelt hält besser.

Wenn aktiv was Gutes ist, muss ein Aktivist ja wohl ein besonders Guter sein. Der legendäre Adolf Hennecke war so einer, ein Bergmann, der am 13. Oktober 1948 im Karl-Liebknecht-Schacht 24,4 Kubikmeter Kohle schlug und damit das Soll mit 387 Prozent übererfüllte. Dafür erhielt der Genosse 1,5 Kilogramm Fettzulage, drei Schachteln Zigaretten, eine Flasche Branntwein, 50 Mark Geldprämie sowie einen Blumenstrauss des Kollektivs. Seinetwegen gab es in der DDR hinfort an jedem 13. Oktober einen «Tag der Aktivisten», was die anderen Malocher allerdings nicht so spassig fanden. Merke: aktiv ist nicht immer attraktiv. Als Aktivist galt übrigens nach 1945 auch ein Mitläufer der Nazis. Bewegung ist nicht alles.

Gut, das ist Geschichte. Heute ist ein Aktivist rundum prima. Man muss sich nur bekennen oder engagieren oder etwas aufzeigen oder den Finger in die Wunde legen, dagegen sein oder dafür sein und deswegen auf die Strasse gehen – schon ist man einer. Als «Greenpeace-Aktivist» gehört man zum Adel des Aktivistentums, edler sogar als ein «Aktiver» im Fussballverein und nicht zu vergleichen mit der «Aktiven», die unsere ungesunden Vorfahren rauchten. Neuerdings ist jeder ein «Aktivist», der irgendetwas tut, und taucht in den Nachrichten als wichtiger Akteur der Weltgeschichte auf, auch wenn nicht jeder den Nutzen von «attac» oder «PeTA» einzusehen vermag. Dann schon lieber Cannabis-Aktivismus.

Zum Nebelwerfer wird der Aktivist, wenn man in den Nachrichtenredaktionen Terrorismus nicht mehr von anderen Freizeit­aktivitäten unterscheiden kann. Das wäre ein Anlass, darüber nachzudenken, ob das Gute nicht auch das ist, was man lässt.

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