
«Unternehmer sind der wahre Reichtum eines Landes»
Pharmaunternehmer Etienne Jornod und Léa Miggiano von Carvolution lieferten spannende Einsichten in das freie Unternehmertum.
Die Sonderpublikation zum Thema Unternehmertum finden Sie hier.
Das freie Unternehmertum in der Schweiz populärer zu machen: Dieses Ziel haben sich der «Schweizer Monat» und das Westschweizer Magazin «Le Regard Libre» gesetzt und die Sonderbeilage «Esprit Entrepreneurial» mit vielfältigen Beiträgen rund ums Thema Unternehmertum produziert. Kernelemente der Ausgabe bilden eine Serie von Interviews mit innovativen Unternehmern aus den verschiedensten Branchen und Teilen des Landes. Diese Sonderbeilage wurde am 26. März in Bern im Rahmen eines prominent besetzten «Unternehmer-Talks» vorgestellt.
Die beiden Unternehmer Léa Miggiano, Gründerin und CEO von Carvolution, und der Pharmaunternehmer und ehemalige NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod, gewährten inspirierende Einsichten in die Welt der Unternehmer.
Von Ronnie Grob, Chefredaktor Schweizer Monat, darauf angesprochen, dass erfolgreiche Unternehmer wie zum Beispiel Elon Musk oft auch schwierige Persönlichkeiten seien, erwiderte Jornod: «Aus meiner Sicht sind Unternehmer keine besonders unangenehmen Menschen. Selbst wenn ich wollte, kann ich mir das gar nicht erlauben, denn ich bin auf meine Mitarbeiter angewiesen.»
«Ein Unternehmer-Gen, also die eine Eigenschaft, die es braucht, um als Unternehmer erfolgreich zu sein, gibt es sicher nicht», ist Jornod überzeugt. Vielmehr seien eine Vielzahl an Fähigkeiten erforderlich, und immer auch eine Portion Glück. Für Miggiano ist es wichtig, eine Vision zu haben, hartnäckig zu sein und Durchhaltewillen zu haben. Und, ergänzt sie – man müsse einfach auch Freude an der Arbeit haben.
Miggiano war 23 Jahre jung, als sie mit anderen die Firma Carvolution gründete. Heute ist sie gemäss «Bilanz» unter den «100 jungen Reichsten der Schweiz». Ans Werk ging sie mit einer von Grund auf positiven Haltung: «Es kann eigentlich nur gut kommen», sagte sie sich: «Wenn ich scheitere, dann wird das enorm prägend und lehrreich sein. Und wenn ich Erfolg haben sollte, umso mehr.»
Angst vor dem Scheitern hatte Miggiano keine, vielmehr ging sie ein kalkuliertes Risiko ein. Die Risikoanalyse und Massnahmen, dieses Risiko auf einem kontrollierbaren Level zu halten, seien ihr wichtig gewesen. Heute betreibe sie Scheitern als Hobby, scherzt die passionierte Springreiterin. Überhaupt sei die Ausgangslage nach einem gescheiterten ersten Versuch geradezu hervorragend für einen zweiten Anlauf. Die Kultur des Scheiterns empfindet Jornod in der Schweiz als ungenügend. «Wer keine Fehler macht, machts nichts».
Jornod erzählte von der gescheiterten Expansion der NZZ nach Österreich und nannte das ein lehrreiches Beispiel; das Zürcher Medienhaus verlor damals mehrere Millionen Franken. Heute ist er jedoch überzeugt, dass erst dieser Misserfolg den späteren Erfolg im viel grösseren Markt Deutschland möglich machte. Die NZZ verfügt heute über 60 000 zahlende Abonnenten in Deutschland – einem viel grösseren und spannenderen Markt als Österreich.
In seiner Partei, der FDP, gab es früher viele Unternehmer, erklärte Jornod, und das sei heute leider nicht mehr so. Seit den Lohnexzessen von Spitzenmanagern habe sich das Ansehen der Unternehmer massiv verschlechtert. Obwohl es viele positive Beispiele gebe, sei die Imagekorrektur bis heute nicht gelungen. Einen kritischen Blick warf er nach Frankreich. «Dort hat man seit Colbert und Napoleon nicht begriffen, dass der wahre Reichtum eines Landes die Unternehmer sind.» Soweit seine wir in der Schweiz noch nicht. «Aber auch wir müssen aufpassen, nicht in dieses Fahrwasser zu geraten.» Die lebhaften Diskussionen der über 100 Teilnehmer wurden bei einem reichhaltigen Apéro weitergeführt. (Fabian Gull)