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Erstaunlich altmodisch

Altmodisch – das Wort fällt im Roman selber. Lena schreibt ihrem Bruder Fred aus Wien «pünktlich im Monat einen langen, altmodischen Brief». Richard Reich entführt uns in seinem ausdrücklich als Hotelroman bezeichneten neuen Buch «Codewort Laudinella» in eine altmodische Welt, von der sich die Literatur eigentlich schon lange entfernt hat, mit Menschen, die Chorgesang-Ferienlager besuchen, […]

Altmodisch – das Wort fällt im Roman selber. Lena schreibt ihrem Bruder Fred aus Wien «pünktlich im Monat einen langen, altmodischen Brief». Richard Reich entführt uns in seinem ausdrücklich als Hotelroman bezeichneten neuen Buch «Codewort Laudinella» in eine altmodische Welt, von der sich die Literatur eigentlich schon lange entfernt hat, mit Menschen, die Chorgesang-Ferienlager besuchen, in ihrer Freizeit ein Streichquartett bilden, die klassischen Opernwerke auswendig kennen, Mörikes «Mozart auf der Reise nach Prag» lesen, und so fort… Die Bildungsbürger sind in der Schweiz offenbar nicht ausgestorben, sie machen, wie es sich gehört, Ferien im Engadin. Richard Reich, der brillante Verfasser von Glossen und Satiren, hat ein in seinem Stoff erstaunlich altmodisches Buch geschrieben. Aufgewogen wird dies durch die nicht lineare Form des Erzählens. Das Leben und Treiben der Hotelgäste und des Personals wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, in Nocturnes sprechen anonyme Stimmen. Die Personen sind nicht wie in einem realistischen Roman voll ausgeführt, einige bleiben blass, werden nur skizziert. Gut gelungen ist der ehrliche Kellner, der seinen Gästen Dinge sagt, die man vom Personal eigentlich nicht erwartet. Und auch Fred bleibt in Erinnerung, der im Laufe seines verpassten Lebens im Hotel hängen bleibt und doch noch ein spätes Glück findet. Die Erklärung, wieso sich Reich an das mit grossen Vorbildern belastete Genre des Hotelromans gewagt hat, findet sich im Nachwort: «Das vorliegende Buch ist ein Auftragswerk der Genossenschaft Laudinella aus Anlass ihres Fünfzig-Jahr-Jubiläums.»

besprochen von Cristof Wamister, Basel

Richard Reich: «Codewort Laudinella. Ein Hotelroman». Zürich: Kein & Aber, 2007.

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