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Zuerst das Fressen, dann die Ökologie

Beim Gang durch die Gassen von Mykonos strömen mir im Oktober glücklicherweise keine Unmengen von schwitzenden Touristen mehr entgegen – dafür aber ein ungewohnt eisiger Wind. Es ist kalt, wirklich kalt. Und deshalb mache ich mich auf einen Abend im Inneren einer schummrigen Taverne gefasst. Schliesslich lande ich unten am Hafen, wo Mykonos-Stadt besonders pittoresk […]

Beim Gang durch die Gassen von Mykonos strömen mir im Oktober glücklicherweise keine Unmengen von schwitzenden Touristen mehr entgegen – dafür aber ein ungewohnt eisiger Wind. Es ist kalt, wirklich kalt. Und deshalb mache ich mich auf einen Abend im Inneren einer schummrigen Taverne gefasst.

Schliesslich lande ich unten am Hafen, wo Mykonos-Stadt besonders pittoresk ist. Kleine Häuser berühren mit ihren Terrassen das Meer. Daniele, ein freundlicher Italiener, der schon seit vielen Jahren auf der Insel lebt, zeigt mit einladender Geste auf sein Restaurant, das «Aqua». Der Wirt weist meiner Begleitung und mir einen Tisch auf der Terrasse zu. Schon beim Gedanken daran wird mir kalt. Anderseits verführt mich das Rauschen des Meers, ich gebe der Sache also eine Chance. Kaum sitzen wir, ist Daniele bemüht, einen Heizpilz optimal zu positionieren. Schon bald ist es warm am Tisch, und wir geniessen die Nacht.

In Zürich ist das Durchstehen eines kühlen Herbstabends unter freiem Himmel nicht möglich, denn zu viel Lebensfreude lässt sich mit den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft nicht vereinbaren. Zürcher Wirte dürfen zwar ihre Küche mit «nicht erneuerbaren» Energien betreiben – wenn es aber um das Heizen unter freiem Himmel geht, ordnet der Staat die zulässige Energiequelle an: Gemäss kantonalem Energiegesetz sind Wärmepilze verboten, ausser sie würden mit erneuerbarer Energie betrieben. Ein schwieriges Unterfangen bei einer Gasheizung.

Diese Zuordnung je nach Zweck bringt vor allem eines: einen weiteren administrativen Aufwand, vom Erteilen der Bewilligung bis zur Kontrolle des Betriebs. Hier werden einige weitere Bürokraten mit dem Vollzug der Regulierung beschäftigt. Griechenland, das sonst nicht gerade für seinen schlanken Staat und seinen funktionierenden Markt bekannt ist, hat hier eine pragmatische Lösung gefunden: Wer einen warmen Platz am Meer will, zahlt einen Aufpreis auf den griechischen Salat. In Zürich verbietet und reguliert man lieber etwas mehr. Gegen bürokratische Kälte hilft da wohl auch der effizienteste und umweltfreundlichste Heizpilz nichts.

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