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Zu süss für die Kleinen…

Eveline Hasler (Text) und Käthi Bhend (Illustration): «Im Traum kann ich fliegen». Zürich: NordSüd, 2008. Nichts ist zu sagen gegen die Wiederbelebung von Klassikern. Das dachte sich wohl auch der NordSüd-Verlag und veröffentlichte vor kurzem mit «Im Traum kann ich fliegen» einen Text der Erfolgsgarantie-Autorin Eveline Hasler aus dem Jahr 1988. Für Kinder ab vier […]

Eveline Hasler (Text) und Käthi Bhend (Illustration): «Im Traum kann ich fliegen». Zürich: NordSüd, 2008.

Nichts ist zu sagen gegen die Wiederbelebung von Klassikern. Das dachte sich wohl auch der NordSüd-Verlag und veröffentlichte vor kurzem mit «Im Traum kann ich fliegen» einen Text der Erfolgsgarantie-Autorin Eveline Hasler aus dem Jahr 1988. Für Kinder ab vier Jahren erzählt dieses Bilderbuch von fünf kleinen Tieren, die sich unter der Erde für den Winter einrichten. Raupe, Engerling, Käfer und zwei Würmer zeigen sich ihre Vorräte, besuchen einander und verbringen Zeit zusammen. Sie lernen sich kennen, erzählen sich Geheimnisse und Träume, und schliesslich beobachten sie, selbst Teil werdend, das Wunder Frühling.

Wenig ist zu sagen gegen die Bilder, die Käthi Bhend zu dieser Neuauflage beigesteuert hat. Sie selbst hatte Haslers Text vor 20 Jahren illustriert, nun hat sie ihre Bilder überarbeitet und adaptiert, hat hinzugefügt und weggestrichen. Herausgekommen sind tolle Hintergründe sowie verzweigte, teils über Seitengrenzen hinweg verbundene, detailreiche und warme Illustrationen. Die besten von ihnen verbinden den Blick auf das Leben über und unter der Erde zu einem poetischen Ganzen. Allzu viele jedoch erschöpfen sich im Lieblichen, die Wohnung der Raupe kann nur als kitschig bezeichnet werden, überhaupt sind die Tierchen gar zu süss geraten, die Augen gross und leuchtend – und immerzu wird gelächelt. Das ist schade, denn die Illustratorin vergibt hier die Chance, eine Spannung zwischen Geschichte und Bild herzustellen und so dem Text eine zusätzliche Ebene zu verleihen.

Vieles gäbe es nämlich zu sagen gegen diesen Text. Und dass ihm eine zusätzliche Ebene guttun würde, liegt vor allem an seinem Beharren auf Einklang, Herzensgüte und Heiterkeit. Das findet man üblicherweise in banalen Pappkinderbüchern, aber in ein Buch mit Kunstanspruch gehören Wendungen wie «Wie saftig und lecker das aussieht!» oder «Dann tröstet ihn Ria mit Spässen und ihrem Lachen, und sein Missmut ist schnell verflogen» nicht. Verschärft wird das noch durch eine antiquierte Sprache sowie eine wahre Inflation von Adjektiven («staunend», «farbig», «seltsam», «wunderbar»…) und Ausrufezeichen. Wo so viel exklamiert wird, triumphiert das Platte zu leicht über das Mehrdeutige, das auch und gerade im Kinderbuch seinen Platz haben könnte. Das würde zwar das Harmoniebedürfnis vieler Eltern nicht bedienen, jedoch mit Sicherheit das Interesse des jungen Publikums wecken und auch nach dem Lesen noch zu Gesprächen führen – und wer würde das nicht wollen?

vorgestellt von Jens Nicklas, Innsbruck

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