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Wolke des Monats

Wie eine Internetbewegung der Wissenschaft Beine macht.

Cirrus, Nimbostratus oder Cumulonimbus: Vage erinnern wir uns an den Geografieunterricht, als wir das Fachchinesisch zur Bezeichnung von unterschiedlichen Wolkentypen eingetrichtert bekamen. Abgesehen von einigen besserwisserischen Prahlversuchen hat mir diese Kenntnis bis heute jedoch kaum weitergeholfen. Mal ehrlich: Wer kümmert sich schon um Wolken? Für die meisten sind sie einfach da – und damit hat es sich dann wahrscheinlich auch mit der Begeisterung für die Ansammlung von Wassertröpfchen am Himmel.

Um das zu ändern, kämpft die Cloud Appreciation Society (CAS) seit 2004 für die Anerkennung der Wolkenschönheit. Eifrig werden unter https://cloudappreciationsociety.org/ entzückende Bilder von schleierhaften Himmelskulissen geteilt. Zahlende Mitglieder erhalten neben einem Zertifikat und einem Abzeichen auch eine Schablone, die bei der Typenidentifizierung einer Wolke helfen soll.

Lange wurde die Internetbewegung von führenden Wolkenwissenschaftern belächelt, bis diese selber in deren Visier gerieten. 2006 teilte eine Amerikanerin auf der Plattform ein Bild einer aufgewühlten Wolkendecke, die sich mit dem gängigen Wolkenvokabular mehr schlecht als recht bezeichnen liess. CAS-Gründer Gavin Pretor-Pinney sprach im Anschluss von der Notwendigkeit einer Anpassung der wissenschaftlichen Grundlagen zur Klassifikation von Wolkentypen – kein einfaches Unterfangen, da diese seit 1896 der alleinigen Entscheidungsgewalt der World Meteorological Organization (WMO), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen und Herausgeberin des «Internationalen Wolkenatlas», unterstellt sind. Nach langer Diskussionsverweigerung willigte die wissenschaftliche Zentralinstanz 2017 schliesslich ein und nahm den Begriff «Asperitas» in die Wolkennomenklatur auf. Es war die erste Anpassung des Atlas seit einem halben Jahrhundert: Die Wolkenfreunde brachen die Bestimmungshoheit der starrbürokratischen und engstirnigen Meteorologie. (jb)

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