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Wolfgang Sofsky im Gespräch

Er ist einer der profiliertesten Machtkritiker der Gegenwart. Er schreibt klar, konzentriert, kompromisslos. Und er fühlt sich unwohl in seinem Staat: der deutsche Soziologe Wolfgang Sofsky. René Scheu hat ihn in Göttingen zu einem Streitgespräch getroffen.

Herr Sofsky, wir sitzen hier, um zu streiten. Auf der Anklagebank sitzt der Liberalismus. Sie haben mir am Telephon gesagt, das liberale Weltbild, das viele unserer Autoren vertreten, sei naiv.

Nun gut. Der Liberalismus ist zuerst eine politische Theorie. Ferner ist er organisatorisch verfasst in Parteien, die sich «liberal» nennen. Und er war einmal eine soziale Bewegung. Wichtiger aber ist die Freiheitsidee, über die wir uns verständigen sollten, bevor wir weiterreden.

 

Gerne. Der Kern der liberalen Theorie ist die Ablehnung von Zwang.

Gewiss. Aber die Frage ist: von welchem Zwang?

 

In den Worten Friedrich August von Hayeks: vom «Zwang durch andere Menschen». Es geht um die Unabhängigkeit von der Willkür anderer Leute, die die Macht haben, uns zu Handlungen zu zwingen, die wir nicht wollen.

Der erste Impuls des Liberalismus ist machtkritisch. Das unterschreibe ich sofort: Freiheit als Gegengift zu Macht und Herrschaft. Aber Freiheit ist unteilbar. Man muss deshalb alle Zwänge betrachten, die inneren und die äusseren. Dem Liberalismus fehlt ein Begriff von den inneren Zwängen, eine Anthropologie der menschlichen Sinne, der Seele, des Geistes. Und er befasst sich nur mit einigen äusseren Zwängen, den politischen und rechtlichen, und übersieht die ökonomischen und sozialen Zwänge.

 

Einspruch. Ökonomische Situationen können zwar lästig sein, doch wird niemand gezwungen, etwas zu kaufen.

Ökonomie ist nicht nur Konsum, sondern auch Produk-tion und Arbeitsmarkt. Wenn Sie Ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um zu überleben, ist das ein ziemlich massiver Zwang. Lohnabhängigkeit ist kein Zustand der Freiheit, auch wenn sie zweifellos einen Freiheitsgewinn gegenüber der Leibeigenschaft bedeutet.

 

Das war mal so. Die Bürger westlicher Staaten kämpfen aber längst nicht mehr ums nackte Überleben, sondern um ein mehr oder weniger angenehmes Leben.

Das mag schon sein. Aber auch ökonomische Macht ist Macht. Durch den eingeschränkten Begriff von Zwang sind viele Liberale blind für diese Abhängigkeit. Freiheit endet nicht vor den Werkstoren.

 

Sie haben die inneren Zwänge erwähnt. Es ist nicht die Aufgabe der Gesellschaft, sondern die Aufgabe des einzelnen, mit Hemmungen und Depressionen umzugehen.

Ich bin mir da nicht so sicher. So autonom ist kaum jemand, dass er eine Depression ganz ohne fremde Hilfe heilen könnte. Auch manche Liberale misstrauen ja der Eigenkraft des Individuums. Sie wollen die negative Freiheitsidee, die Abwesenheit von Zwang, unbedingt mit einem positiven Zweck ergänzen: nicht nur «Freiheit von», sondern «Freiheit zu». Sie fordern die Bildung des Menschen und glauben an den unaufhaltsamen Fortschritt…

 

…Liberale sind grundsätzlich Optimisten, ja.

Das sind ungedeckte Hoffnungen. Nehmen wir die Idee des Fortschritts zu einer friedlicheren und wohlhabenderen Welt, also die geschichtsphilosophische Grundprämisse des Liberalismus. Trifft sie wirklich zu?

 

Das hängt davon ab, was man unter Fortschritt versteht. Kriege gab es immer und wird es immer geben. Der Mensch ist nicht friedlicher geworden. Aber Tatsache ist doch, dass sich Gesellschaft und Welt stets ändern – weil der Mensch unablässig tätig ist.

Wandel ist nicht Fortschritt. Viele Liberale glauben an eine Art zivilisatorischen Fortschritt, der zu einer moralischen Vervollkommnung des Menschen führen kann. Dieser notorische Irrglaube ist kaum aufzulösen, trotz all den Kriegen, Völkermorden und Diktaturen des 20.
Jahrhunderts.

 

Der Mensch hat ein grosses Entwicklungspotential. Er strebt zumindest das Gute an, wenn man ihn lässt, auch wenn er es selten erreicht.

Der Mensch hat in der Tat Potential, aber er kann sich in gute und üble Richtungen entwickeln. Sein destruktives Potential ist immens. Bei günstiger Gelegenheit gewinnen die Destruktivkräfte schnell die Oberhand. Zerstörung geht immer schneller als Aufbau.

 

Um diese Kräfte zu bannen, braucht eine Gesellschaft Institutionen. Und sie braucht genügend Wohlstand oder Aussicht auf Wohlstand, um allen Menschen eine Lebensperspektive zu geben.

Liberale Bewegungen sind stark in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs, in Gründer- und Pionierphasen, wenn es viel zu erwerben und zu verteilen gibt. Aber sie sind schwach in schwierigen Zeiten, wenn es an Wohlstand und Perspektive mangelt. Zugespitzt gesagt: liberale Bewegungen haben in Schönwetterzeiten Erfolg und erleiden in stürmischen Zeiten Schiffbruch.

 

Also brauchen wir Wachstum und Wohlstand. Dabei zeigt die Geschichte, dass es gerade wettbewerbsorientierte, offene Gesellschaften sind, die den Wohlstand fördern.

Das Problem ist nur, dass keine Gesellschaft autark im ewigen Frieden existiert. Keine Nation kann allein über ihre Geschichte bestimmen, es sei denn, sie wäre der Hegemon der Welt. Vor dem Ersten Weltkrieg glaubten die europäischen Völker an eine friedliche Ordnung, an Handel statt Krieg, an die nahe Weltgesellschaft. Ein paar Monate später brach der Weltkrieg aus, und dann folgte der «Weltbürgerkrieg» bis 1989. Trotzdem kehren die optimistischen Phantasien regelmässig wieder, gegen alle Erfahrung der Zerstörung.

 

Handel verringert das Risiko eines Kriegs, aber natürlich ist es nicht so, dass handeltreibende Staaten nie und nimmer Krieg gegeneinander führen. Das hat auch niemand behauptet.

Schauen wir uns das Menschenwesen ein wenig näher an. Menschen fragen sich ja häufig: Wie erlange ich die Besitztümer des anderen? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: man tauscht, man stiehlt, betrügt, besticht oder erobert das begehrte Gut. Raub und Beute sind oft die preiswerteste Art des Besitzwechsels – für den Sieger.

 

Das kommt darauf an, man muss mit Widerstand rechnen…

…nur wenn der Gegner stark ist. Ist er schwach, warum soll ich dann tauschen? Ich kann es mir ja einfach nehmen.

 

Jetzt übertreiben Sie. Der Mensch ist kein Engel, aber er ist auch kein Untier. Deswegen sagen die Liberalen ja: wir brauchen einen Rechtsstaat, der Eigentum garantiert.

Es gab in der Menschheitsgeschichte nie eine Institution, die längerfristig den Frieden gesichert hätte. Der Rechtsstaat funktioniert nur so lange, wie ihn die Bürger respektieren, aus Furcht, Überzeugung oder Tradition. Gegen Misstrauen, Gier und die Kreativität des Bösen kann sich das Recht auf Dauer schwerlich durchsetzen. Die Regeln hinken den Untaten meist hinterher. Man muss mit allem rechnen, zu jeder Zeit.

 

Sie spielen den Advocatus Diaboli. Wir können gerne die Rollen tauschen: Wie lässt sich denn der Mensch Ihrer Ansicht nach am besten zähmen?

Wenn man Menschen, Gruppen oder sogar ganze Gesellschaften «zähmen» wollte, würde man sich übernehmen. Aber klar ist: extreme Ungleichgewichte, Überlegenheiten und Abhängigkeiten sind zu vermeiden. Sonst hat die Mehrheit so viel Macht, dass sie die Minderheit einsperren, vertreiben oder einfach umbringen kann. Am besten «zähmt» man die Menschen, indem man ihnen Macht raubt, indem man also die Freiheit stärkt.

 

Dafür braucht es – wiederum – den Rechtsstaat und den Minderheitenschutz.

Natürlich braucht es einen Rechtsstaat, aber wenn Sie sich als Individuum allein auf das Recht verlassen, kann es eines Tages ein böses Erwachen geben. Gegen Macht hilft zuletzt nur Gegenmacht.

 

Rufen Sie nun zum zivilen Ungehorsam auf?

Ich rufe zu gar nichts auf, aber es schadet nichts, sich an die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat zu erinnern, wie sie der altlibertäre Henry Thoreau verkündet hat. Mit «Gegenmacht» meine ich die Bündelung der Kräfte, die den einzelnen schützen. Das können manchmal sogar staatliche Massnahmen sein.

 

Sie vertrauen dem Rechtsstaat partout nicht.

Die faktische Geltung von Recht ist eine Frage der Macht. Die allermeisten Regulierungen ergeben sich aus gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen. Nur Idealisten sehen im Recht ein Set von Normen, das allen dient. Recht ist zuvörderst eine institutionelle Tatsache. Wie es beschlossen und durchgesetzt wird, das ist ein sozialer Prozess, ein Machtkampf.

 

Die herrschende Klasse gegen die unterdrückte Klasse: das klingt nach einem überholten marxistischen Gesellschaftsbild.

So habe ich es nicht gemeint, es geht weniger um soziale Klassen als um den Konflikt zwischen Mehrheiten und Aussenseitern, zwischen dominanten Koalitionen und Minderheiten. Im übrigen war Marx ein glänzender Machtanalytiker – und alles andere als ein Marxist. Meist stehen sich nicht zwei Blöcke gegenüber, sondern eine Mehrzahl von Machtgruppen mit diversen Interessen, Mitteln und Kräften. Und was das Recht anlangt: Legislative und Justiz existieren nicht ausserhalb der sozialen Welt. Ihr Personal ist von den herrschenden Kräften und Ideen infiziert. Gerichte fällen selten antikonformistische Urteile.

 

Aber es gibt doch objektive Regeln, die für alle gleich gelten.

Manche sind dabei etwas gleicher als andere. Regeln müssen erst einmal durchgesetzt werden. Viele Regeln existieren nur auf dem Papier, und viele Untaten bleiben ungesühnt. Nur diejenigen Gesetze werden anerkannt, die man fürchten muss, weil sie nämlich wirklich exekutiert werden.

 

Wir statten den Staat mit der Macht aus, sie durchzusetzen.

Wer ist der Staat? Er ist nichts anderes als ein Feld von Institutionen und Machtgruppen. Sie entscheiden letztlich, welches Recht beschlossen wird, welche Taten geahndet werden und welche nicht.

 

In Ihren Büchern schlagen Sie drastische Töne an. Die Aufweichung der Privatsphäre sei der Anfang vom Ende freiheitlicher Gesellschaften…

…Privatheit ist der erste Schutzwall der Freiheit. Diese Gegenmacht des Individuums wird geschützt durch das Geheimnis. Viele subversive Gruppen beginnen in der Konspiration. Aber auch der unbescholtene Bürger in einer offenen Gesellschaft hat oft keine andere Chance zu seinem Selbstschutz als das Geheimnis.

 

Aber gerade dadurch liefert er der Obrigkeit einen Vorwand, ihn auszuspionieren.

Wer nicht alles offenlegt, ist der Obrigkeit verdächtig. Deshalb ist ein doppeltes Geheimnis vonnöten: ein Geheimnis, das so geheim ist, dass es überhaupt nicht als Geheimnis wahrgenommen wird. Niemand darf den Hauch einer Ahnung davon haben, dass überhaupt etwas geheimgehalten wird.

 

Das Geheimnis, von dem Sie sprechen, wird so immer kleiner. Man hütet es sozusagen im Keller und freut sich darüber, dass niemand davon weiss. Doch hat es keine Bedeutung mehr für das eigene Leben, weil man sich längst angepasst hat.

Ernst Jünger, der ein gespaltenes Verhältnis zur Obrigkeit hatte, plädierte einst für äusseren Konformismus mit Mentalreserve: ich tue, was alle von mir erwarten, aber ich denke mir meinen Teil. Das ist für ein selbständiges Leben definitiv zu wenig. Die nächste Stufe wäre: ich nutze den Konformismus, um im Geheimen noch etwas anderes zu tun…

 

…mit Verlaub, aber das klingt subversiv-reaktionär…

…man kann das auch ganz defensiv verstehen. Letztlich sollte sich jeder Normalbürger um seine Geheimnisse kümmern. Aus Geheimnissen lässt sich Kraft schöpfen, sie immunisieren, machen unabhängig. Wenn andere von einem alles wissen, während man selbst sehr wenig von ihnen weiss, dann hemmt dies das Denken und Handeln. Man wird vorsichtig, fühlt sich womöglich beobachtet, ausspioniert, ausgeliefert, ohnmächtig.

 

In Ihrem Buch «Verteidigung des Privaten» warnen Sie vor einer ungehemmten Ausdehnung staatlicher Macht. Dabei haben Sie zweifellos auch den deutschen Staat im Blick. Der Zugriff auf seine Bürger wird immer dreister.

In Deutschland herrscht noch immer die Vorstellung, der Staat könne so etwas wie der Hüter der Sittlichkeit sein – der Staat als Nachfolger der Kirche. Er soll nicht die Freiheit schützen, sondern die Menschen erziehen, soll ein Polizeistaat sein im Sinne der altpreussischen Polizey, also der Sitten- und Hygienepolizei, die mit bester Absicht die Bürger ins gute Leben treibt.

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Was genau stört Sie am aktuellen Zustand?

Das ausufernde System obrigkeitlicher Fürsorge. Mir wird gesagt, wieviel Fettsäuren ich essen, wieviel Sport ich treiben, wieviel Alkohol ich trinken, wieviel Energie ich verbrauchen soll. Überall werden Missbräuche und Übergriffe vermutet. Wir sind auf dem Weg in die totale Präventionsgesellschaft. Jede Abweichung wird observiert, registriert, sanktioniert.

 

Hegel hat im deutschen Staat auch die Verkörperung des objektiven Geistes gesehen. Was der Staat macht, ist per definitionem vernünftig. Er kann nicht irren.

Das Verhältnis der Deutschen zum Staat ist viel simpler. Es wird bestimmt von dem, was der deutsche Soziologe Heinrich Popitz den «Ordnungswert der Ordnung» genannt hat: der Staat erhält seine Legitimität einfach dadurch, dass er für Ordnung sorgt. Das allein reicht schon, um Gehorsam zu erzeugen.

 

Der Etatismus als neue Religion. Wie fromm sind denn die Deutschen?

Lenin hat einmal bemerkt, die Deutschen würden, bevor sie in einer Revolution den Bahnhof besetzen, erst noch eine Bahnsteigkarte lösen. Schauen Sie sich die letzten 150 Jahre an. Zuerst gab es das Kaiserreich, das dauerte bis 1918. Dann kommt eine Revolution, eine kurzlebige Demokratie mit politischen Attentaten und Putschversuchen in den 1920er und 1930er Jahren. Anschliessend die Nazis, die den Sozialstaat ausbauten und sich so die allgemeine Zustimmung sicherten. Dann kam – durch den Sieg der Alliierten, nicht durch eigenes Verdienst – der rheinische Kapitalismus, also eine christlich-fürsorgliche Marktwirtschaft mit stark etatistischen Zügen. Im Osten herrschte in derselben Zeit Staatssozialismus. Sie haben also eine lange Tradition des Obrigkeitsstaates im Herz und Hirn der Untertanen. Diesen Gott beten viele, allzu viele Menschen weiterhin an.

 

Sie plädieren für den Rückzug ins Private. Aber ginge es in einer Demokratie nicht gerade umgekehrt darum, an der öffentlichen Debatte teilzunehmen und auf diesem Weg etwas zu verändern?

Nein, kein Rückzug ins Private, sondern Verteidigung des Privaten durch öffentlichen Widerspruch, aber ohne Illusionen über die Demokratie. Was ist schon Demokratie?

 

Es ist der Versuch einer Gesellschaft, sich kollektiv selbst zu bestimmen und dadurch alle an der Macht teilhaben zu lassen.

Nein, Demokratie ist ein Herrschaftssystem, das sich auf eine Mehrheit beruft, eine Form der Eliteherrschaft also. Die Mehrheit legitimiert, wer in ihrem Namen über den einzelnen entscheidet, wobei die Demokratie den grossen Vorteil hat, dass die politische Elite periodisch ausgetauscht werden kann. So wird man zwar das Personal los, aber nicht die Positionen. Die Idee von der Identität von Regierenden und Regierten, die der Ideologie der repräsentativen oder partizipativen Demokratie zugrunde liegt, ist jedenfalls ein Traumgebilde.

 

Jedes politische System ist ein System politischer Herrschaft.

Genau. Es wäre idiotisch, den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur, zwischen einem Rechts- und einem Willkürstaat zu leugnen. Aber man sollte damit aufhören, die demokratische Eliteherrschaft zu verniedlichen. Wir können auch in Demokratien tagtäglich beobachten, wie Macht erobert, gesichert, ausgedehnt, missbraucht und gegen Widerstand verteidigt wird, notfalls mit Repression und Gewalt.

 

Eine Gegenmacht zur Politik ist der Markt.

Ja, klar, aber auch im Markt geht es um Macht – um ökonomische Macht. Jeder Anbieter versucht, seine Konkurrenten auszustechen. Er strebt nach dem Monopol auf seinem Gebiet, denn sonst ginge er unter. Hat er das Monopol, kann er die Preise diktieren. Wie kann dieser Mechanismus der Monopolisierung und Oligarchiebildung verhindert werden?

 

Indem man zum Beispiel eine Kartellbehörde gründet. Aber heute ist das Problem ein anderes: die unheilige Allianz von Behörden und Unternehmen.

Wenn der Staat nicht eingreift, bilden sich Kartelle, und das ist nicht im Interesse der Konsumenten. Der Staat hat gar keine andere Wahl, als einzugreifen. Die Frage ist, wie unabhängig die Behörden von den ökonomischen Machtgruppen sind. Werden die Grenzen durchlässig, dann haben wir es mit Korruption zu tun, im schlimmsten Fall mit einer Verschmelzung von Wirtschaftsmonopol und staatlichem Gewaltmonopol.

 

Die beste Gegenmacht gegen Kartelle und Monopole ist der spielende Markt, nicht der intervenierende Staat.

Wie wollen Sie den freien Markt garantieren, ohne die dominante Marktmacht zu beschneiden? Damit der Markt wieder spielen kann, muss die ökonomische Vormacht durch sozialen Druck oder Ungehorsam zurückgedrängt werden. Und manchmal ist ökonomische Macht nur mit politischer Macht zu kontern.

 

Umgekehrt schafft jede staatliche Marktintervention Begünstigte und Benachteiligte. Das wird viel zu wenig bedacht.

Es ist immer ein Machtkampf zwischen ökonomischen und politischen Kräften. Gesellschaft ist ein einziges Kräftefeld.

 

 

 

Wolfgang Sofsky, geboren 1952, war bis 2000 Professor für Soziologie und arbeitet heute als freier Autor. Im Zentrum seiner Veröffentlichungen steht die Analyse politischer, sozialer und ökonomischer Macht- und Herrschaftsformen. Zuletzt erschienen sind «Das Buch der Laster» (2009), «Verteidigung des Privaten» (2007) und «Das Prinzip Sicherheit» (2005). Für seine Habilitationsschrift
«Die Ordnung des Terrors – Das Konzentrationslager» erhielt er 1993 den Geschwister-Scholl-Preis.

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