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Wo die wilden Kerle wohnen

Die Geschichte des «Schweizer Monats» liegt nun in Buchform vor – und sie ist «bewegt». Ein beliebter Ausdruck für Annalen, vielsagend und doch vage. Seit einem halben Jahr bin ich Teil des kleinen Teams an der Vogelsangstrasse. Und zugegeben: bis auf ein paar wenige Artikel Hermann Burgers waren mir die «Monatshefte» bislang eine Terra incognita. […]

Die Geschichte des «Schweizer Monats» liegt nun in Buchform vor – und sie ist «bewegt». Ein beliebter Ausdruck für Annalen, vielsagend und doch vage. Seit einem halben Jahr bin ich Teil des kleinen Teams an der Vogelsangstrasse. Und zugegeben: bis auf ein paar wenige Artikel Hermann Burgers waren mir die «Monatshefte» bislang eine Terra incognita.

Als es an die Recherche in den Archiven ging, begann ich naturgemäss am Anfang. 1921. Und dachte: wo bin ich hier gelandet? Volksbund, Heimatschutz, Deutschschweizerischer Sprachverein? Dann die frühen 1930er mit raunenden, ungeniessbaren Texten über nationale Erneuerung? Ich hielt mich an Hannah Arendt, die schrieb: «Begreifen bedeutet, sich aufmerksam und unvoreingenommen der Wirklichkeit, was immer sie ist oder war, zu stellen und entgegenzustellen.»

Und so setzte ich die Arbeit fort, Artikel, Autoren und Themen aus 92 Jahren zu sichten. Die Quellenlage ist gigantisch. Sie böte Untersuchungsmaterial für hundert Bücher von hundert Kultur-, Sprach-, Sozial-, Polit- und Medienwissenschaftern. Als Germanistin waren diese Quellen mir vor allen Dingen das, was mir auch die Literatur ist: Geschichten von Menschen in Zeiten und Umständen, Möglichkeiten von Lebensläufen. In diesem Falle: von Zeitschriftenmachern.

Meine Lieblingsperiode der «Schweizer Monatshefte» sind denn auch die 1970er und 1980er Jahre mit Kulturredaktor Anton Krättli und seinem Literatenkreis (Hermann Burger!), den er pflegte und doch nicht verhätschelte. Und mit François Bondy, dem Weltenbürger, der nie ohne eine Tasche voller Zeitungsausschnitte die Redaktionsräume betrat.

«Geschichte» bäumt sich oft als unbezwingbarer Berg von Namen und Zahlen vor einem auf, ist Terra incognita, wo Drachen und die wilden Kerle wohnen. Alle Ausgaben der «Schweizer Monat»-Vorgängerzeitschriften sind über retro.seals.ch online zugänglich. Die Expedition lohnt sich hundertfach. Gerüstet mit Hannah Arendts Blick: nüchtern, aber nie leidenschaftslos.

 

Mehr zur Geschichte dieser Zeitschrift: siehe Artikel von Andrea Franc.

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