Wo die typischsten Schweizer wohnen
Ein neuer Sammelband liefert überraschende Erkenntnisse über Volksabstimmungen.
Die direkte Demokratie ist nicht nur politisch wertvoll. Dadurch, dass die ganze Nation alle drei Monate an die Urne gerufen wird, hat sich auch ein einzigartiger Schatz von Daten angesammelt. Die Politikwissenschaft hat bis jetzt aber nur einen kleinen Teil dieses Potenzials genutzt. Einen Beitrag, das zu ändern, leistet ein neuer Sammelband. Unter dem profanen Titel «Direkte Demokratie in der Schweiz» vereinigen die Herausgeber Hans-Peter Schaub und Marc Bühlmann neun Kapitel, die unterschiedliche Themen von der Umweltpolitik über den Röstigraben bis zur Digitalisierung der Demokratie beleuchten.
Man erfährt etwa, dass eine stärkere Mobilisierung entgegen der landläufigen Meinung nicht zu einer schlechteren Entscheidqualität führt. Im Gegenteil: Eine höhere Stimmbeteiligung geht mit einer besseren Information der Abstimmenden einher. Auch die Idee, dass die Unterschriftenhürden für Volksinitiativen und Referenden zu tief seien, wird relativiert. Gerade bei fakultativen Referenden sagt die Zahl der gesammelten Unterschriften wenig darüber aus, wie viel Rückhalt ein Anliegen in der Bevölkerung hat – auch Referenden, die nur knapp zustande kommen, können an der Urne durchaus erfolgreich sein. Ein weiterer Beitrag untersucht, welcher Kanton bei Abstimmungen im Schnitt am nächsten beim nationalen Resultat liegt (Spoiler: Es ist nicht der vermeintlich durchschnittliche Aargau).
Zwar dürfte der praktische Nutzen nicht bei allen Untersuchungen gleichermassen hoch sein. Gleichwohl zeigt das Buch, dass es lohnenswert ist, den Schatz an Daten von Volksabstimmungen verstärkt anzuzapfen und zu nutzen. (lz)
Hans-Peter Schaub, Marc Bühlmann (Hrsg.): Direkte Demokratie in der Schweiz. Neue Erkenntnisse aus der Abstimmungsforschung. Zürich: Seismo, 2022.