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Wie werden Fahrzeuge in  Zukunft angetrieben?
Christian Bach, zvg.

Wie werden Fahrzeuge in
Zukunft angetrieben?

Elektroautos, Hybride, Fahrzeuge mit Brennstoffzellen oder Verbrenner mit synthetischen Treibstoffen haben spezifische Vor- und Nachteile. Im Transportsystem der Zukunft könnten die unterschiedlichen Antriebe gewinnbringend zusammenspielen.

Das «alte Normal» bei den Antrieben von Personenwagen sind Benzin- und Dieselmotoren. Weltweit existieren rund 1,4 Milliarden Fahrzeuge, die so angetrieben sind. Nur rund 5 Prozent der Autos haben einen anderen Antrieb: Knapp 30 Millionen Fahrzeuge fahren mit Erdgas/Biogas (Compressed Natural Gas, CNG), ebenfalls knapp 30 Millionen mit Flüssiggas (Liquified Pe­troleum Gas, LPG) und knapp 20 Millionen Fahrzeuge sind elektrisch angetrieben. Ausserhalb der Personenwagen, also bei Liefer- und Lastwagen, Bussen sowie bei Bau- und Landwirtschaftsmaschinen, sind fast ausschliesslich Diesel­antriebe im Einsatz.

Eher teuer, aber trotzdem interessant: Wasserstofftankstelle im deutschen Herten, Nordrhein-Westfalen.
Bild: Rupert Oberhäuser/Mauritius Images/Keystone.

Mit Verbrennungsmotoren hat die Strassenmobilität aber nicht begonnen. Im 19. Jahrhundert haben zuerst Elektroantriebe die umständlichen Dampfmaschinen in Fahrzeugen abgelöst. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts eroberte dann der Verbrennungsmotor den Fahrzeugmarkt und dominierte diese Anwendung seither praktisch vollständig. Mit ein Grund ist seine universelle Anwendbarkeit: Das Hubkolbenprinzip konnte für den Antrieb von Mofas über alle Arten von Motorrädern, Fahrzeugen für den Personen- und Gütertransport, Spezialfahrzeugen, Bau- und Landwirtschaftsmaschinen, Lokomotiven, kleineren Flugzeugen bis hin zu riesigen Schiffen eingesetzt werden. Dies sowohl in sehr kalten Regionen mit Temperaturen bis –50° C wie auch in Regionen mit hohen Temperaturen von über 50° C. Ebenfalls massgeblich an der dominanten Marktentwicklung beteiligt war die vergleichsweise einfache Energieversorgung.

So weit, so bekannt. Aber wie wird sich das «neue Normal» bei den Fahrzeugantrieben darstellen? Zeichnet sich ein vollständiger Wechsel auf batterieelektrische Antriebe ab? Werden wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenelektro­antriebe signifikante Marktanteile erobern? Und kann sich der mit synthetischen Treibstoffen betriebene Verbrenner in gewissen Anwendungen behaupten? Zumindest das Ziel der Transformation bei den Automobilantrieben ist klar: möglichst niedrige Treibhausgasemissionen. Doch genau das ist – wie so oft – einfacher gesagt als getan, wenn man etwas in die Tiefe geht.

Fünf verschiedene Antriebstechnologien

Heute stehen für Strassenfahrzeuge im wesentlichen fünf Antriebskonzepte zur Wahl (siehe Grafik 1), nämlich reine Verbrenner, Hybrid- und Plug-in-Hybridkonzepte sowie Brennstoffzellen- und batterieelektrische Antriebe. Verbrenner, Hybride und Brennstoffzellenantriebe verwenden chemische Energieträger beziehungsweise Treibstoffe. Der batterieelektrische Antrieb sowie Plug-in-Hy­bride im Elektro­modus setzen elektrische Energie ein.

Verbrennungsmotoren wandeln chemische Energie über die Verbrennung in mechanische Leistung um. Ähnlich wie beim Fahrrad, wo das obere Pedal mit Muskelkraft nach unten gedrückt und die Kraft über ein Zahnrad­kettengetriebe an das Antriebsrad weitergeleitet wird, führt die Wärmezufuhr im Brennraum oberhalb der Kolben zu einer Ausdehnung der angesaugten Verbrennungsluft, was den obenstehenden Kolben nach unten drückt. Das ist zwar sehr ineffizient – zwischen 50 und 70 Prozent der als Treibstoff zugeführten Energie gehen als Abwärme verloren –, aber sehr effektiv, da Verbrennungsmotoren gut gekühlt werden können und sie sich deshalb insbesondere für hohe Dauerleistungen, wie sie in Lastwagen oder im Anhängerbetrieb gebraucht werden, gut eignen.

Hybridantriebe weisen sowohl einen Verbrennungsmotor als auch einen Elektroantrieb auf, allerdings mit ­wesentlich kleinerer Batterie als reine Elektrofahrzeuge. Es gibt unterschiedliche Arten von Hybridantrieben: Mikro- oder Mildhybride, die den Verbrennungsmotor mit elektrischem Anfahrdrehmoment unterstützen, aber keine Möglichkeit zum elektrischen Fahren aufweisen, Vollhy­bride mit einigen Kilometern elektrischer Reichweite und Plug-in-Hybride mit der Möglichkeit zum externen Laden der Batterie und 40 bis 70 Kilometern elektrischer Reichweite. Hybridantriebe sind aus technischer Sicht nicht uninteressant, denn sie kombinieren die unterschiedlichen Stärken von Verbrennern und Elektroantrieben (hohes Anfahrdrehmoment und Rekuperationsfähigkeit auf der Seite des Elektroantriebs, hohe Dauerleistungsfähigkeit und geringere Rohstoffabhängigkeit auf der Seite des Verbrennungsmotors). Allerdings sind sie auch schwerer, komplexer und teurer als Verbrenner. Sie weisen im Hy­bridmodus je nach Ausführung im Innerortsbetrieb 10 bis 30 Prozent und im Autobahnbetrieb 5 bis 10 Prozent nie­drigere Verbräuche auf als reine Verbrenner.

Mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenelektroantriebe haben einen Elektroantrieb mit kleiner Batterie, die nicht über ein Ladegerät, sondern im Fahrbetrieb über eine Brennstoffzelle als Stromgenerator aufgeladen wird. Brennstoffzellen weisen im Teillastbereich Wirkungsgrade von bis 60 Prozent und im Volllastbetrieb bis 40 Prozent auf. Sie arbeiten praktisch geräuschlos, benötigen aber hochreinen Wasserstoff (Reinheit von mindestens 99,999 Prozent), da sie ansonsten schnell altern und an Leistung verlieren. Der Wasserstoff wird in Personenwagen in Druckgasflaschen mit 700 bar und in Nutzfahrzeugen mit 350 bar an einer Tankstelle innert weniger Minuten betankt. Brennstoffzellenelektrofahrzeuge (PKW und LKW) weisen Reichweiten von 400 bis 600 Kilometern auf. Die Herstellung, Aufbereitung, Verteilung, Betankung und Nutzung von Wasserstoff erfordern viele vergleichsweise teure Technologieteile. Deshalb sind Brennstoffzellenfahrzeuge und Wasserstofftankstellen eher teuer. Interessant an Wasserstoff ist, dass die Herstellung und die Betankung voneinander entkoppelt sind. Das bedeutet, dass Wasserstoff dann erzeugt kann, wenn erneuerbarer Strom im Überschuss vorhanden ist. Brennstoffzellenantriebe weisen im Personenwagen- einen um 30 bis 50 Prozent und im LKW-Bereich einen um 10 bis 20 Prozent niedrigeren energetischen Verbrauch auf als Verbrenner.

Batterieelektrische Antriebe schliesslich wandeln elektrische Energie in Elektromotoren über Magnetfelder in mechanische Energie um. Die Effizienz von Elektro­motoren ist sehr hoch (85 bis 95 Prozent), und sie können im Fahrzeug beispielsweise bei der Bergabfahrt oder beim Bremsen auch generatorisch betrieben werden, um Bremsenergie mittels Rekuperation als Strom zurückzugewinnen. Die Kühlung von Elektromotoren hingegen ist anspruchsvoll, weshalb sie sich nicht ohne weiteres für hohe Dauerleistungen eignen. Deshalb weisen Elektrofahrzeuge niedrigere Höchstgeschwindigkeiten und geringere Anhängelasten auf als Verbrennerfahrzeuge. Die elektrische Energie wird im Fahrzeug in Batterien gespeichert. Moderne Batterien bestehen zu rund 10 Prozent aus elektrochemisch aktiven Rohstoffen wie Lithium, Nickel oder ­Kobalt, deren Produktion und Verarbeitung grösstenteils durch asiatische Länder, allen voran China, kontrolliert wird. Die anschliessende Batteriefertigung erfolgt für europäische Fahrzeuge zunehmend auch in Europa. Die Rohstoffversorgung für die Fertigung von Batterien ist eine Achillesferse der europäischen Automobilindustrie. Deshalb werden wohl die Rückbesinnung auf kleinere Batterien sowie die Entwicklung neuer Batteriematerialien, das mehrfache Nutzen und das Recycling von Batterien in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Elektropersonenwagen weisen einen drei- bis viermal und Elektrolastwagen einen zwei- bis dreimal niedrigeren Endenergieverbrauch auf als ihre Verbrennerpendants.

Das Ziel der verschiedenen Automobilantriebe ist immer das gleiche: die Bereitstellung der erforderlichen Antriebsleistung zur Überwindung von Beschleunigungs-, Steigungs- sowie Roll- und Luftwiderständen oder anders gesagt: zum Bewegen des Fahrzeugs. Die dafür erforder­liche Leistung wird primär durch die Fahrzeugmasse bestimmt sowie durch den Roll- und Luftwiderstand und die Steigung der zu befahrenden Strasse.

Die verwendete Endenergie steht im Fokus

Treibhausgasbilanzen beschreiben die mittleren Emissionen von Fahrzeugen über den gesamten Lebenszyklus (von der Herstellung über die Nutzung bis zur Verschrottung/Wiederverwertung) sowie von der Endenergie­bereit­stellung und -nutzung. Solche Öko- oder Treibhaus­gasbilanzen hängen von vielen fahrzeugspezifischen Faktoren ab, die leider nicht immer angegeben werden. Von hoher Relevanz für die Ergebnisse sind die Verbrauchswerte der Fahrzeuge sowie die Stromherkunft. Ohne mindestens diese Informationen sind Treibhausgasbilanzen völlig wertlos. Grafik 2 und 3 zeigen eine solche Treibhausgasbilanz für Fahrzeuge mit verschiedenen Antrieben. Im linken Diagramm sind die Treibhausgasemissionen für Mittelklassefahrzeuge dargestellt, wenn diese mit fossiler Energie betrieben werden, und im rechten Diagramm beim Einsatz mit erneuerbarer Energie.

Es zeigt sich, dass die Treibhausgasemissionen von Fahrzeugen nur wenig vom Antriebskonzept, sondern primär von der Herkunft der für den Fahrbetrieb eingesetzten Energie abhängen. Für die Reduktion der Treibhausgasemissionen von Fahrzeugen ist deshalb primär der Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie entscheidend und nicht das Antriebskonzept. Durch den Wechsel von fossiler auf erneuerbare Energie können die Treibhausgasemissionen insgesamt um 60 bis 70 Prozent gesenkt werden. Der Ort der Emission spielt für die Klimaveränderung keine Rolle, da das CO2 in der Atmosphäre nur sehr langsam abgebaut wird (über Hunderte bis Tausende von Jahren) und über die Luftströmung weltweit verteilt wird.

 

«Für die Reduktion der Treibhausgasemissionen von Fahrzeugen ist
­primär der Umstieg von fossiler auf ­er­neuerbare Energie
entscheidend und nicht das ­Antriebskonzept.»

 

Mit der Verwendung von erneuerbarer Energie für die Mobilität ist die Sache aber noch nicht geritzt! Dies ist zwar – wie oben gezeigt – für eine Reduktion der Treibhausgase notwendig, aber nicht hinreichend. Wird nämlich erneuerbare Energie für die Mobilität nur dem Energiesystem entzogen, fehlt sie dann möglicherweise in anderen Energiesektoren, in denen diese zuvor genutzt wurde, wo sie dann entsprechend mit fossiler Energie ersetzt werden muss. Das bedeutet, dass die Mobilität zwar sauberer wird, aber andere Energiesektoren schmutziger. Das wäre dann nur eine Verschiebung von Emissionen, die dem Klima nichts bringt. Die Fahrzeuge der Zukunft müssen mithelfen, dass mehr erneuerbare Energie in das Energiesystem integriert werden kann. Erst dann resultiert eine sichere Minderung von Treibhausgasen.

Das ganze System bedenken

Die Transformation des Schweizer Energiesystems mit dem geplanten Ausstieg aus der bandlastigen und saisonal ausgeglichenen Nuklearenergie (ca. 25 Terawattstunden an Elektrizität pro Jahr) und einem Zubau von fluktuierender und saisonal unausgeglichener Photovoltaik (ca. 35 bis 40 Terawattstunden pro Jahr) kann auf der technischen Seite durch Fahrzeuge in mindestens folgenden Bereichen unterstützt werden: Erstens könnte mit den Batterien von Elektrofahrzeugen in Summe eine enorme Kurzzeit­speicherkapazität bereitgestellt werden, um den Tag-Nacht-Ausgleich von Photovoltaikstrom zu unterstützen. Und dies, ohne zusätzliche Batterien bereitstellen zu müssen. Das bedeutet allerdings, dass Elektrofahrzeuge möglichst dauernd am Ladegerät angeschlossen sein müssten; tagsüber an normalen Ladesäulen, um PV-Strom speichern zu können, abends und nachts zu Hause an bidirektionalen Anlagen, um das Haus oder die Wohnung mit ­gespeichertem Photovoltaikstrom aus dem Elektroauto zu versorgen. Damit kann bei starkem Zubau von Photovol­taikanlagen ein Teil des überschüssigen Stroms nutzbar gemacht werden.

Mit dem verbleibenden Anteil an überschüssigem Strom kann zweitens Wasserstoff erzeugt und dieser in Brennstoffzellenfahrzeugen eingesetzt werden. Die Verwendung von Überschusselektrizität ist für den Zubau von Photovoltaikanlagen wichtig und somit für die Transformation des Strommarkts von Bedeutung. Die Reduktion von Wasserstofftechnologien auf den im Vergleich zur direkten Stromnutzung geringeren Wirkungsgrad kommt deshalb bei ganzheitlicher Betrachtung einer Übervereinfachung gleich.

Und drittens könnten erneuerbare biogene oder erneuerbare synthetische Treibstoffe, die rund um den Globus im Sonnengürtel oder in Off-Shore-Windparks mit enormen energetischen Potenzialen in katalytischen Verfahren aus erneuerbarem Wasserstoff und CO2 hergestellt werden können, nicht nur für Langstreckenanwendungen auf der Strasse, sondern auch für die Stromerzeugung im Winterhalbjahr eingesetzt werden. Dann nämlich, wenn die Schweiz (und ganz Europa) zu wenig energetische Ressourcen für eine Versorgung mit erneuerbarer Energie aufweist.

Was nun also wird zum «neuen Normal» bei den Fahrzeugantrieben? Das «neue Normal» muss die intelligent genutzte, erneuerbare Energie sein. Das Bundesamt für Energie (BFE) geht in den Energieperspektiven 2050+ davon aus, dass sich der aktuelle Endenergieverbrauch des Strassenverkehrs aufgrund der Elektrifizierung von 65 Tera­wattstunden pro Jahr (davon 97 Prozent fossile Energie) bis 2050 auf 37 Terawattstunden fast halbiert und vollständig auf erneuerbare Energie umgestellt werden kann, indem 4 Terawattstunden biogene erneuerbare Treibstoffe, 17 Terawattstunden elektrische Energie und 16 Terawattstunden synthetische Treibstoffe (inkl. Wasserstoff) eingesetzt werden. Der Einsatz von Elektrofahrzeugen und von synthetischen Treibstoffen (inkl. Wasserstoff) ist für die Erreichung der CO2-Ziele somit aus energetischer Sicht ungefähr gleich wichtig.

Auf keine Technologie verzichten

Welche Antriebstechnologien wo eingesetzt werden, ist wie oben gezeigt aus Sicht der Treibhausgasemissionen sekundär und wird wohl vom Markt anhand der ökonomischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten geregelt. Aus fahrzeugtechnischer Sicht können für die nächsten 30 Jahre folgende Trends erwartet werden: Personenwagen mit Elektroantrieb werden sich überall dort schnell verbreiten, wo diese privat aufgeladen werden können. Dies, weil es die wohl kostengünstigste und unkomplizierteste Art ist, ein Fahrzeug zu betreiben.

An in der Schweiz produziertem Wasserstoff wird man aufgrund der Ausgestaltung des künftigen Energiesystems kaum vorbeikommen. Deshalb könnten beispielsweise Lastwagen mit Brennstoffzellenantrieb im Bereich des nationalen Güterverkehrs einen signifikanten Marktanteil erobern. Diese Fahrzeuge fahren vorgegebene Routen, die bei optimaler Abstimmung über vergleichsweise wenige Tankstellen mit Wasserstoff versorgt werden können.

Und an im Ausland produzierten synthetischen Treibstoffen führt bei Nutzfahrzeugen im Langstrecken- und Spezialfahrzeugbereich (sowie im Schiffs- und Flugverkehr) kein Weg vorbei. Synthetische Treibstoffe können zu nie­drigen Kosten über weite Strecken transportiert werden, weshalb auch weit abgelegene und ansonsten nicht einsetzbare energetische Ressourcen genutzt werden können.

Um es in einem Satz zusammenzufassen: Wir werden auf keine dieser Technologien verzichten können. Das CO2-Ziel der Schweiz verlangt einen vollständigen Verzicht auf die Nutzung von fossilen Energien, und dies schon bis 2050, also in weniger als 30 Jahren.

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