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Wie eine Werbekampagne zum linguistischen Abenteuer wird

Wie kann man einer Zeitschrift Bekanntheit verschaffen, die nur einem ausgewählten Publikum bekannt ist – die aber qualitativ hochstehende Inhalte abseits des Tages- und Wochennewsgeschäfts liefert? Das war die Ausgangsfrage, die uns zu einer Entdeckungsreise in die molekularen Zusammenhänge der Sprache führte. Uns? Die Werbeagentur Havas Worldwide Zürich. Mit der neuen Kampagne für den «Schweizer Monat».

Wie eine Werbekampagne zum linguistischen Abenteuer wird

Am Anfang steht das Wort. Und das ist es, was den «Schweizer Monat» ausmacht. Nicht Bilder, nicht Newsticker, nicht Sensationen und Primeurs, sondern Wörter und darauf aufbauend Gedanken. Dem vom Philosophen René Scheu herausgegebenen Magazin attestiert zum Beispiel der Publizistikwissenschafter Kurt Imhof als einziger Zeitschrift der Schweiz lobend «bürgerliche Intellektualität». Der «Monat» sei eines der wenigen journalistischen Erzeugnisse der Schweiz, die permanent Reibung und Auseinandersetzung suchten und nicht «vom hohen Ross herab die immer gleichen Wahrheiten» verkündeten.

Ein interessantes Objekt also für eine Werbeagentur. Schliesslich kann es nicht einfach darum gehen, laut zu sein, wenn das Posaunen gar nicht zum Produkt passt. Dem «Monat» geht es darum, mit klugen Gedanken aufzufallen. Keine einfache Vorgabe – denn Gedanken finden üblicherweise in langen, komplexen Sätzen ihren Ausdruck. Und Werbung findet ihren in kurzen, einfachen Bildern oder Wörtern. Um das Selbstverständnis und die Qualität der Zeitschrift abzubilden, haben die Teams in der Kreation von Havas also an Wörtern und Gedanken herumstudiert. Und versucht, herauszufinden, wie sie einfach zu vermitteln wären.

Am Ende brachte uns ein Einfall zum Ziel, der sich beinahe zufällig manifestierte. Havas CEO Frank Bodin erinnerte sich an Beat Gloor, einen Texter, Schriftsteller und Sprachexperimentierer. In seinem «Textbausteinbruch» zerlegt der Sprachanalytiker und -schöpfer Wörter nicht in ihre allerkleinsten Einheiten, die einzelnen Buchstaben (oder Grapheme), sondern in die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten, die sogenannten Morpheme. Morpheme sind meist identisch mit den Wortsilben, aber nicht immer und nicht ganz. Die  Unterschiede sind oft nur vom Sprachwissenschafter auszumachen. Ein einfaches Beispiel: während das Wort «Segler» nach klanglicher Auftrennung in die Silben «Seg» und «ler» aufgeteilt wird, richtet sich die morphologische Aufteilung nach der Bedeutung: «Segl» (verweist deutlich auf das «Segel») und «er» (ist in seinem Kontext am Ende des Nomens eine klar erkennbare Endung).

Dieses Spannungsfeld zwischen Silben und Morphemen führte Gloor dazu, die kleinen bedeutungstragenden Einheiten immer wieder von neuem und kreativ unter die Lupe zu nehmen. Nicht nur analytisch, sondern auch synthetisch. Was mit einem Sammelband der Silben in der deutschen Sprache begann, wurde für Gloor zu einer Abenteuerreise in die Zufallsbedeutungen der Sprache. Sein Buch «uns ich er» förderte erstmals morphemische Trennungen ans Tageslicht, die nicht der Etymologie und der Logik entsprachen, sondern ihre eigene Logik erschufen. Perfekt für den «Schweizer Monat»: In Wörtern wie diesen liegt die Verblüffung, die Dinge anders zu sehen als gewöhnlich. Überraschende Wendungen aufzuzeigen und neue Zusammenhänge zu erschliessen. Wer dabei an eine Art Freudsche Verdichtung denkt,  liegt nicht falsch.

Da Frank Bodin und Beat Gloor immer wieder zusammengearbeitet hatten, lag es auf der Hand, Gloor um einige dieser erstaunlichen Worttrennungen zu bitten. Dabei kamen Perlen ans Tageslicht, die – im richtigen Zusammenhang gelesen – verblüffende Bilder zu aktuellen gesellschaftlichen oder politischen Themen abgaben. Zum Beispiel bedeutet «rechts gut achten» etwas anderes als das zusammengehängte «rechtsgutachten». Bei einigen Sujets konnten wir uns das Grinsen nicht verkneifen: etwa beim Wort «gen italien», wenn man es im Kontext der Affären Silvio Berlusconis betrachtet.

Das Resultat unserer Arbeit ist eine klare Positionierung und eine Kampagne für den «Monat», die auffällt, ohne einfältig zu sein. Der Anspruch an die redaktionelle Substanz manifestiert sich in einem neuen Claim: «Leider anspruchsvoll!» Was die anspruchsvolle Leserschaft von der Lektüre hat, zeigt die neue Kampagne aufs trefflichste: das Erkennen neuer Zusammenhänge.

Michael Kathe ist Creative Director von Havas Worldwide Zürich.


Zu Havas Worldwide Zürich/Genève
Havas Worldwide Zürich und Genève, ehemals Euro RSCG, ist eine der strategisch und kreativ führenden Agenturen für Marketingkommunikation. Sie bietet Werbung, Marketing sowie Lösungen für den Digitalbereich und für Social Media. Die Full-Service-Agentur verfügt über integrierte Units für Digital-Marketing (Havas Digital), Produktion (d+p) sowie Branding (StarBrand™) und überbrückt als eine der ganz wenigen Agenturen dank zwei Niederlassungen den Röstigraben. Die Schweizer Agenturen sind Teil der Havas-Gruppe (Euronext Paris SA: HAV.PA) – eine global vernetzte Power mit über 316 Agenturen in 75 Ländern, von der jederzeit auch Schweizer Kunden profitieren können.

 

Mit Kreativität das Buch «uns ich er» von Beat Gloor gewinnen!

Senden Sie uns Ihre eigenen Worttrennungen: Die besten fünf Ideen gewinnen eine von fünf Ausgaben von Beat Gloors «uns ich er». Als besondere Auszeichnung werden die Gewinnervorschläge in unsere Werbekampagne aufgenommen. Senden Sie Ihre Trennungen bis 15. April an: havas@schweizermonat.ch. Wir wünschen viel Glück!

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind alle in der Schweiz und in Liechtenstein wohnhaften Personen über 18 Jahre. Mitarbeitende des «Schweizer Monat» wie auch die Beteiligten der Werbeagentur sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Die Auswahl der Gewinner findet Ende April 2014 statt. Es wird keine Korrespondenz geführt. Der Preis kann weder umgetauscht noch in Bargeld umgewandelt werden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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