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Wie der Staat uns freundlich entmündigt
Zivilischützer betreut ein Baby, Bild: Generiert mit ChatGPT.

Wie der Staat uns freundlich entmündigt

Die Politik bietet sich den Bürgern als Freund und Helfer an. Doch das ist oft ein perfides Täuschungsmanöver, wie der neue Koalitionsvertrag in Deutschland zeigt.

Ich habe mir die Mühe gemacht, den neuen Koalitionsvertrag in Deutschland zu lesen – ein Dokument von Union und SPD, das auf den ersten Blick technokratisch, freundlich, vernünftig wirkt. Doch dahinter verbirgt sich mehr als nur eine neue Sozialpolitik. Was sich hier abzeichnet, ist ein leiser, aber gezielter Angriff auf Eigenverantwortung, Privatleben und die Idee des selbstbestimmten Bürgers.

Ein Abschnitt ist besonders aufschlussreich. Darin heisst es, man prüfe «ein jährliches Familienbudget für Alltagshelfer für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen, das wir digital zugänglich machen».

Was harmlos klingt – wie ein modernes Update der Nachbarschaftshilfe –, entpuppt sich als Baustein einer durchorganisierten Alltagswelt mit dem Staat als zentralem Akteur. Diese «Helfer» sind keine Omas, keine Freunde, keine Nachbarn. Es handelt sich um bezahlte Dienstleister, organisiert über Plattformen, staatlich gelenkt, steuerlich finanziert. Geplant ist sogar ein jährlich abrufbares Familienbudget – selbstverständlich digital.

Was hier entsteht, ist kein Entlastungsangebot, sondern ein Systemwechsel. Ein schleichender Ersatz gewachsener, freiwilliger Solidarität durch eine kalte Dienstleistungslogik. Hilfe wird zur Transaktion. Beziehung wird zur Buchung. Gemeinschaft wird zur Organisation.

«Was hier entsteht, ist kein Entlastungsangebot, sondern ein
Systemwechsel. Ein schleichender Ersatz gewachsener, freiwilliger
Solidarität durch eine kalte Dienstleistungslogik. »

Offiziell soll damit Schwarzarbeit bekämpft werden. Doch dieser Begriff ist ein politisches Täuschungsmanöver. Denn was tatsächlich kriminalisiert wird, ist nicht Ausbeutung, sondern selbstbestimmte Hilfe. Wer künftig privat unterstützt, ohne staatlich genehmigtes Portal, gerät unter Verdacht. Was früher selbstverständlich war – die Nachbarin, die einspringt, der Grossvater, der aufpasst –, wird neu zur Grauzone erklärt. Das ist kein Versehen. Das ist Strategie.

Komfort statt Verbote

Der Staat ersetzt nicht nur familiäre Strukturen – er entzieht den Menschen nach und nach die Fähigkeit zur Selbstorganisation. Nicht mit Verboten, sondern mit Komfort. Nicht mit Gewalt, sondern mit Service. Wer sich das eigene Leben nicht mehr zutraut, wird Kunde beim Staat. Wer nicht mehr selbst denkt, wird geleitet. Was als «Entlastung» verkauft wird, ist in Wahrheit das Abschleifen von Verantwortung.

Diese Logik ist nicht neu. Schon Antonio Gramsci, marxistischer Vordenker der 1930er-Jahre, erkannte: Macht entsteht nicht nur durch Politik, sondern durch kulturelle Hegemonie. Wer das Denken verändert, verändert das Verhalten. Familie, Religion, Schule – all das galt ihm als bürgerliche Bastion, die ersetzt werden müsse. Nicht durch offene Konfrontation, sondern durch das Unterwandern von Strukturen, neue Begriffe, neue Rituale. Und genau das sehen wir heute.

Die klassische Familie wird marginalisiert, Eigenverantwortung als überfordert abgestempelt, Fürsorge zum Dienst delegiert. Aus lebendigem Miteinander wird kalte Verwaltung. Der Mensch wird zur Einheit im Betreuungssystem – versorgt, verwaltet, gesteuert.

Das betrifft nicht nur Deutschland, sondern auch die Schweiz. Die «Alltagshelfer» sind kein Randthema. Sie sind der Prototyp eines Staates, der nicht mehr fragt, sondern macht. Und der das Private zunehmend als öffentlich definiert.

«Die ‹Alltagshelfer› sind der Prototyp eines Staates, der nicht mehr fragt, sondern macht. Und der das Private zunehmend als öffentlich definiert.»

Wir müssen wachsam sein – nicht erst bei Verboten, sondern bereits bei Begriffen. Bei Konzepten wie «Entlastung», «Betreuung» oder «Hilfe». Nicht jede staatliche Fürsorge ist ein Segen. Wer seine Freiheit behalten will, muss bereit sein, Verantwortung zu tragen – für sich, für andere, für das eigene Leben.

Denn wer dem Staat die Organisation seines Alltags überlässt, wird am Ende auch seine Sprache, seine Werte und sein Gewissen abgeben – mit einem Lächeln. Und einer staatlich bezahlten Helferin an der Tür.

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