Wer früher spart,  hat mehr davon
Liliane Grüter-Gebistorf, zvg

Wer früher spart,
hat mehr davon

Die Vorsorgewerke stehen vor unsicheren Zeiten. Umso wichtiger wird eigenverantwortliche Vorsorge. Wer zeitig und regelmässig etwas auf die Seite legt, vergrössert seinen Spielraum erheblich.

 

Ob eine Frühpensionierung in zehn Jahren aus finanzieller Sicht denkbar sei, wollte das Konkubinatspaar von mir wissen. Beide waren rund 50 Jahre alt, er Innenarchitekt, sie Augenärztin, beide kinderlos und in einer Mietwohnung im Kanton Luzern zu Hause. Ich studierte die erhaltenen Unterlagen. Eine Säule 3a hatten leider beide nicht. Dafür waren die beiden Pensionskassentöpfe gut gefüllt. Basierend auf dem erhaltenen Budget ergab sich ein hoher Einnahmenüberschuss. Somit lag eine komfortable finanzielle Situation vor. Für eine frühere Pensionierung würde es bestimmt reichen.

Bezüglich freier Vermögen lagen mir bloss drei Kontoauszüge mit etwas Liquiditätsreserve vor. Aufgrund des hohen Einnahmenüberschusses ging ich davon aus, dass mir Informationen fehlten, zum Beispiel Depotauszüge oder Unterlagen zu Sparkonten. Schliesslich hätte das Paar in den letzten 20, 25 Jahren vermutlich jedes Jahr eine fünfstellige Summe ansparen können. Ich fragte im Gespräch vorsichtig nach weiteren Vermögenswerten. Doch ich hatte mich getäuscht. Die circa 120 000 Franken auf den drei Konten waren alles, was die beiden – abgesehen von Autos, Uhren, Schmuck und einer Kunstsammlung – besassen. Wieso hatte das gut ausgebildete, sehr gut verdienende Paar über all die Jahre kaum Vermögen angespart? Wohin war der grosse jährliche Einnahmenüberschuss geflossen? Die beiden wussten es nicht.

Sie waren und sind damit nicht alleine. Viele Kunden fragen mich, wie sie Kosten für Versicherungen oder Hypotheken sparen oder ihre Steuerbelastung senken könnten. Sie möchten wissen, ob sie sich eine teure Renovation, ein Ferienhaus, eine Weltreise oder einen Erbvorbezug an die Kinder leisten können. Selbstverständlich analysieren wir diese Punkte gemeinsam. Aber Tatsache ist: Viel Geld versickert stetig und unbemerkt.

«Viel Geld ver­sickert ­stetig und unbemerkt.»

Einer meiner Söhne besucht seit den Sommerferien die Kantonsschule. Ich hatte ihm vorgeschlagen, ihm für das Znüni, das Mittagessen sowie ab und zu für etwas Süsses einen Pauschalbetrag zu überweisen. Er rechnete schnell aus, mit welchem Menü er täglich wie viel sparen könnte. Dieses Geld wollte er in seinen kleinen, neuen Aktiensparplan mit Exchange Traded Funds (ETF) auf den SMI und den MSCI World investieren. Selbstverständlich monierten die anderen Buben sofort, die Essenspauschale sei nicht zum Sparen gedacht. Aber setzen wir das Gedankenspiel doch trotzdem fort: Angenommen, mein Sohn würde durch eine gezielte Menüwahl täglich 1 Franken sparen. Wir rechnen der Einfachheit halber mit 15 eingesparten Franken pro Monat während 6 Jahren. Dieses Geld würde laufend in einen Sparplan investiert. Nach der Matura bliebe dieser Sparplan bis zur Pensionierung unangetastet. Bei einer angenommenen Nettorendite von 3 Prozent hätte mein Sohn bei seiner Pensionierung in diesem Sparplan ungefähr ein Guthaben von 4500 Franken. Wenn er nach der Matura bis zur Pensionierung weiterhin 15 Franken pro Monat investieren würde, wären es bei der Pensionierung ungefähr 22 500 Franken.

Hätten mein Kunde und seine Partnerin in den letzten 20 Jahren pro Monat je 500 Franken angespart, würden sie heute bei derselben angenommenen Nettorendite über zusätzliches Vermögen von mehr als 300 000 Franken verfügen. Die möglichen Steuerersparnisse durch Beiträge an Säulen 3a sind dabei noch nicht berücksichtigt. Basierend auf dem berechneten Einnahmenüberschuss wären in den letzten Jahren sogar jährliche Sparbeiträge von 40 000 bis 50 000 Franken möglich gewesen. Ein heutiges Guthaben im hohen sechsstelligen oder gar siebenstelligen Bereich wäre also durchaus realistisch gewesen. Das hätte nicht nur die gewünschte Frühpensionierung um den 60. Geburtstag der beiden Konkubinatspartner ermöglicht, sondern auch massgeblich dazu beigetragen, den finanziellen Lebensstandard im dritten Lebensabschnitt beizubehalten.

Priorisierung von Wünschen

Nach der Pensionierung wird das Paar mit deutlich weniger Einnahmen leben müssen. Bei einer ordentlichen Pensionierung wären es gemäss der erstellten Finanzplanung rund 35 Prozent weniger, bei der gewünschten Frühpensionierung rund um die beiden 60. Geburtstage sogar etwa 45 Prozent weniger. Für die beiden Konkubinatspartner stellt sich nun die Frage, was für sie Priorität hat: Möchten sie an…

«Kritische Themen werden
adressiert und gut recherchiert.»
Dani Stüssi, CEO RealUnit Schweiz AG,
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