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Weltspitze bleiben
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Weltspitze bleiben

Im globalen Wettbewerb der Rechtsordnungen sollte sich die Schweiz stärker vermarkten. Sie kann sich positionieren als Wahlheimat für die Besten von jenen, die frei leben und arbeiten möchten.

 

Wir befinden uns mitten im Übergang vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter, und jeder einzelne, jede Firma spürt es. Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr, Prozesse verändern sich, die Kommunikation wandelt sich komplett. Viele bisherige Gewinner werden in den nächsten Jahren zu Verlierern werden. Und neue Gewinner kommen hoch. Wie etwa der 21jährige Dadvan Yousuf, der im bernischen Ipsach in einer Flüchtlingsfamilie aus dem Nordirak aufgewachsen ist und nun, wie die NZZ berichtete1, mittels geschickter Transaktionen mit Kryptowährungen so vermögend geworden ist, dass er ein Family Office gegründet hat.

Aufsteiger wie Yousuf wird die Informationsgesellschaft zuhauf produzieren: Influencer, Coder, Trader. Es sind oft hochintelligente und hochambitionierte Menschen, die neue Entwicklungen zuerst sehen und geschickt auszunützen wissen. Diese eigentlichen Stars der Informationsgesellschaft werden eine neuartige globale Elite bilden. Das Ding ist: Sie können nicht nur von überall herkommen, sie können auch überall arbeiten. Und sie werden ihre Einkünfte und ihr Vermögen mittels Kryptografie zunehmend unbemerkt vor Steuereintreibern aufbewahren können. Ineffiziente Hochsteuerstaaten, die glauben, es werde ein Kinderspiel sein, diese neue Elite zu besteuern, werden sich noch wundern. Wer irgend kann, flüchtet bereits jetzt aus Weltgegenden mit schlechter Infrastruktur und unfähigen Behörden, in denen es an Sicherheit, Freiheit und Effizienz mangelt. Die Besten gehen überall immer zuerst – warum also nicht als Staat, wie jede Fussballmannschaft und jede Firma, darauf setzen, dass die grössten Talente ins eigene Team kommen? Der deutsche Ökonom Gunnar Heinsohn vertritt die Meinung2, der Westen sollte sie aktiv in Ostasien suchen gehen.

International Talente suchen und finden

Wer über die nötigen Qualifikationen verfügt, die im Informationszeitalter zu Einfluss, Macht und Geld führen werden, wird bereit sein, Jurisdiktionen, die persönliche Sicherheit und Rechtssicherheit bieten sowie eine gute Infrastruktur bereitstellen, zu akzeptieren und mit einem angemessenen Betrag zu finanzieren. Es wird weniger eine Beziehung zwischen einem Nationalstaat und einem Staatsbürger sein als vielmehr eine Beziehung zwischen einem Jurisdiktionsanbieter und einem Kunden. Auf dem neu entstehenden Markt der Jurisdiktionen hat die Schweiz einen Startvorteil, ist sie doch bereits schon weltbekannt für Freiheit, Sicherheit, Effizienz, Bescheidenheit. Sie sollte also versuchen, den talentiertesten und tüchtigsten Individuen auf lange Frist eine Heimat zu bieten. Und wenn es keine Heimat ist, dann wenigstens eine Homebase. Nicht nur, weil Influencer, Coder und Trader die neuen guten Rechtsstaatskunden von morgen sein werden, sondern weil sie Firmen gründen werden und so andere Menschen in der Schweiz zu Auskommen und Wohlstand führen werden, die ihrerseits zu guten Rechtsstaatskunden werden.

Stimmt das Angebot, kommen solche Leute von alleine. Personen aus Europa wandern mittels der Personenfreizügigkeit bereits jetzt legal in die Schweiz ein. Wie etwa der Däne Niklas Nikolajsen, der 2011 einreiste, 2013 Bitcoin Suisse gründete und heute in Zug mehr als 200 Mitarbeiter beschäftigt. In der Stadt Zug, dem Herz der Region, die als «Cryptovalley» bekannt wurde und dem Finanzplatz Schweiz dringend benötigte Impulse setzen kann, kann man bereits heute seine Steuerrechnung in Bitcoin bezahlen. Ausserhalb des Schengenraums Personen anziehen könnte eine Zuwanderungsgebühr, wie sie Ökonom Reiner Eichenberger im «Schweizer Monat» skizzierte. Ein solcher Zugang über eine Gebühr sei den Kontingenten, wie sie aktuell für Nicht-EU-Ausländer in Kraft sind, weit überlegen, schrieb Eichenberger 20153: Offene Stellen können so sofort besetzt werden und die Abgaben bringen Staatseinnahmen. Sie funktionieren gut im föderalistischen System und sind kompatibel mit der vollen Personenfreizügigkeit mit der EU.

«Diese eigentlichen Stars der Informationsgesellschaft

werden eine neuartige globale Elite bilden.

Das Ding ist: Sie können nicht nur von überall

herkommen, sie können auch überall arbeiten.»

Der grosse Einfluss von Ausländern auf die Innovationskraft der Schweiz ist unverkennbar. Es waren Firmengründungen von Ausländern wie Carl Franz Bally 1851, Alexander Clavel 1859, Franz Bauer 1862, Florentine Ariosto Jones 1868, Gustav Henckell und Gustav Zeiler 1886 sowie Walter Boveri und Charles Brown 1891, die zu den Schweizer Firmen Bally, Novartis, Dormakaba, IWC, Hero und ABB führten, die alle heute noch bestehen. Warum sind diese Männer in die Schweiz gekommen, um ihre Unternehmen zu gründen? Die Antwort liegt in der liberalen Grundordnung, in der Eigentumsgarantie, in der Freiheit, die der Staat ihnen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewährt hat. Ein Trend, der bis heute anhält. Der Hamburger Speditionsunternehmer Alfred Kühne etwa verlegte seine Firma 1975 in die Schweiz, weil er Enteignung befürchtete unter SPD-Kanzler Willy Brandt. Heute beschäftigt das internationale Logistikunternehmen Kühne + Nagel vom schwyzerischen Schindellegi aus weltweit fast 80 000 Menschen.

Das souveräne Individuum wählt die Jurisdiktion

«Bei einer Wahl des Wohnsitzes werden nur die Patriotischsten oder Dümmsten weiterhin Hochsteuerländer wählen», prophezeiten die Autoren James Dale Davidson und Lord William Rees-Mogg bereits 1997 in ihrem Werk «The Sovereign Individual». Sie schrieben: «Im neuen Jahrtausend wird von privaten Märkten kontrolliertes Cybergeld das von Regierungen ausgegebene Fiatgeld ersetzen. Nur die Armen werden Opfer der Inflation und der daraus resultierenden Einbrüche in die Deflation, die Folgen der künstlichen Hebelwirkung sind, die Fiatgeld in die Wirtschaft einbringt. Ohne den gewohnten Spielraum für Steuern und Inflation werden Regierungen selbst in traditionell bürgerlichen Ländern böse. Da die Einkommenssteuer uneinbringlich wird, werden ältere und willkürlichere Erhebungsmethoden wiederauftauchen.»

Die Autoren vermuteten auch, dass Nationalstaaten, um ihren Machtverlust in einer globalen Welt nicht einfach hinzunehmen und zu verschwinden, dazu übergehen würden, verdeckt zu handeln. Bemerkenswert angesichts des 23 Jahre später ausgebrochenen Covid-19-Virus ist dieser Satz aus dem Buch: «Das Reisen könnte durch biologische Kriegsführung, etwa durch den Ausbruch einer tödlichen Epidemie, wirksam unterbunden werden. Dies könnte nicht nur die Reiselust bremsen, sondern auch Rechtsordnungen auf der ganzen Welt einen Vorwand liefern, ihre Grenzen abzuriegeln und die Einwanderung zu begrenzen.»

Organisationen wie die OECD versuchen derzeit, den Standortwettbewerb unter den Staaten zu beschränken und die Steuerregimes zu «harmonisieren», was nichts anderes bedeutet als: auszuschalten. Will sich die Schweiz nicht aktiv ihrer Vorteile entledigen, muss sie sich diesem Ansinnen mit aller Kraft entgegenstellen. Die föderal organisierte, neutral und unabhängig agierende Schweiz hat bekanntlich stets funktioniert, indem sie die wohlstanderzeugenden Unternehmer zu den wichtigsten Personen im Land gezählt hat. Und indem sie als Gegenmodell zu zen­tralistischen Ländern mit viel Bürokratie, hohen Steuern und autoritären Politikern, Monarchen oder Diktatoren aufgetreten ist.

«Auf dem neu entstehenden Markt der Jurisdiktionen hat die Schweiz

einen Startvorteil, ist sie doch bereits schon weltbekannt für Freiheit,

Sicherheit, Effizienz, Bescheidenheit. Sie sollte versuchen,

den talentiertesten und tüchtigsten Individuen

auf lange Frist eine Heimat zu bieten.»

Die Spitze der heutigen von Steuergeldern lebenden Berufspolitiker organisiert sich zunehmend global und zieht mit einem riesigen Sicherheitsapparat im Wagentross von Luxuslimousinen von Klimakongress über G8-Gipfel bis zum World Economic Forum (WEF). Bei globalen Organisationen ist besondere Vorsicht geboten. Je mehr Teile eine Organisation umfasst und je heterogener sie ist, umso zentralistischer wird sie geführt werden müssen, umso dysfunktionaler wird sie sein. Die Schweiz sollte deshalb Abstand halten oder Abstand nehmen zu internationalen Organisationen. Private sollen sich natürlich (mit eigenem Geld) jederzeit global oder europaweit organisieren können. Diese Vorsicht hat Tradition: Diese Zeitschrift, der «Schweizer Monat», wurde 1921 von Gegnern des Völkerbundes, einem UNO-Vorläufer, gegründet.

Der weltbeste Jurisdiktionsanbieter

Die Schweiz muss den Weg gehen hin zum weltbesten Dienstleister von Jurisdiktion und Infrastruktur. So dass sie, wie bis anhin auch, ein Magnet ist für kluge und tüchtige Menschen, die in Frieden und Freiheit leben und arbeiten wollen, ohne von einer ineffizienten Bürokratie geschröpft zu werden. Eine klare Abgrenzung von Schuldenstaaten, die in der Krise autoritäre Züge annehmen oder in anarchische Zustände verfallen, ist im Sinne der Stimmbürger, die sich stets für gute, aber distanzierte internationale Beziehungen ausgesprochen haben bei Wahrung von Selbstbestimmung und Bürgerrechten. Der Bundesbeschluss über eine Schuldenbremse wurde 2001 von überwältigenden 85 Prozent der Stimmberechtigten gutgeheissen.

Noch sind die Rahmenbedingungen in der Schweiz in vielen Bereichen besser als im europäischen Ausland. Auch in Sachen Regulierung der Sektoren Krypto und Blockchain wurde bereits vieles richtig vorgespurt. Doch der Anspruch muss es sein, nicht nur weniger schlecht zu sein als die Nachbarn, sondern international zur Weltspitze zu gehören. Die Politik sollte sich darum bemühen, Hindernisse wegzuräumen, die sie selbst verursacht hat: Also Gesetze und Verordnungen abbauen, Prozesse erleichtern, den Weg freimachen. Schweizer Firmen sollten den Trend zur Globalisierung noch stärker als bisher wahrnehmen und unerschrocken auf den Weltmarkt drängen, ihre Produkte überall anbieten und ihre Mitarbeiter von überallher einkaufen können. Mit Freiheiten für alle Teilnehmer der Weltwirtschaft werden die Besten von ihnen grosse Erfolge feiern können. Mittelmass und Unfähigkeit dürfen sich international warm anziehen, aber natürlich auch hierzulande.

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