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Was Schweizer Firmen machen

Innovationen aus Lausanne und dem Schlieremer Valley

Was Schweizer Firmen machen

Insphero

Menschliche Organe simulieren

Wie kann man prüfen, ob ein neues Medikament die erwünschte Wirkung hat und keinen Schaden anrichtet, bevor man es an Menschen testet? Eine Möglichkeit sind Tierver­suche. Diese Lösung ist jedoch nicht nur aus ethischen ­Gründen suboptimal. Tiere sind keine Menschen, und gerade die komplexen modernen Medikamente wirken bei Tieren oft anders als bei Menschen.

Eine Alternative bietet Insphero. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Schlieren setzt menschliche Zellen für die so­genannte vorklinische Forschung ein. Dabei bietet sie Pharma­firmen nicht nur einzelne Zellen an, sondern Gewebe in Miniaturform. Sie stellt Krankheitsmodelle her, etwa eine «Minileber», an der eine Fettleberentzündung infolge von kalorienreicher Ernährung simuliert wird. Gerade bei dieser Krankheit scheiterten viele Wirkstoffe in der klinischen ­Phase, also bei Studien mit betroffenen Personen, sagt Frank Junker, Chief Business Officer bei Insphero. Angesichts des immensen Aufwands für solche grossangelegten Studien spricht er von Verschwendung. Durch ihr Modell, das einer kranken Leber möglichst nahekommt, will die Firma mit ­ihren 60 Mitarbeitern helfen, die Erfolgsquote zu verbessern. Ähnliche Modelle entwickelt Insphero für die Pankreas; mit ihnen kann eine Diabeteserkrankung simuliert werden.

Noch einen Schritt weiter geht die Firma, die vor 11 Jahren als ETH-Spin-off gegründet wurde, mit der sogenannten «Organ on a Chip»-Technologie. Dabei werden unterschiedliche ­Zellen über einen Chip verbunden und können miteinander kommunizieren. So kann ein komplexes Organsystem simuliert werden. «Unser Ziel ist es, so nah wie möglich an die ­realen Bedingungen des menschlichen Körpers zu kommen», erklärt Junker. (lz)


MindMaze

Der Superheld in uns

Schlaganfall, Parkinson, Demenz – ein Schicksalsschlag kann jeden von uns treffen. Die Rehabilitation ist meistens ein langwieriger und mühseliger Prozess, der viel Durchhalte­willen und Geduld erfordert. Das ist kein leichtes Spiel. Oder etwa doch – und dies gar im Wortsinn?

Das Lausanner Start-up MindMaze erforscht, wie mit einer Kombination aus Virtual Reality, Gamification, Brain Imaging und Neurowissenschaften die Genesung um ein Vielfaches beschleunigt werden kann. Dem Gründer Tej Tadi zufolge ist die Motivation eines Patienten das Wichtigste in jeder ­Therapie. Die Firma will mit ihren Mitarbeitern, die sich an Standorten in über 20 Ländern befinden, fortschrittliche ­Therapien für jegliche neurologische Beeinträchtigungen ­anbieten. Diese sollen jedoch nicht nur grosse Erfolge, ­sondern auch Spass versprechen.

So wurde etwa die TOAP-Run-Trainingsmethode entwickelt für Patienten, die an Parkinson leiden. Dem Unternehmen ­zufolge haben Studien gezeigt, dass Bewegungen einen ­positiven Effekt auf die motorischen Fähigkeiten und die ­damit verbundene Lebensqualität haben. Das Besondere an dieser Methode ist, dass mittels eines 3D-Videospiels solche Bewegungen trainiert werden, ohne dass der Patient dem Druck des Gelingens ausgesetzt wird. Es soll spielerisch in den Alltag zurückgefunden werden.

Und MindMaze geht sogar noch weiter. Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit über das Menschenmögliche hinaus soll erreicht werden: Beispielsweise in nur einem Tag zu lernen, Klavier zu spielen. Denn Superhelden seien nicht nur Erfindungen aus Comics, sagt Tej Tadi: «Sie stecken in uns. Unsere Arbeit ist der Schlüssel, um das wahre Potenzial der Menschheit vollumfänglich auszuschöpfen.» (pb)


EraCal

Abnehmen mit einem Molekül

Angesichts der rasanten Entwicklungen in den medizintechnologischen Sparten ist es nicht erstaunlich, dass der Begriff «Human Enhancement» zunächst an Prothesen, Implantate und Transplantate denken lässt. Allerdings fallen unter die Erweiterungen des menschlichen Körpers auch Eingriffe in dessen biologische Funktionsweise, so etwa wenn bestimmte Bedürfnisse, die von Organen ausgehen oder hormonell ­bedingt sind, reguliert bzw. sogleich unterbunden werden – und zwar im optimierenden Sinne, um ein besseres Leben zu ermöglichen.

An einem solchen Eingriff arbeitet das Zürcher Start-up ­EraCal, das u.a. auf Forschung an der UZH zurückgeht und von dieser mit einem Forschungskredit unterstützt worden ist. Das gesundheitspolitische Problem, das die Firma bekämpfen helfen möchte, ist dringlich: Adipositas ist im Verlauf des 20. Jahrhunderts zu einem millionenfachen, globalen Phänomen geworden und tritt oftmals mit fatalen Begleit- und ­Folgeerscheinungen auf. Nicht immer sind schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung Ursachen für starke Über­gewichtigkeit, die mittlerweile als chronische Krankheit anerkannt ist. Betroffenen boten sich bislang vorwiegend radikale Massnahmen wie die operative Verkleinerung des Magens.

EraCal hingegen arbeitet seit einigen Jahren an einer psychoaktiven, appetitzügelnden Medikation. Die Firma hat einen Wirkstoff entdeckt, der bereits unter dem Namen Era-107 ­patentiert worden ist und zumindest bei Tierversuchen dazu führt, dass diese beachtlich an Gewicht verlieren – ohne ­Nebenwirkungen, durch die sich die zahllosen käuflich zu erwerbenden Präparate für den Menschen in der Regel auszeichnen. Ziel ist es, eine Tablette herzustellen, die über­gewichtigen Erwachsenen verschrieben werden kann.

Ende des Jahres soll Era-107 an Menschen getestet werden. Falls das verantwortliche Molekül auch bei diesen anschlagen sollte und klinische Studien besteht, könnte die Pille gegen Ende des Jahrzehnts auf den Markt kommen. (vsv)


Cutiss

Mit heiler Haut davonkommen

Das grösste Organ des Menschen ist die Haut. Dass viel Geld in ein perfektes, ebenmässiges Hautbild investiert wird, ­verwundert nicht – und ebenso wenig, dass die Angebote sehr breit ausfallen. Die Werbung verspricht sogar Lotionen, die Narben verschwinden lassen sollen. Doch was passiert, wenn die Haut beispielsweise nach einem Unfall oder einer Operation so grob verletzt ist, dass sich der Schaden nicht mehr durch eine einfache Crème beheben lässt? Akute, aber auch elektive Hautverletzungen sind nicht nur unschön. ­Jeder, der eine grössere Narbe besitzt, weiss, dass solche auch die Bewegungsfähigkeit erheblich einschränken. Mit diesem Problem befasst sich die Zürcher Cutiss AG, die seit über 15 Jahren Behandlungsmöglichkeiten für Hautdefekte erforscht. Mit dem Produkt denovoSkin sieht sich die Firma in der Lage, personalisierte und grossflächige Hauttransplantate zu generieren. Es funktioniert so: Mittels Biopsie werden dem Patienten kleine, gesunde Zellen entnommen, die dann mit einem Hydrogel zu einem dermoepidermalen Hautrans­plantat zusammengefügt werden. Die Narbenbildung soll ­dabei so gering wie möglich ausfallen, um die benötigte ­Elastizität und Mobilität zu gewährleisten und die Anzahl weiterer chirurgischer Eingriffe zu reduzieren. Gründerin und CEO Daniela Marino erklärt in einem Firmenvideo, dass ihre Motivation aus den Erfahrungen mit den Patienten resultiere: «Viele haben sehr unschöne und nicht funktionale Narben. Ich will eine Lösung für dieses Problem haben.» Sie und ihr Team arbeiten hieran, unter anderem in Kooperation mit dem Universitätsspital Zürich. Aktuell befindet sich das ­Produkt in der Phase-2-Studie. (pb)

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