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Was machen die anderen?

Was machen die anderen?

Eine Übersicht der Migrationspolitik von Industriestaaten zeigt grosse Unterschiede.

Dänemark

5,9 Millionen Einwohner

Ein Wohlfahrtsstaat kann nur dann existieren, wenn die Zuwanderung begrenzt wird – davon ist zumindest die sozial­demokratische Regierung in Dänemark überzeugt. Ihre Migrationspolitik zielt darauf ab, Asylbewerber abzuschrecken und die Zahl der Anträge zu verringern. Bei Asylsuchenden setzt die ­Regierung vorwiegend auf Sachleistungen statt auf Geldleistungen; selbst anerkannte Flüchtlinge müssen damit rechnen, ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren und abgeschoben zu werden. Auch der Familiennachzug wurde erschwert. Kann eine Abschiebung nicht vorgenommen werden, müssen sich abgelehnte Asylbewerber in Rückkehrzentren aufhalten. Straf­fällige Ausländer werden in Gefängnissen im Kosovo unter­gebracht.

Um die Integration zu fördern und die Entstehung von Parallelgesellschaften zu verhindern, soll ein «Ghettogesetz» den Anteil an «nichtwestlichen Ausländern» in Stadtteilen auf maximal 30 Prozent begrenzen. Die Regierung plant, den gesamten Asylprozess in Drittländer wie zum Beispiel Ruanda auszulagern. Momentan liegen diese Pläne jedoch auf Eis, da sich die Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, der liberalen Venstre und den Moderaten nicht einigen konnte.

Die restriktive Migrationspolitik stösst in der dänischen Bevölkerung auf breite Unterstützung. Das zeigt sich in den Wahlergebnissen und Umfragen, in denen die migrationskritischen Sozialdemokraten mit grossem Abstand vor den anderen Parteien liegen. 2023 wurden in Dänemark lediglich 2122 Asylanträge eingereicht. Zum Vergleich: Die Schweiz verzeichnete im gleichen Jahr 26 842 Anträge.

Schweden

10,5 Millionen Einwohner

Lange war Schweden der Vorzeigestaat einer äusserst liberalen Einwanderungspolitik. Das änderte sich ab 2015 schlagartig: Die Menge an Zuwanderern sprengte die Kapazitäten der Unterbringungszentren, Schulen und Gesundheitsdienste. Integrationsmassnahmen konnten nicht wie geplant durchgeführt werden, die Ausländerkriminalität stieg stark an. In der Folge wurde der Familiennachzug deutlich erschwert und Flüchtlinge erhalten keinen zeitlich unbefristeten Aufenthalt mehr.

Abgelehnte Asylbewerber schafft die Regierung vermehrt und rascher aus. Ist ihre Ausreisefrist abgelaufen, erhalten sie, sofern sie keine Kinder haben, keine Sozialhilfe mehr. Bei einer freiwilligen Ausreise gibt ihnen der schwedische Staat 10 000 Kronen (etwa 900 Franken) und übernimmt die Reisekosten.

Auch die Hürden für den Erwerb der schwedischen Staatsbürgerschaft wurden erhöht. Um diese zu erhalten, müssen Antragssteller für eine längere Zeit in Schweden gelebt haben, die schwedische Sprache beherrschen, Wissen über die einheimische Gesellschaft erwerben und in der Lage sein, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen. Zugleich versucht man, die Rahmenbedingungen für hochqualifizierte ausländische Arbeitskräfte, Forscher und Doktoranden zu verbessern, um die Wettbewerbsfähigkeit von Schweden als Forschungs- und Innovationsstandort zu stärken.

Japan

124,5 Millionen Einwohner

Japan steht traditionell für eine sehr restriktive Einwanderungspolitik, basierend auf der Idee einer ethnisch homogenen Nation. Ausländische Arbeitskräfte, insbesondere unqualifizierte, sind im Land eher unerwünscht. Ungeachtet dessen erreichte die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte 2023 erstmals über 2 Millionen, was einem Anstieg um 12,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Anteil ausländischer Arbeitskräfte liegt bei etwa 3 Prozent.

Aufgrund einer alternden Bevölkerung und des Arbeitskräftemangels haben Regierung und Parlament die Einwanderungspolitik jüngst reformiert. 2019 wurde ein neuer Aufenthalts­status für «spezifizierte Fachkräfte» eingeführt, der es weniger qualifizierten Arbeitnehmern aus dem Ausland ermöglicht, in Japan eine Arbeit zu finden. Die Politik hat verschiedene Massnahmen ergriffen, um mehr hochqualifizierte Fachkräfte ins Land zu holen – beispielsweise über die Einführung eines punktebasierten Systems und eines neuen Status für «hochqualifizierte Fachkräfte».

2015 wurden bei 7586 Asylanträgen lediglich 27 Personen als Flüchtlinge anerkannt. 2023 wurden 13 823 Anträge gestellt und 303 Personen aufgenommen, was einer Anerkennungsquote von etwa 2 Prozent entspricht. Gegenüber 2022 stieg die Anzahl der aufgenommenen Flüchtlinge um 50 Prozent, was mit einer Überarbeitung des japanischen Einwanderungsgesetzes 2023 zu erklären ist: Neu hinzugekommen ist der Status für «Evakuierte» aus Kriegsgebieten wie zum Beispiel Syrien oder Ukraine.

Südkorea

51,4 Millionen Einwohner

Die Bevölkerung Südkoreas ist gegenüber Einwanderung sehr kritisch eingestellt. 2023 wurden 18 717 Anträge auf Asyl gestellt. Angenommen wurden nur 69. Wer eingebürgert werden will, muss mindestens fünf Jahre in Südkorea gelebt haben, die Sprache beherrschen und selbstständig für seinen Lebensunterhalt aufkommen.

Dennoch hat der Ausländeranteil in Südkorea zuletzt kontinuierlich zugenommen; 2023 betrug er 4,4 Prozent. Die südkoreanische Regierung hat verschiedene Visa-Programme für Arbeitskräfte eingeführt. Niedrig qualifizierte ausländische Arbeitnehmer erhalten eine zeitlich begrenzte Arbeitserlaubnis, die nur schwer verlängerbar ist. Anspruch auf Sozialleistungen gibt es keinen. Das Visa-Programm für hochqualifizierte Arbeitskräfte basiert auf einem Punktesystem, in das Sprachkenntnisse, Alter und Höhe des Gehalts des Arbeitnehmers einfliessen.

Um ausländische Studenten wirbt die Regierung aktiv:
Die Regeln für deren Aufenthalt nach dem Studium wurden gelockert.

Kanada

41 Millionen Einwohner

Liberal, aber gesteuert: Kanada betreibt eine aktive Migrationspolitik. Aktuell plant die Regierung, die jährliche Bruttoeinwanderung bis 2025 auf 500 000 Personen zu erhöhen. Sie setzt dabei auf ein Punktesystem, das hochqualifizierten Arbeitskräften den Vorzug gibt, wobei Faktoren wie Sprachkenntnisse, Alter, Ausbildung sowie Berufserfahrung berücksichtigt werden.

2019 kündigte die Regierung Trudeau das «Rural and Northern Community Pilot Program» an, das kleinere und abgelegene Gemeinden, etwa im Norden des Landes, unterstützen soll, Wirtschaftsmigranten zu rekrutieren. Damit soll dem Bedarf dieser Regionen nach Arbeitskräften entgegengekommen und die Migrationspolitik dezentralisiert werden. Die Einwanderung soll sich nicht nur auf Grossstädte wie Vancouver, Ottawa und Toronto konzentrieren, sondern auf das ganze Land verteilt werden.

2022 hat Kanada 47 600 Flüchtlinge aufgenommen – mehr als jedes andere Land, und das zum vierten Mal in Folge. Rund die Hälfte von ihnen wurde staatlich unterstützt, die andere Hälfte privat gesponsert. Private Flüchtlingspatenschaften übernehmen für mindestens ein Jahr die Kosten für Unterkunft, Nahrung und andere Ausgaben und helfen den Geflüchteten bei der Integration in den Arbeitsmarkt sowie beim Sprachunterricht.

Australien

27,2 Millionen Einwohner

Australien setzt in seiner Migrationspolitik auf ein Punktesystem, das hochqualifizierte Arbeitskräfte priorisiert. Das «Numerische Multifaktorielle Bewertungssystem» wurde bereits 1979 eingeführt; es beurteilt ausländische Bewerber anhand von Faktoren wie Alter, familiären Bindungen, Sprache, Bildung und Berufserfahrung. Bevorzugt werden jüngere, qualifizierte Migranten mit Englischkenntnissen, die von der australischen Wirtschaft gebraucht werden. In den letzten Jahren wurden etwa zwei Drittel der dauerhaften Aufenthaltserlaubnisse über dieses Einwanderungsprogramm erteilt.

Zugleich geht Australien restriktiv vor gegen Migranten, die mit dem Boot versuchen, das Festland zu erreichen. Boote von Asylanten werden von den australischen Behörden abgefangen und in die jeweiligen Herkunftsländer oder andere sichere Drittstaaten zurückgeschickt. Asylsuchende, die es schaffen, australisches Hoheitsgebiet zu betreten, sollen möglichst kein Festland betreten. Sie werden abgefangen und in Offshore-Verarbeitungszentren in den pazifischen Inselstaaten Papua-Neuguinea und Nauru gebracht.

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