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Was heisst denn hier Freiheit?

Eine Antwort aus dem Stegreif von Simon Enzler «Geld ist geprägte Freiheit.» (Fjodor M. Dostojewskiy)

«Das Zitat finde ich sympathisch – komischerweise. Geld in Verbindung mit Freiheit zu bringen, das ist modern und frech. Typisch, könnte man jetzt sagen, so sind die Kapitalisten. Doch ich bin keiner, und dennoch verknüpfe ich Geld mit Freiheit. Das eine bedingt das andere und umgekehrt. Geld ist erstmal gemachte Arbeit. Ich arbeite, um Geld zu haben. Doch wenn ich mehr verdiene, als ich für Unterhalt und Vorsorge brauche, dann stellt sich sogleich die grosse Frage: Was mache ich mit dem Geld, das übrig bleibt? Lass’ ich das Geld Geld sein und deponiere es bei einer Bank? Oder gebe ich dem Geld Sinn, indem ich es in Freiheit ummünze, also etwas damit bewirke? Gut he raus kommt das nur, wenn ich Phantasie habe. Und wenn dann noch genügend Zeit hinzukommt, dann kann ich glücklich sein.

Geld ist geprägte Freiheit… Dostojewski wollte damit wohl sagen, dass Geld unfrei macht und dass der, der Geld besitzt und daher glaubt, er sei frei, einem Missverständnis unterliegt. Die Gefahr, dass Geld in einen negativen Kontext hineingerät, die besteht tatsächlich. Man könnte also auch sagen: Geld ist geprägte Unfreiheit. Doch wenn man die Phantasie ins Spiel bringt, dann kann man der Prägung des Geldes ein Schnippchen schlagen. Man sagt ja auch: Geld ist schmutzig. Und dennoch kann ich damit ein blütenweisses Hemd kaufen. Mit dem schwärzesten Schwarzgeld kannst du wunderbare Sachen vollbringen.

Doch das Problem ist eh’ nicht das Geld, sondern dass alles etwas kostet. Ohne Geld könnte ich mir Freiheit in der heutigen Gesellschaft nicht leisten. Was kann man heute schon tun, ohne dafür zahlen zu müssen? Ich kann daheim Liegestütze machen. Das scheint kostenlos zu sein. Doch indirekt kostet mich das die Miete für meine Wohnung. Ich könnte mir frei nehmen und auf dem Jakobsweg pilgern. Doch auch das kostet, für jede Übernachtung, für jede Mahlzeit muss man zahlen. Freiheit, die nicht mit Geld in Zusammenhang steht, ist nur an einem relativ kleinen Ort daheim.

Mein Verhältnis zu Geld kann zynisch wirken. So daherschwätzen, könnte man meinen, kann nur jemand, der genug Geld hat. Doch so ist es nicht. Ich komme aus sehr bescheidenen Verhältnissen. Und dennoch habe ich als Kind alles gehabt, was ich brauchte. Ich habe damals meine Träume so angepasst, dass sie erfüllbar waren. Daher habe ich nie das Gefühl von Unfreiheit gehabt. Und das ist noch heute so. Wenn es mein Traum wäre, einen Ferrari zu haben, dann wäre ich selbst schuld. Ich bin da sehr pragmatisch. Ich biege mir die Welt auf eine Weise zurecht, dass ich mich frei und glücklich fühle. Das kann mit wenig oder auch mit viel Geld sein.

Ich finde es übrigens falsch zu sagen: Der ist zwar reich, aber dafür ist er bestimmt unglücklich. Reich- und Unglücklichsein gehören nicht zusammen. Wenn ein Ferrari- und Villenbesitzer nicht glücklich ist, dann ist er ein dummer Hund. Wenn jemand reich ist und sich viel Freiheit leisten kann, wenn jemand so viel Sinn geben und erleben könnte, und der bekommt das nicht hin und hockt auf seinem Geld, dann ist er wirklich selbst schuld.

Geld ist geprägte Freiheit, wenn man Zeit dazu hat. Und wenn nicht, dann ist es ein verdammter Fluch. Denn dann nützt es ja niemandem etwas, weder einem selbst noch anderen. Die grösste Freiheit ist für mich daher der freie Umgang mir der Zeit. Freie Zeit, Freizeit ist ein Luxusgut. Seit wann gibt es etwa freie Tage im Arbeitsleben? In diesem Sinn ist Geld für mich auch geprägte Freizeit.

Wenig Geld zu haben, hat früher meine Freiheit nicht bedroht. Inzwischen habe ich etwas mehr Geld zur Verfügung, und auch das ist keine Bedrohung für mich. Ich finde Geld etwas Wunderbares, weil ich es ausgeben kann. Geld wird sinnvoll, wenn es für die Freiheit eingesetzt wird. Ich verstehe das Zitat daher so: Geld ist für die Freiheit geprägt.»

Simon Enzler, geboren 1976, wohn-haft in Appenzell Innerhoden, tritt als Kabarettist nicht nur im Appenzellerland auf (www.bretterwelt.ch).

aufgezeichnet von Suzann-Viola Renninger

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