
Was fehlt der FDP? Schweizer Wirtschaft
Die vermeintliche Schwäche der FDP, ihre Wirtschaftsnähe, ist bei genauer Betrachtung ihre Stärke. Swiss Economy First!
Die Schweizer Politik driftet zunehmend auseinander. Ein progressives Lager (GLP, Grüne, SP, Mitte) steht einem konservativen Block um die SVP gegenüber – ein Klima der Polarisierung, das zunehmend an die USA erinnert.
Mitten drin, zwischen zwei Stühlen, die FDP. Im US-amerikanischen Sinn gesellschaftspolitisch progressiv, aber auch wirtschaftspolitisch konservativ, mit einem ureigenen Interesse an Sachpolitik, Mässigung und Anti-Polarisierung. Je weiter sich die Schützengräben der Polarisierung öffnen, desto höher ist die Gefahr, in ihnen verloren zu gehen. Fokussiert sie auf die polarisierte Gesellschaftspolitik und -moral, so kann sie nur verlieren. Gender, Frauen, Familienpolitik, Gleichstellung, Abtreibung und Sexualstrafrecht ist ein Territorium, das für die FDP schwierig ist.
Aber sie hat ein anderes Asset: Sie ist eine glaubwürdige Wirtschaftspartei. Ja, Wirtschaft ist sogar ein Thema, auf das sie fast ein Monopol hat. Und Wirtschaft entscheidet vielfach Wahlen und Abstimmungen («It’s the economy, stupid!»). Gerade hat die Tamedia-Umfrage wieder gezeigt, dass Zuwanderung und Gesundheitskosten oberste Priorität für die Schweizer haben – beides ökonomische Sorgen. Es macht deshalb Sinn, dass die FDP vor allem Wirtschaftsthemen bespielt und sich aus dem gesellschaftspolitischen Minenfeld heraushält. Die Lage der Wirtschaft und des Wohlstands sind hard facts – der Zirkus um die Gesellschaftspolitik lenkt nur davon ab.
Die FDP sollte ihren Fokus also voll auf das Gedeihen der Schweizer Wirtschaft setzen. Das bedeutet nicht, sich den Grosskonzernen anzudienen, sondern den Wohlstand möglichst vieler zu fördern. Zur Erinnerung: Wirtschaft ist zu 99 Prozent KMU und Kleingewerbe.
Ob bei der Migration, den Beziehungen zur EU oder Energie: die Losung muss Swiss Economy First lauten. Ja zu qualifizierten Fachkräfte und Freihandel. Nein zur Übernahme von wirtschaftsfeindlicher Regulierung.
Was heisst Swiss Economy First? Das Konzept sollte meines Erachtens dreigliedrig sein:
- Preisstabilität, Eigentum und Vertrag: Schutz dieser Institutionen gegen Revisionisten.
- Schutz des Bestands der dinglichen und obligatorischen Rechte der Einwohner: Ablehnung von öffentlich-rechtlichen Relativierungen dieser Vermögensrechte, zum Beispiel im Baurecht.
- Vorsicht bei neuen Pflichten. Seien es Steuern oder andere Regulierungen: Neue Pflichten sind kritisch anzusehen. Hier liegt das zentrale Schlachtfeld für die FDP.
Die FDP sollte stehen für eine klare Wirtschaftsorientierung mit klarem Fokus auf die harten Fakten und auf die breite Masse der Wirtschaftsteilnehmer: die KMU und die Mittelschicht.