Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Was fehlt der FDP? ‒ Klare Haltung
Franz Steinegger, zvg.

Was fehlt der FDP? ‒ Klare Haltung

Die FDP befindet sich seit 1992 in einer strategisch schwierigen Situation. Doch es fehlt der Mut, klar Stellung zu beziehen zu Themen wie Moralismus, Umweltschutz oder auch Ausländerpolitik.

Es ist nicht die Aufgabe eines ehemaligen Parteipräsidenten, der dieses Amt vor 24 Jahren abgegeben hat und sich seit 22 Jahren aus der aktiven Politik zurückgezogen hat, als Obergescheiter bei der Regelung der mittlerweile achten Nachfolge im Parteipräsidium aufzutreten. Deshalb beschränke ich mich hier auf ein paar grundlegende Beobachtungen.

Seit der EWR-Abstimmung 1992 befindet sich die FDP in einer strategisch nicht einfachen Situation. Mit den bilateralen Verträgen konnte die Situation zwar vereinfacht werden, doch mit der knapp verlorenen Abstimmung verlor die FDP auch ihre Meinungshoheit in der Aussenwirtschaftspolitik – und damit auch an Einfluss bei der Vertretung der Interessen unseres Landes. Auch die Ausländerpolitik ist und bleibt ein zentrales Thema; man muss eine klare Position beziehen, darf aber die Einfältigkeit der SVP nicht übertreffen.

Darüber hinaus gibt es genügend Themen, mit denen sich die FDP profilieren kann. Ich denke da an die Epidemie des Wokeismus, fanatisch betriebenen Umweltschutz, Larifari bei den Finanzen und Sozialwerken sowie bei einer überhandnehmenden moralischen Haltung, bei der es vor allem darum geht, Kosten auf andere zu verlagern.

Mit den Universalklebern «liberal» oder «Freiheit» gibt es kein Profil. Das Publikum muss wissen, wo eine Partei bei zentralen Themen wie Nachhaltigkeit, Finanzen, Sozialwerken oder Sicherheit steht. All diese Fragen müssen grundsätzlich und mit Mut bearbeitet und kommuniziert werden, und zwar ohne Angst, als Diener anderer politischer Kräfte glossiert zu werden. Auch sollte man den Mut haben, politische Meinungen laut zu vertreten. Denn nur in der Kontroverse kann die eigene Meinung deutlich gemacht werden.

Als Leitfaden dienen der gesunde Menschenverstand, das Prinzip der Verhältnismässigkeit, und das Fokussieren auf Rahmenbedingungen (anstelle von Befehlssammlungen der Administrationen). Auch die Auseinandersetzung mit der «Moralelite», welche bei Woke-Themen, aber auch in der Sozial- und Ausländerpolitik gerne mit der Moralkeule hantiert, kann eine zentrale Aufgabe der Partei sein.

Die FDP befindet sich nicht in einer Wohlfühloase. Die politische Konkurrenz, teilweise auch die Medien, nehmen sich mit kritischer Lust der FDP an. Dem gilt es entschlossen entgegenzutreten. Nicht umsonst haftet der FDP in der Romandie das Etikett «les insubmersibles» (die Unsinkbaren) an.

Problematisch sind Rufe nach Schulterschlüssen. Ich sage das im Wissen, dass man in der Demokratie nicht um Schulterschlüsse herumkommt. Aber der Kompromiss (oder der Schulterschluss) darf bei der Mehrheitsfindung nicht der Ausgangspunkt, sondern der Schlusspunkt sein. Ausgangspunkt muss immer die klare Meinung sein. Und diese Standpunkte müssen immer wieder neu erarbeitet und kommuniziert werden. Dasselbe gilt auch für die interne Geschlossenheit.

Das Erscheinungsbild und der Erfolg einer Partei entscheiden sich nicht einfach durch die Neubesetzung des Präsidiums. Vielmehr sind sie die Summe des Engagements von Bundesräten, Fraktionsmitgliedern, kantonalen Gremien usw. Gerade auch die heutige Medienlandschaft bedingt das Engagement vieler Akteure. Die FDP hat die Schweiz massgebend mitgeprägt und dabei stets verschiedene Strömungen und Facetten vereinigt. Die FDP ist keine liberale Sekte, sondern eine breite schweizerische Partei. Für die FDP bestehen gute Chancen. Sie müssen aber genutzt werden.

 

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!