Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Was fehlt der FDP? ‒ Lebendigkeit

Was fehlt der FDP? ‒ Lebendigkeit

Die dynamischen Macher sind abgewandert, die zahmen Nehmer geblieben. Will die FDP zurück zum Erfolg, muss sie ihre Kernwerte wiederentdecken. Und sie mit Konsequenz und Freude vertreten.

Man muss sich das mal vorstellen: Ausgerechnet die Partei, die stets behauptet, gegen Bürokratie zu kämpfen, wird morgen Samstag wohl mehrheitlich dafür stimmen, einen 2000-seitigen Vertrag mit der EU anzunehmen, den kaum jemand gelesen hat. Klar ist bereits jetzt: Spass macht dieser Vertrag höchstens den Gegnern, die ihn vieltausendseitig ausdrucken, zerpflücken oder mit Hellebarden aufspiessen.

Statt ihre zentralen Werte der Freiheit und der Volksherrschaft jeden Tag begeistert zu feiern und zu vertreten, gibt sich die FDP als biedere, langweilige Spassbremse. Viele Aushängeschilder der Partei sind leistungsstark, kompetent, dossierfest. Leider wirken sie, als wäre Technokratie zu Fleisch geworden; nicht Freiheit ist zu spüren, nicht Leben, sondern gar nichts. Und das ist nicht nur ein Charakterzug: Eine Margaret Thatcher schien auch spröde zunächst, doch sie verteidigte Marktwirtschaft und Freiheit mit Verve und Elan! Warum nimmt sich in der FDP niemand Politiker zum Vorbild, die populär geworden sind? Das Generalsekretariat unter der neuen Führung von Jonas Projer wagte ein paar Versuche, frech zu sein online. Sie sind rasch versandet. Nun ist es wieder still.

Es müsste halt eine charismatische Führungsperson geben, die alle eine, hört man immer wieder aus FDP-Kreisen – so einer wie der Bremi oder der Escher! Doch das ist Augenwischerei: Sobald jemand Freiheit und Demokratie so verkauft, dass sie auch populär im Volk ankommen, wird er aus den eigenen Reihen abgeschossen: Populist! Libertärer! Spalter! Rechtsradikaler! Narziss!, rufen sie dann.

Doch von der Führung zur Basis: Als ich kürzlich einen Newsletter mit dem Titel «Die anderen sollen» verschickte, pflichteten mir Liberale gleich reihenweise bei – genau so sei es in der FDP! Immer dann, wenn es wirklich was zu tun oder zu verantworten gebe, finde sich niemand mehr. So sind denn auch alle froh, dass sich wenigstens zwei erbarmen, das in der Wählergunst seit Jahrzehnten immer etwas weiter absinkende Schiff zu leiten: Eine Sozialdemokratin und ein Hinterbänkler sind als Präsidenten gesetzt, noch ehe sie gesagt haben, wohin sie den Kahn lenken wollen. Und warum sagen sie nicht, wohin es gehen soll? Weil sie schon vor der Wahl niemanden vergraulen wollen.

Die FDPler sind zu einer Partei der Nehmer geworden, die sich von der Politik etwas für sich selbst erhoffen: Beziehungen, Vorteile, Einfluss – nur die Werte, für die der Freisinn einst angetreten ist und Blut vergossen hat, hat man zu leben vergessen (davon reden kann man gut). Die Macher sind abgewandert; selbst der aktuelle Slogan «Für alle, die den Wecker stellen» klingt eher nach Angestellten als nach Unternehmern.

Womöglich hat die Partei, die sich so uneinig geworden ist, den Niedergang verdient. Sie muss zuerst einen Bundesrat verlieren und dann den anderen. Ein Wähleranteil von unter 10 Prozent wartet. Wie das geht, kann sie von der FDP in Deutschland lernen: Ihr blinder Wille zur Macht führte sie in der Ampelkoalition zur Aufgabe aller eigenen Werte. Und damit unter die 5-Prozent-Hürde.

Bei den Wahlen 2023 habe ich die FDP zur Wahl empfohlen. Sagen die Delegierten morgen klar «Ja» zu den EU-Verträgen, werde ich das 2027 nicht mehr tun. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Alle, die nicht links sind in diesem Land, wünschen sich eine starke FDP, die ihre Grundwerte erfolgreich durchsetzt. Vielleicht sollte sich die Partei von Marcus Aurelius beraten lassen: «Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben.»

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!