Wachstum für alle
Qualitatives Wachstum sei angesagt! Dem ist durchaus zuzustimmen, nur ist dies alles andere als ein neues Konzept.
Die Diskussionen um den Klimawandel werden gerne als sogenannte Systemkritik geführt. Und eine der Alternativen zum aktuellen «System», die regelmässig aus der Schublade der beliebten Irrtümer gezogen werden, heisst «Degrowth», also die Forderung, ganz generell nicht mehr zu wachsen. Denn namentlich Wirtschaftswachstum würde «vorne» zu viele Ressourcen verbrauchen und «hinten» Umweltverschmutzung oder eben Klimawandel verursachen. Praktisch umgesetzt aber dürfte eine Schrumpfung nicht nur Tausende sterben und Millionen verarmen lassen, sondern widerspräche der zivilisatorischen Evolution diametral.
Nun ja, so dramatisch habe man es nicht gemeint, mögen die etwas realistischeren Wachstumskritiker einwenden, es gehe lediglich um die Art und Weise, wie gewachsen werde: Qualitatives Wachstum sei angesagt! Dem ist durchaus zuzustimmen, nur ist dies alles andere als ein neues Konzept. Der Fortschritt der Menschheit hat immer darauf abgezielt, die Lebensqualität zu verbessern – und nicht abstrakt irgendwohin zu wachsen. Das war und ist nur möglich, weil sich auch das Wachstum selbst «verbessert »: Eine ständig höhere Effizienz ist dabei Treiber und Resultat von qualitativem Fortschritt gleichermassen. Seit der Entdeckung des Feuers und der Erfindung des Faustkeils benötigen wir für eine Einheit Output immer weniger Input. Rein quantitatives Wachstum mit ungenügender Innovation dagegen führte noch immer in die Sackgasse – von den Baumwollplantagen in den US-Südstaaten bis zum real existierenden Sozialismus.
Mit anderen Worten: Wir bleiben zum Wachstum verdammt, um allfällige Externalitäten eben dieses Wachstums in den Griff zu bekommen. Dass dies nicht Fluch, sondern Segen ist, zeigt die Tatsache, dass sich trotz aller Unkenrufe die Lebensumstände von deutlich mehr Menschen langfristig verbessern – und nicht verschlimmern, wie dies Schrumpfungsbefürworter immer wieder suggerieren.