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Von der Sammelbüchse zur Kampagne: Kirchliche Hilfswerke auf politischen Abwegen

Organisationen wie das HEKS haben sich in den letzten Jahren zunehmend ausserhalb ihres Metiers in politische Debatten eingemischt. Damit stossen sie immer mehr Unterstützer vor den Kopf.

Von der Sammelbüchse zur Kampagne: Kirchliche Hilfswerke auf politischen Abwegen
2021 warben die christlichen Hilfswerke Brot für alle und Fastenopfer dafür, weniger Fleisch zu essen.

Der Aufschrei war gross, als USAID, die staatliche amerikanische Entwicklungsagentur, unlängst ihre Zahlungen suspendierte. Schweizer Hilfswerke wie das HEKS, das Hilfswerk der reformierten Kirche, mussten Leute entlassen und Projekte in diversen Ländern einstellen. Manche dürften sich aber auch gefragt haben, ob es zwischen Boden- und Genfersee denn keine reformierten Unternehmer mehr gibt, die in die Bresche springen und «ihrem» Hilfswerk finanziell unter die Arme greifen könnten. Oder sollte gar zutreffen, was böse Zungen behaupten, nämlich dass christliche Unternehmer durch die jüngsten politischen Kampagnen des HEKS vergrault, wenn nicht gar in die Flucht geschlagen worden sind?

Kirchliche Hilfswerke wollen nicht länger «Barmherzigkeitsagenturen» sein und «bei Hungersnöten Reislieferungen organisieren», wie es ein Mitarbeiter kürzlich in einem Interview ausdrückte. Sie leisten zwar tätige Nächstenliebe als Nothilfe für Menschen in Hunger- und Kriegsgebieten. Immer wichtiger wird ihnen aber die Aufklärung im eigenen Land und die Entwicklungspolitik. Statt zur Sammelbüchse greifen sie deshalb lieber zu politischen Kampagnen. Sie sammeln heute nicht mehr nur Spenden, sondern fordern uns mit Kampagnen auf, weniger Fleisch zu essen, nachhaltiger zu wirtschaften und uns für eine inklusive Schweiz stark zu machen.

Sei es das Engagement für die Konzernverantwortungsinitiative 2020 oder die Anti-Fleisch-Kampagne 2021, die Unterstützung der Klimaklage gegen den Zementkonzern Holcim 2024, der Appell für den Migrationspakt oder unlängst die Vertretung der Pro-Palästina-Position, als die aussenpolitische Kommission des Nationalrats Kritiker wie Befürworter der UNRWA anhörte. Beispiele für die Kampagnenarbeit und die politische Positionierung von HEKS gibt es viele. HEKS und andere kirchliche Hilfswerke, die sich grösstenteils durch Steuergelder finanzieren, fordern nicht weniger als einen wirtschaftlichen Systemwechsel – nämlich weg vom Wachstumsparadigma hin zum Nachhaltigkeitsparadigma. Sie verfolgen damit einen politisch linken, wirtschaftskritischen Kurs.

«Kirchliche Hilfswerke wollen nicht länger ‹Barmherzigkeitsagenturen› sein»

Das ist pikant für eine Organisation, die sich laut eigenen Worten durch «die christlichen Wurzeln und die kirchliche Einbindung» auszeichnet. Denn im Unterschied etwa zu Parteien, Wirtschaftsverbänden oder Gewerkschaften gehören der Kirche Menschen mit ganz unterschiedlichen politischen Einstellungen an. Das Band, das diese Menschen in der Kirche zusammenhält, sind nicht politische Überzeugungen, sondern der gemeinsame christliche Glaube. Entsprechend fühlen sich viele bürgerliche und wirtschaftsfreundliche Kirchenmitglieder durch die politischen Kampagnen und Positionierungen kirchlicher Hilfsorganisationen brüskiert und als weniger gute Christen gebrandmarkt. Durch die Aufklärungskampagnen der kirchennahen Entwicklungsorganisationen sehen sie sich aber auch bevormundet und belehrt. Die Zeiten, als die Kirche den Leuten sagte, was sie für richtig oder für falsch zu halten haben, sind definitiv und gottlob vorbei. Freie Christenmenschen brauchen keine Kirche und keine Hilfswerke, die ihnen mittels Kampagnen vorgeben, wie sie sich politisch zu positionieren haben.

Angesichts des zunehmenden Drucks, unter dem die internationale Entwicklungszusammenarbeit steht, wären kirchliche Hilfswerke gut beraten, darüber nachzudenken, was sie gewinnen, wenn sie sich politisch aus dem Fenster lehnen und in selbstgerechter und simplifizierender Weise andere an den Pranger stellen, wie dies in jüngster Zeit oftmals geschehen ist.

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