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(2) Vom Nutzen und Nachteil des Rechts für die Stiftung

Nach ersten Anläufen zu Beginn der 1990er Jahre ist das schweizerische Stiftungsrecht wieder in Bewegung geraten. Eine Revision, die neue Anreize für die Gründung von Stiftungen setzen will, ist abgeschlossen und soll in absehbarer Zeit in Kraft treten.

Juristen neigen dazu, die Stiftung unter dem Blickwinkel des Rechts zu betrachten. Und es ist ja auch wahr: die Stiftung ist eine rechtliche Schöpfung, eine juristische Person, die erst auf die Welt kommt und Ich sagen kann, wenn das Recht es will. Ist die Stiftung aber einmal entstanden, verliert in der Regel das Juristische für die Menschen, die mit ihr zu tun haben, seine dominierende Rolle.

Das Stiftungsrecht schweizerischer Prägung hat nicht nur eine regelnde, sondern auch eine dienende Funktion: es will dem Stifter Hinweise zur Verdeutlichung und Möglichkeiten zur Verwirklichung seiner Absichten an die Hand geben, die zu hegen es dank seiner Liberalität überhaupt schon ermutigt. Das Recht strukturiert die Willensbildung, indem es dem Stifter vorgibt, zu welchen Fragen er sich bei der Stiftungserrichtung aussprechen muss.

Seit Inkrafttreten des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) 1912 ist das Stiftungsrecht weitgehend bundesrechtlich geregelt. Damals gab es etwa 2 Stiftungen. Heute sind im Handelsregister über 2 ’ Stiftungen eingetragen. Allein diese Entwicklung lässt die schweizerische Stiftungsgeschichte als Erfolgsgeschichte erkennen. Dazu kommt eine Anzahl kirchlicher Stiftungen und Familienstiftungen, für die der Handelsregistereintrag nicht vorgeschrieben ist. Bei ca. 8’6 Stiftungen handelt es sich um Personalvorsorgestiftungen. Gut 8’ Stiftungen sind sogenannte klassische Stiftungen, nämlich solche, die kulturelle und gemeinnützige Zwecke verfolgen. Ihre Zahl hat sich seit 194 verachtfacht. Nicht im Gesetz geregelt, sondern von der Praxis entwickelt und bundesgerichtlich ausdrücklich zugelassen sind Unternehmensstiftungen, solche also, die ein Unternehmen betreiben oder sich massgeblich an einem solchen beteiligen. Familienstiftungen sind Stiftungen, deren Destinatäre einer Familie zugehören, auf die die Stiftung gerichtet ist. Der Gesetzgeber steht solchen Stiftungen aus verschiedenen, heute zum Teil nicht mehr überzeugenden Gründen restriktiv gegenüber. Welche Vermögen von Schweizer Stiftungen gehalten und verwaltet werden, kann nur geschätzt werden. Es dürfte sich um einen höheren zweistelligen Milliardenbetrag handeln. Allein das Vermögen der Sandoz Fondation des Familles wurde 1999 auf 8,5 Mia. Franken geschätzt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Stiftungen ist daher nicht unerheblich.

Das ZGB lässt dem Stifter und den Stiftungsorganen erhebliche Freiheiten, die von der Gerichtspraxis zwar präzisiert, aber glücklicherweise nicht wesentlich eingeschränkt worden sind. So wurden die Pflichten von Aufsichtsbehörden und Stiftungsorganen näher umschrieben und wurde am Grundsatz der sicheren Anlage des Stiftungsvermögens festgehalten. Die klassischen Stiftungen unterstehen einer behördlichen Aufsicht, sei es des Bundes, sei es der Kantone. Auch deren Tätigkeit hat das Stiftungsrecht geformt. Nachdem manche Aufsichtsbehörden eine Zeitlang der Versuchung erlagen, über den liberalen Geist des Gesetzgebers hinweg den Stiftungen obrigkeitliche Fesseln anzulegen, darf heute festgestellt werden, dass sie zu ihrer Rolle als nicht-normierende Missbrauchsbekämpfer zurückgefunden haben.

Wie Art. 8 ZGB lapidar festhält, bedarf es zur Errichtung einer Stiftung der Widmung eines Vermögens für einen bestimmten Zweck. Lange Diskussionen über die Frage, ob der Zweck auch ein wirtschaftlicher sein dürfe, hat das Bundesgericht beendet, indem es vor einigen Jahren die Frage bejaht hat. Das Gesetz gibt keine Höhe des auf die Stiftung zu übertragenden Vermögens vor. Es muss so hoch sein, dass damit der vorgesehene Zweck verfolgt werden kann.

Jede handlungsfähige natürliche oder juristische Person kann eine Stiftung errichten. Natürliche Personen können eine Stiftung auch durch letztwillige Verfügung, d.h. durch Testament und (neu) durch Erbvertrag errichten. Dies geschieht durch eine notarielle öffentliche Urkunde, die beim Handelsregister anzumelden ist. Mit der Eintragung im Handelsregister erlangt die klassische Stiftung Rechtspersönlichkeit. Was die Organisation der Stiftung betrifft, so überlässt das Gesetz sie in erster Linie dem Stifter: er ist fast völlig frei, wie er die Stiftung einrichten will. Einzig «genügend» muss die Organisation sein, und sie muss zwingend ein Verwaltungsorgan haben, das meist Stiftungsrat genannt wird.

Die Stiftung will den Stifterwillen auch für spätere Zeiten verbindlich festschreiben. Änderungen von Organisation und Stiftungszweck sind deshalb nur in beschränktem Mass zulässig. Aus diesem Grund empfiehlt es sich für den Stifter, bei der Stiftungsgründung klar zu regeln, welche Festlegungen er als unveränderlich betrachtet und bei welchen er spätere Veränderungen zulassen will. Die Stiftung kann sich auch nicht selbst aufheben. Hingegen ist es denkbar und zulässig, dass der Stifter schon bei der Gründung der Stiftung deren Dauer befristet, indem er zum Beispiel anordnet, das gewidmete Vermögen sei so einzusetzen, dass es sich nach einer bestimmten Zeit erschöpfe.

Die abgeschlossene, aber noch nicht in Kraft getretene Stiftungsrechtsrevision bringt folgende Neuerungen: Stiftungen können fortan auch durch Erbvertrag errichtet werden. Revisionsstellen werden für Stiftungen (mit Ausnahmen) obligatorisch. Die Revisionsstelle hat jährlich Rechnungsführung und Vermögensanlage der Stiftung zu prüfen. Das Recht des Stifters, in der Urkunde eine Änderung des Stiftungszwecks vorzubehalten, ist konkretisiert worden.

Wichtig sind die steuerrechtlichen Änderungen. So wird die steuerliche Abzugsfähigkeit bei der direkten Bundessteuer angehoben. Solche Liberalisierungen sind sehr willkommen; das Stiftungswesen und damit die Entwicklung der Zivilgesellschaft werden in erster Linie durch die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen gefördert. Höhere Abzugslimiten erhöhen die Widmung von Vermögen als Stiftungskapital wie auch die Zuwendungen an bereits bestehende Stiftungen und andere gemeinnützige Institutionen. Dadurch wird im übrigen auch der Stiftungsstandort Schweiz gestärkt.

Auch andere gesetzgeberische Reformvorhaben sind für die Stiftung bedeutsam. Nach dem neuen Fusionsgesetz sind Fusionen von Stiftungen, und Vermögensübertragungen von einer Stiftung an eine andere zulässig. Nach dem neuen Rechnungslegungs- und Revisionsgesetz ist eine Revisionsstelle für Stiftungen obligatorisch. Das kommende Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung bezweckt, der Öffentlichkeit den Zugang zu amtlichen Dokumenten zu erleichtern.

Gerade weil die rechtlichen Vorgaben für Stifter und Stiftungsräte beschränkt sind, stellt sich für diese die Frage, auf welche Weise sie ihre Arbeit am besten versehen. Dabei stehen folgende Grundsätze im Vordergrund: Wirksamkeit – Der Stiftungsrat und alle übrigen Stiftungsorgane sollen bestrebt sein, den vom Stifter gesetzten Stiftungszweck möglichst wirksam, d.h. effizient und nachhaltig umzusetzen. Checks and balances – Der Stiftungsrat soll im Rahmen der Stiftungsurkunde durch geeignete Massnahmen dafür sorgen, dass für alle wichtigen Abläufe der Stiftung ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle besteht. Transparenz – Der Stiftungsrat soll für eine dem Stiftungszweck angemessene interne und externe Transparenz in bezug auf Strukturen und Tätigkeiten der Stiftung sorgen. Seit fast einem Jahr erarbeitet eine Expertengruppe einen «Swiss Code of Best Practice for Foundation Governance», der Empfehlungen -zur Gründung, Struktur, Organisation und Führung von schweizerischen Förderstiftungen enthalten wird (dazu das Interview mit Philipp Egger, S. 25).

Die Stiftung ist zwar eine privatrechtliche Einrichtung. Die Gewährung von Steuerbefreiungen für die Stiftung und von Steuerabzügen für Stifter und Spender legitimiert aber auch ein Interesse der öffentlichen Hand und überhaupt der Allgemeinheit an einer nicht nur rechtskonformen, sondern auch professionellen und kreativen Stiftungstätigkeit. Just dies vermag – neben steuerlichen Erleichterungen – das Klima privaten Stiftens zu begünstigen. Das liberale schweizerische Stiftungsrecht hat zur gesellschaftspolitisch erwünschten Förderung der Stifterkultur viel beigetragen und tut dies weiterhin. Das für Stiftungen relevante Steuerrecht leistet nach der Revision seinerseits einen grösseren Beitrag. Vielleicht liegt es nun an den Stiftungsorganen selbst, durch die Qualität ihrer Tätigkeit bemittelte Personen für das Stiftungswesen einzunehmen.

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(1) Die Stiftung: Eine Idee mit Tradition und Zukunft

Stiftungen haben eine weit zurückreichende Tradition. Einer breiten Öffentlichkeit sind sie dennoch unvertraut. Der folgende Beitrag zeigt charakteristische Merkmale dieser Institution auf und leitet daraus jene praktischen Konsequenzen ab, die zu beachten sind, will man die Grundidee des Stiftens für die Allgemeinheit bewahren und weiterentwickeln.

(3) Problematische Aspekte des schweizerischen Stiftungsrechts

In der Schweiz ist die Stiftung als Organisationsform nicht nur für gemeinnützige, sondern auch für wirtschaftliche Zwecke zulässig. Während ein gewisser Spielraum innerhalb des Rahmens der Gemeinnützigkeit sinnvoll ist, macht diese Flexibilität im Spannungsfed zwischen «wirtschaftlich» und «gemeinnützig» auch Missbräuche möglich.

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