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Vom Geist und Ungeist des Föderalismus
Herbert Lüthy. Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Portr_02006 / CC BY-SA 4.0.

Vom Geist und Ungeist des Föderalismus

Der Aufsatz ist ein Vorabdruck aus dem Jahrbuch 196 der Neuen Helvetischen Gesellschaft, das dem Thema «Föderalismus» gewidmet ist und im Verlag Buri (Bern) erscheint. Es enthält 19 Beiträge zu verschiedensten Fragestellungen wirtschaftlicher sowie innen- und aussenpolitischer Art. Zu den Autoren zählt auch Bundesrat Tschudi, der «Die Erfüllung der Zukunftsaufgaben durch den föderalistischen Staat» erläutert. Als Herausgeber zeichnet Théo Chopard, Zentralpräsident der NHG.

Die Redaktion

 

 

Der Appell an die Geschichte oder doch an die historische Legende, der in der Schweiz so oft ergeht, wenn es sich um die Ordnung unserer Gegenwart und Zukunft handelt, ist für den Historiker nicht immer beglückend. Es gibt eine Tendenz, uns selbst und unsere Probleme nur noch historisch zu sehen und zu begreifen, die zeigt, dass unserem geschichtlichen Bewusstsein die lebendige Beziehung zum Handeln abhandengekommen ist. Statt unsere Geschichte als einen Prozess zu sehen, in dem wir selbst stehen und an dessen Weitergestaltung wir mitwirken, den wir aber nie umkehren und nie wiederholen können, neigen wir dazu, sie als eine historische Sammlung von Verhaltensmodellen zu betrachten, auf die wir verpflichtet wären, denen wir Epigonen freilich nicht mehr nachzuleben vermöchten; und der Appell an den Geist der Väter wird oft, mit dem gleichen Gefühl der Ohnmacht wie vor zweieinhalb Jahrhunderten, zur Geisterbeschwörung: «Sag an, Helvetien, du Heldenvaterland…» Es ist eine Sucht zur Verklärung der Vergangenheit, je ferner, desto verklärter, zur Verketzerung der Gegenwart, wo sie Gegenwart und nicht fromme Museumswärterei sein will, und zur apokalyptischen Verdüsterung der Zukunft; doch eine Anleitung zum Tun ergibt sich daraus nicht. Wir suggerieren uns die lähmende Mentalität eines unablässigen Rückzugsgefechts gegen die Zeit und die Zukunft, und wir projizieren diese Mentalität in unsere Geschichte, als wäre der ganze Weg der Schweiz ein ewiges Ankämpfen einer bewährten alten Ordnung gegen den verderblichen Strom der Neuerung gewesen. Diese Haltung war nicht immer kennzeichnend für unser Land, das oft in seiner neueren Geschichte mit seinen Institutionen und Leistungen bahnbrechend auf der Höhe der Zeit zu stehen glaubte; sie ist das Erbe einer Generation, die von gefährdeter Warte dem Untergang des alten Europa beiwohnte. Es gab gute und ernste Gründe dafür, dass sich das schweizerische Staats- und Geschichtsbewusstsein vor allem in den dreissiger Jahren dem hochgemuten Pessimismus der Rückzugsstellung verschrieb. Doch in ihrer heute verbreitetsten Form ist die Geschichtsideologie, die damals einer echten und harten Abwehrsituation im eidgenössischen Réduit entsprach, inzwischen zu einer nicht einmal sehr originellen schweizerischen Version eines Kulturpessimismus geworden, der heute überall inmitten hemmungsloser Betriebsamkeit und hektischer Prosperität blüht, gleichsam als schöngeistige Erholung von des Tages Müh und Last und Tüchtigkeit.

 

Eine der eigenartigsten Äusserungen dieser Geschichtsmythologie für die Schweiz, deren politischer Bau und deren tragfähige Einrichtungen ein Werk des 19. Jahrhunderts sind, ist die Abwertung dieses 19. Jahrhunderts; nicht nur der Helvetik, die unter einem keineswegs selbstverschuldeten Unstern stand, die aber immerhin einer geistigen und politischen Elite der Eidgenossenschaft – und, vergessen wir es nicht, gerade den Männern der ersten Helvetischen Gesellschaft – erstmals die Möglichkeit des Einsatzes für ein gemeinsames Vaterland gab; auch die Regeneration, der Radikalismus, die Volksbewegung und der Kampf der Geister, die den schweizerischen Bundesstaat schufen und ausbauten, stehen fast schon im Geruch, uns auf den Weg des Unheils geführt zu haben. Als echteste Zeugen schweizerischer Geistesart zitierten wir am liebsten jene pessimistischen Warner, die das Rückzugsgefecht untergehender altbäuerlicher und stadtpatrizischer Gesellschaftsformen gegen die materialistische Neuzeit und die politisierende Demokratie kämpften und missmutig Nein zum Bundesstaat von 1848 sagten; Jacob Burckhardt, für den mit Dampfmaschine und Eisenbahn die Welt aufhörte, lebenswert zu sein, der vor der Pöbeldemokratie des schweizerischen Radikalismus sein Haupt verhüllte und der wohl den Kleinstaat lobte, aber nicht den schweizerischen, sondern den des perikleischen Athen, des medizeischen Florenz und des erasmischen Basel; Jeremias Gotthelf, der so exemplarisch den Altberner oder vielmehr den Emmentaler Geist gegen den Zeitgeist setzte und prophetisch scheltend den Einbruch der politischen Pest, des gesetzgebenden Staates, der weltlichen Schule, der modernen Wirtschaft und der hergelaufenen Nichtemmentaler in die patriarchalische Welt der Bauerndynastien vom Hunghafen und vom Ankenhof verdammt, die sich bisher so gottesfürchtig mit dem Katechismus und dem fetten Ertrag ihrer Weiden begnügt hatten; eine im hadernden Rückzug vergoldete Welt, deren brutalere Wirklichkeit einst der jüngere Gotthelf im «Bauernspiegel» und im Gytiwil des «Schulmeisters» ohne Verklärung geschildert hatte – wie ein halbes Jahrhundert vor ihm Pestalozzi in der geistig und sittlich verkommenen Dorfgemeinde Bonnal, deren stumpfer Widerstand gegen den für Pestalozzi in Landvogt und Pfarrer verkörperten aufgeklärten Absolutismus sich ja auch auf Väterglauben, Tradition und angestammtes Dorfrecht berief.

 

Vielleicht gehört es manchmal auch zu den Aufgaben des Historikers, Gespenster auszutreiben. Nicht aus fast tausendjähriger Wahrung und organischer Entfaltung des Angestammten, sondern aus dem zweimaligen Untergang der alten Eidgenossenschaft – 1798 und 1848 – ist der schweizerische Bundesstaat entstanden. Jene Bewegung, die zuerst im 18. Jahrhundert als kleine Elite in politischer Ohnmacht die neue Schweiz geistig vorbereitete, die sich dann im Zusammenbruch von 1798 aufopfernd in die Schanze warf und scheiterte, um schliesslich in der anarchischen Kampfzeit von 1830–1850 zum Ziel zu gelangen, diese Bewegung hat nicht aus der Idealisierung von Tradition und Urzeit gelebt, sondern aus leidenschaftlichem Willen zur Neugestaltung. Sie lief Sturm gegen die nur noch als Obstruktion wirksame Souveränität der Orte, gegen das widerspenstige Beharren der Bürgergemeinden auf Gewohnheits- und Sonderrecht, Vätersitte und Väterglauben, gegen all das, was wir wieder zum Inbegriff des Schweizerischen erhoben haben und in dem sie nur noch das Hindernis sah, das den Weg zur geradezu physisch notwendig gewordenen Ordnung der Gegenwart versperrte und jeden Anlauf zu Ohnmacht und hoffnungsloser Zersplitterung verurteilte; und sie hat schliesslich ruchlos mit militärischer Gewalt das einheitsstaatliche Gesetz der Mehrheit durchgesetzt, um überhaupt einen Durchbruch zu erreichen. So ist uns die Vorgeschichte des schweizerischen Bundesstaates, die noch der Stolz der Historikergeneration der Jahrhundertwende war, zur Verlegenheit geworden. Wir loben noch den schliesslich erreichten Kompromiss oder doch das, was daran Kompromiss war, aber die radikale Durchsetzung einer einheitlichen staatlichen Ordnung, die notwendig war, um den Trägheitswiderstand zu brechen und diesen Kompromiss zu erzwingen, erscheint uns geradezu als unschweizerisch und verwerflich. In unseren historischen Festreden ist der Bundesstaat 1291 auf dem Rütli gegründet worden und nicht 1847 im Sonderbundskrieg; wir lassen nur das Bündische an ihm gelten und reden von der Eidgenossenschaft als freiem und freiwilligem Staatenbund, da sie doch längst aufgehört hat, ein freier Staatenbund zu sein und als solcher niemals lebensfähig geblieben wäre; und wenn wir der Umwelt Lehren in Föderalismus erteilen, messen wir gern mit diesen Kriterien, die bei uns selbst nur noch in Trachtenaufzügen Gültigkeit haben.

 

Es ist gefährlich, wenn Geschichtsbewusstsein und Geschichtswahrheit, und damit auch Staatsbewusstsein und Staatswirklichkeit, so weit auseinanderrücken, dass wir von uns selbst nur noch in Mythen sprechen können. Wir haben uns eine Denkschablone des Eidgenössischen geschaffen, die weniger dazu dient, unsere Gegenwart zu gestalten, als uns vor ihr in Illusionen über uns selbst zu flüchten. Wir verlangen von den Lehrern aller Stufen die Vorbereitung der künftigen Staatsbürger auf ihre staatsbürgerliche Verantwortung, aber wenn sie nach Unterlagen für solchen Unterricht verlangen, liefern wir ihnen bestenfalls Texte für Bundesfeierreden. Wir haben eine Ideologie der Gemeindefreiheit, aber wir haben keine Gemeindesoziologie und kaum eine gute Untersuchung über die Wirksamkeit und Vitalität, mit der unsere Gemeinden ihre Selbstverwaltungs- und Integrationsfunktionen noch erfüllen; wir haben eine Ideologie des Stufenbaus der Gemeinschaft, aber keine Untersuchung so grundlegender Fragen wie etwa dieser, wie denn eigentlich heute Bundes-, Kantons- und Gemeindeverwaltungen ineinandergreifen, ob sie sich ergänzen oder im Kleinkrieg der Kompetenzstreitigkeiten aufreiben. Haben wir überhaupt eine Theorie und Praxis des Föderalismus, die etwas anderes wäre als Geschichtserzählung einerseits und Misstrauen gegen Neuerungen anderseits? Ist es für uns nicht zum stehenden Satz geworden, dass der schweizerische Föderalismus grundsätzlich nichts anderes ist als die Bewährung des historisch Gewachsenen, das keine Systematisierung, keine theoretische Durchdringung und keine begriffliche Ordnung verträgt? Eine Theorie des Föderalismus haben die Gründer des amerikanischen Bundesstaates geschaffen; die grossen politisch-philosophischen Dokumente des Föderalismus sind die Federalist Papers, in denen vor allem die Beiträge James Madisons heute noch so frisch sind wie im 18. Jahrhundert; in ihnen ist der Föderalismus das positive Prinzip des Zusammenschlusses in der Freiheit und zum Schutze der Freiheit, nicht als mühsamer Kompromiss zwischen unvereinbaren Prinzipien – wie etwa in der aufschlussreichen «Rettung» des Bundesstaatsbegriffs im Bundesstaatsrecht von Fleiner-Giacometti –, sondern als eigenständiges, zukunftsträchtiges Prinzip des vielgliedrigen Staatsaufbaus, das den historisch konstituierten wie den neu zu bauenden Gemeinschaften ihr Recht gewährleistet, aber die Rechte des Individuums und der Minderheiten sowohl wie die des Gesamtinteresses gegen die Tyrannis oder den Kollektivegoismus dieser lokalen Gemeinschaften dem Schutz der Bundesgewalten anvertraut. Eine solche positive Idee des Föderalismus ist in der Schweiz kaum entwickelt und nie recht volkstümlich geworden, auch wenn wir manches vom äusseren Gerüst des Bundesstaates in Amerika entliehen haben; bei uns hat das Wort und die Parteiparole des Föderalismus stets vor allem den negativen Sinn des Antizentralismus, wenn nicht der partikularistischen Obstruktion bewahrt; zum Teil aus intellektueller Abhängigkeit von kontinentaleuropäischen, dem monistischen Souveränitätsbegriff verschriebenen Staatstheorien, für die der Bundesstaat stets ein Zwitter oder ein Unding blieb – während die angelsächsische Welt überall ausserhalb Europas Föderativstaaten entwickelte –, zum Teil aus urwüchsiger schweizerischer Tradition der Kommunalfreiheit, die sich bis an den Rand des Untergangs der Verwirklichung und selbst der Konzeption des Bundesstaates widersetzte.

 

Diese im Hochmittelalter verwurzelte schweizerische Freiheitstradition ist in der Tat zutiefst archaisch, vorstaatlich, dem Staat und jeder übergreifenden Ordnung fremd und feindlich, im eigentlichen Sinne anarchisch. Ihre Symbole sind der Teil und die Verschwörung auf dem Rütli – Symbole, die vielerlei historische, literarische und ideologische Läuterungsversuche zwar getrennt und sogar gegeneinandergestellt haben, die aber im lebendigen Volksbewusstsein zu einem einzigen verschmolzen, zur Kollektivgestalt der drei Teile, die auf dem Rütli schwuren, wie sie noch den aufständischen Bauern des 17. Jahrhunderts vorauszogen – die Version, die auch noch Goethe 1775 auf dem Vierwaldstättersee in sein Tagebuch eintrug und in der er instinktsicher die «tellurische» Personifizierung des kollektiven Demos erkannte, der gegen den Herrn aufsteht. Die ungeheure archetypische Kraft, die dieses Doppelsymbol bis in alle Idealisierungen und Verballhornungen in der europäischen Revolutionszeit weit über die Schweiz hinaus ausstrahlte, ist uns heute vielleicht bis zur Harmlosigkeit fremd geworden, aber sie durchzieht die ersten Jahrhunderte der Schweizergeschichte im ständigen Kriegszug der Puren gegen die Herren, der Rustizität gegen die Nobilität, wie sich Chorherr Hemmerli ausdrückte, und um ihretwillen ist seit dem Alten Zürichkrieg der Name der als Aufwiegler gegen jede weltliche und geistliche Autorität verrufenen Schwyzer schliesslich auf die Schweizer übergegangen. Es ist keine Tradition der individuellen Freiheit und des individualistischen Rechtsstaats, sondern der Kollektivfreiheit der genossenschaftlichen oder Stammesgemeinschaft, in welcher der einzelne unentrinnbar an Überlieferung, Sitte und Väterglauben gebunden ist, die Einzelgänger nicht duldet und keine Toleranz für fremden Geist und fremde Sitte kennt, und es ist auch keine Tradition universeller Freiheit und Gleichheit, sondern des erkämpften Sonderrechts der geschlossenen Gemeinschaft, die ihre Rechte nicht mit Aussenstehenden teilt und durchaus andere unterwerfen und beherrschen kann. Wir zögern mit Recht, die alten Orte Staaten zu nennen, da in ihnen die kollektiv handelnde Genossenschaft die Staatsorganisation ersetzte und die Spezialisierung von Regierungs- und Verwaltungsfunktionen sich praktisch auf die durch Sold- und Pensionswesen geförderte Hegemonie von Familiendynastien reduzierte. Auch in den Stadtrepubliken der alten Eidgenossenschaft, sogar in der mächtig ausgreifenden bernischen Territorialherrschaft, blieb trotz differenzierteren Strukturen die Entwicklung staatlicher Verwaltungsorgane durchaus rudimentär, weshalb auch die untertänigen Landstädte und Landgemeinden zwar eine Obrigkeit, aber wenig einebnende Eingriffe in ihre angestammten Autonomien und Gewohnheitsrechte kannten. Und dementsprechend blieb das schweizerische politische Denken bis in sehr neue Zeit ein Denken gegen den Staat oder eine Negierung des Staates.

 

In diesem einen Punkt treffen sich sogar die beiden extrem entgegengesetzten Geister, die in der Zeit des europäischen Umbruchs aus dem Bannkreis der Eidgenossenschaft heraus auf Europa gewirkt haben: der usurpierte Schutzheilige der jakobinischen Revolution, Rousseau, für den der Staat so gut wie das Individuum in der kollektiv handelnden Bürgergemeinde aufgehoben und ausgelöscht ist, und der Ideologe der Konterrevolution, der Restaurator der Staatswissenschaften Karl Ludwig von Haller, für den das alte Bern, wie für Rousseau das alte Genf, das Modell der naturgemässen Civitas war, kein Staat, kein Gebilde öffentlichen Rechts, sondern eine privatrechtliche Korporation alteingesessener Bürger, deren Staatswesen nichts anderes ist als die Summe ihrer wohlerworbenen Titel und Rechte. Diese äussersten Gegensätze politischer Leidenschaft, welche die Schweiz hervorgebracht hat, sind darin einig, dass sie den Begriff Staat als Abstraktion verwerfen und nur das eng begrenzte konkrete Gemeinwesen physisch verbundener Bürger als politisch handelnde Einheit kennen wollen, in der Bürgervolk, Souveränität und Regierung identisch sind. Und die bildhafte Darstellung dieses konkreten, vor- und antistaatlichen Gemeinschaftsbewusstseins liesse sich durch die ganze schweizerische Literatur verfolgen, anarchisch grollend bei Gotthelf wie bei Ramuz, für die alles, was nach Staat roch, Politik, Justiz, Beamte und Formulare, ein rotes Tuch war und die beide auf so unverwechselbar schweizerische Art die Schweiz leugneten; positiv bejahend bei Troxler und bei Keller, für die die Schweiz nur in Volksversammlung und Volksfest, in Vaterlandes Saus und Braus und Schützenfesttumult als «sichtbarer Staat» vorhanden war; und selbst die letzten und verdrossensten Karikaturen der Schweiz, Güllen und Andorra, sind keine Darstellungen von Haupt- und Staatsaktionen, sondern von kollektiv handelnden – in diesem Fall kollektiv kapitulierenden – Gemeinden ohne Hierarchie und Obrigkeit, wie Seldwyla, wie Gytiwil.

 

Es steht ausser Zweifel, dass diese Tradition für die schweizerische Form der Demokratie und des Bürgersinns ein unvergleichlicher Kraftquell ist – oder war und dass ohne sie die Schweiz nicht geworden wäre, was sie ist. Aber aus ihr erklärt sich vielleicht auch die bemerkenswert geringe staatsbildende Kraft der alten Eidgenossenschaft und die eigenartige Tatsache, dass sie bis zum Ende kaum einen Versuch geliefert hat, ihre eigene Struktur und staatliche Form zu durchdenken oder auch nur begrifflich zu ordnen. Wenn wir von unserer nun bald tausendjährigen vorbildlichen Erfahrung des Föderalismus sprechen, so hätte gerade der Historiker etliche Vorbehalte anzubringen. Das verworrene und heterogene Bündel hoch- und spätmittelalterlicher ungleicher Bündnisse zwischen kriegerischen Bergtälern und freien Städten, in dem sich eine dreiörtige, eine siebenörtige, eine acht-, zwölf- und dreizehnörtige Eidgenossenschaft mit allerlei besonderen Nebenbünden, Protektoraten und Untertanengebieten ineinander verschachtelten, ohne je miteinander zu verschmelzen, stand um 1500 auf der militärischen Machthöhe vor der Entscheidung, ein Minimum politischer Einheit  eine gemeinsame Regelung des Reislaufens und der äusseren Bündnispolitik  zu schaffen, und sie scheiterte daran schon vor der Glaubensspaltung, die fortan für drei Jahrhunderte jeden Gedanken gemeinsamer Politik verbot. In der werdenden Staatenwelt Europas verharrte dieses unscharf umrissene Konglomerat im vorstaatlichen Zustand einer losen Symbiose gleichsam einzelliger politischer Lebewesen; von ihm galt, was der Restaurationsphilosoph Bonald noch 1820 von der Eidgenossenschaft sagte: «Les cantons suisses sont, dans la Chrétienté, de grandes municipalités, qui ont le pouvoir civil, auxquelles leurs sujets doivent certainement obéir, mais qui n’ont le pouvoir politique (se. la souveraineté) que sous le bon plaisir des grandes puissances.» Ihr Überleben in dieser Sklerose wurde nicht durch ihren inneren Zusammenhalt und die sehr brüchigen Mechanismen der Beratung und des Ausgleichs gesichert, sondern durch die äussere Macht des Faktischen, jenes europäische Interesse am einmal entstandenen Status quo im Alpenvorraum, das ansatzweise schon in der schlichtenden Intervention des Basler Konzils und der Reichsstände im Alten Zürichkrieg wirksam geworden war und das dann vom 16. zum 18. Jahrhundert diesem neutralisierten Raum im Schnittpunkt der Machtpolitik zwischen Frankreich und Habsburg die Unversehrtheit sicherte. Es war vor allem die französische Staatskunst, die sich immer wieder dafür einsetzte, diesen Keil im habsburgischen Länderkonglomerat zusammenzuhalten. Noch der einzige und letzte gemeinsame Staatsakt des 18. Jahrhunderts, die Erneuerung des Bündnisses mit Frankreich, war ein mühsames und langwieriges Werk der französischen Diplomatie, nach ihren Wünschen gebaut, das denn auch die ganze Westflanke der Eidgenossenschaft klaffend offen und ungesichert liess. Als zwanzig Jahre später der nachrevolutionäre französische Imperialismus in veränderter strategischer und politischer Situation sein Interesse nicht mehr darin sah, die Schweiz zu neutralisieren, sondern sie in sein strategisches Dispositiv einzubeziehen, gab es keine eidgenössische Staatskunst, keine Solidarität der Orte und keine Bundesinstitution, die auch nur den Versuch erlaubt hätte, das Verhängnis aufzuhalten.

 

Der Historiker soll nicht spekulieren; doch gegenüber dem wieder modern gewordenen Lob des alten institutionslosen Bundes gibt es auch in der Geschichte manches Wenn, das hart wie Tatsachen ist. Wenn nicht 1798 das französische Direktorium nach etlichem Schwanken sein wohlerwogenes Interesse darin gefunden hätte, einen starken helvetischen Satellitenstaat zu schaffen – etwa wie Stalin 1945 ein «starkes Polen» –, so wäre der Untergang der alten Eidgenossenschaft der Untergang der Schweiz gewesen. Wenn Frankreich irredentistische Nationalpolitik getrieben und die befreite Waadt, wie Genf und den Jura, sich einverleibt hätte, so hätte ausser dem geschlagenen Bern und den helvetischen Revolutionsmännern wie Ochs und Laharpe kein Hahn danach gekräht; wenn Bonaparte beschlossen hätte, die tessinischen Vogteien der cisalpinischen Republik einzuverleiben wie das rätische Veltlin, so gäbe es keine dreisprachige Eidgenossenschaft, denn Österreich hätte 1814 das eine so wenig zurückgegeben, wie es das andere zurückgab, und eine moralische Legitimation der Rückforderung hätte es nicht gegeben. Wenn Frankreich den Plan des Generals Brune verwirklicht hätte, zur Einsparung von Kräften die Umwälzung auf das schweizerische Mittelland zu begrenzen und die widerborstigen Urkantone als Teilgau sich selbst zu überlassen, so wissen wir aus den Akten der Helvetik, dass die Urkantone diese Auflösung der Eidgenossenschaft als Gottesgeschenk begrüsst hätten. Zwölf Jahre lang hielten nun nach dem Scheitern der Helvetischen Republik die französische Protektoratsmacht und das geniale Verfassungsdiktat Napoleons die innerlich haltlose Eidgenossenschaft zusammen; und als dann mit der Auflösung der napoleonischen Kontinentalherrschaft auch sein helvetischer Vasallenstaat wieder in Auflösung überging, war es wiederum nicht eine Welle eidgenössischer Solidarität und nationalen Zusammengehörigkeitswillens, was die Schweiz zusammenhielt und sogar vergrösserte, sondern die Staatskunst des Wiener Kongresses, die zwischen Frankreich und Mitteleuropa von Sardinien-Piemont bis zum vereinigten Königreich der Niederlande eine Zone starker Pufferstaaten errichtete, in der auch eine verstärkte neutralisierte Schweiz unter dem Protektorat der Heiligen Allianz «im Interesse ganz Europas» ihren Platz hatte. Wenn wir nach den schweizerischen Staatsmännern suchen, die zu diesem Resultat tatkräftig beitrugen, so finden wir wiederum kaum Männer aus der alten Eidgenossenschaft, sondern den Waadtländer Revolutionsmann Laharpe und die im diplomatischen Dienst der Grossmächte aufgestiegenen Genfer und Neuenburger, die ihre Orte in den Hafen dieses Staatsgebildes steuern wollten, das allein ihre kommunale Unabhängigkeit sicherte. So entstand nochmals, gestärkt und doch jedem Windstoss preisgegeben, das seltsame regierungslose Gebilde des Bundesvertrages von 1815 mit seiner wandernden Bundeslade, auf das der zitierte Satz Bonaids von den Munizipalitäten unter dem Protektorat der Mächte gemünzt war und von dem Tocqueville sagte, dass seine Verfassung eine der absonderlichsten Missgeburten der Geschichte sei. Ein Gebilde, das denn auch sogleich in Auflösung und schliesslich in Anarchie und Faustrecht überging, als 1830 die äussere Klammer der Heiligen Allianz zerbrach.

 

In dieser zwanzigjährigen Epoche steigender Unordnung, sich jagender Putsche und Gegenputsche und bewaffneter Auszüge über die Kantons- und Landesgrenzen hinweg wurde endlich die Bewegung zur Schaffung des starken Gesamtstaats, die bisher die Sache einer kleinen intellektuellen Elite gewesen war, zur Volksbewegung, und im Tumult der politischen Massenversammlungen und radaufreudigen Schützenfestkundgebungen über alle Kantone hinweg, im Einbruch der politischen Pest, wie Gotthelf sagte, wurde erstmals ein gesamtschweizerischer Nationalwille sichtbar. Er entstand aus der Not, einen Staat zu schaffen, welcher der eigenen Unordnung Herr werden könnte; und aus seiner Kenntnis der Entstehung des amerikanischen Bundesstaates hat Tocqueville 1847 richtig gesehen, dass schliesslich selbst jene Verteidiger der Vieille Suisse, die bisher der Schaffung einer Bundesgewalt den unerbittlichsten Widerstand geleistet hatten, sie schliesslich aufatmend begrüssen würden, um der schlimmeren Tyrannis der Lokalputsche sich bekämpfender Revolutions- und Glaubenskomitees zu entgehen. Doch für jede idealisierende und idyllisierende Darstellung der Schweizergeschichte, die im modernen Bundesstaat nur den in jahrhundertelanger organischer Entfaltung gewachsenen Rütlibund sehen möchte, bleibt die Verlegenheit, dass diese Bewegung zunächst sehr wenig Sinn für das hatte, was sich in der Schweiz Föderalismus und föderalistische Tradition nannte und gerade als Sammelzeichen für alle Widerstände gegen den Bundesstaat diente, dass der schweizerische Staat gerade gegen die Urschweiz, das Urbild und den Ursprung der Eidgenossenschaft und all ihrer Symbole, gewaltsam erzwungen wurde, und jene grösste Verlegenheit, dass sich das Diktat der Mehrheit zuerst gerade am uneidgenössischsten, verletzendsten und schlechthin nicht zu rechtfertigenden Gegenstand übte, an der Einmischung in die Schul- und Ordenspolitik der katholischen Zentralschweiz, weshalb wir denn auch über diese entscheidende Episode unserer Geschichte gern schnell und vertuschend oder schöngeistig zerredend hinweggehen.

 

Dennoch ist es nicht wahr, dass der Sonderbundskrieg ein Konfessionskrieg war, auch wenn die auf eine nicht mehr aufschiebbare Entscheidung drängende Demagogie auf beiden Seiten sich begierig dieses Zündstoffs bemächtigte, an dem sich besser als an jedem andern die Volksleidenschaften entzündeten; auch dies übrigens ein Erbe der alten Eidgenossenschaft, deren souveräne Orte die konfessionelle Ausschliesslichkeit und die der Lokal- und Stammesgemeinschaft eigene eifernde Unduldsamkeit intakt bewahrt hatten, als manche europäische Nachbarländer das Zeitalter der Aufklärung und der staatlich garantierten Toleranz schon hinter sich hatten. So hatte die territoriale Neuordnung der napoleonischen Zeit und der Restauration, welche die Eidgenossenschaft ebenso wenig genau nach Konfessionen einteilen konnte wie der Versailler Friede den Donauraum nach Nationalitäten, mit seinen neuen oder neubegrenzten konfessionell gemischten Kantonen Genf, Freiburg, Bern, Aargau, Thurgau, St. Gallen eine Balkansituation geschaffen, die im besonders heterogenen Aargau explodierte. Doch hier – wie anderswo in den Nationalitätenkämpfen – ging es im Grunde um den Gegensatz zwischen «entwickelten» und «unterentwickelten», neuzeitlichen und archaischen Gebieten und Lebensformen, deren Grenzen durch eine der Schweiz eigentümliche Entwicklung annähernd zu Konfessionsgrenzen geworden waren, und insofern wirklich um einen Gegensatz zwischen Zeitgeist und altem Schweizergeist; das Verharren im verstaatlichten Zustand der anarchischen Lokalsouveränität vermochte noch den Lebensbedürfnissen einer Gotthelf’schen Grossbauerngemeinde oder der innerschweizerischen Urdemokratien zu genügen, für die übrige Schweiz, die längst die Schwelle des industriellen Zeitalters überschritten hatte, war sie zur erstickenden Absurdität geworden, und das Recht auf Rückständigkeit, auf das die alten Orte pochten und das sie damit der ganzen Eidgenossenschaft auferlegten, war für sie eine Tyrannis geworden. Tatsächlich waren es nur die Urkantone, und unter diesen eigentlich nur Nidwalden und Uri, denen die Zustände der Gründungszeit noch vollkommen gemäss waren und die geschlossen zu ihrer Erhaltung standen; das katholische Luzern, von dem ja der erste Ruf zur Bundeserneuerung ausgegangen war, wurde genau durch die gleichen Kämpfe zwischen aufgeklärter Stadt und altgläubigem Landvolk zerrissen wie das protestantische Zürich; Freiburg war politisch und konfessionell gespalten, das Tessin vom Antiklerikalismus des Risorgimento mitgerissen, sogar Schwyz und das Wallis waren in bürgerkriegsähnlichen Wirren knapp an der Kantonsteilung vorbeigekommen: Buchstäblich nirgends liess sich das Leben des 19. Jahrhunderts noch in die alten kantonalen Verfassungen und Souveränitäten zwängen.

 

Und dennoch, von unserer neukonservativen Ideologie der Schweiz aus gesehen, wie sehr haftet das Prädikat «unschweizerisch» an dieser ganzen Bewegung, die über Helvetik, Regeneration und Sonderbundskrieg zum Bundesstaat führte; wie viel echter schweizerisch klingt heute wieder das Manifest der Sonderbundskantone, das den alten Bund für zerrissen erklärt, wenn der Mehrheitszwang und das fluchwürdige Joch der Zentralgewalt in der Eidgenossenschaft Geltung erlangen, als etwa die Präsidialrede Ulrich Ochsenbeins vor der Schicksalstagsatzung von 1847, die so kosmopolitisch-fortschrittlich das Mitmarschieren mit dem Zeitalter der Schienenbahn, des Dampfschiffs und des Welthandels fordert und die denn auch, wie alles jeweils Fortschrittliche, längst vergilbt ist. Wie unschweizerisch anrüchig erscheinen uns so viele Wortführer der von politischen Emigranten und Verschwörern aus ganz Europa durchsetzten schweizerischen Fortschrittspartei, vom Propagandachef der Helvetik, dem Magdeburger Heinrich Zschokke, über den Schöpfer des ersten Bundesverfassungsentwurfs, den Luccheser Flüchtling und späteren römischen Innenminister Pellegrino Rossi, über die Gotthelf so verhassten «Nassauer», die Brüder Snell, die vom Küsnachter Memorial bis zum Nationalverein die Manifeste der Regenerationszeit inspirierten, mit ihren Schwiegersöhnen Stämpfli und Niggeler, ja bis zur freischärlerischen Jugendlyrik Gottfried Kellers, die so penetrant nach Herwegh, Freihgrath und Fallersleben klingt – «vom Jura bis zum Splügen, vom Rhodan bis zum Rhein»: Ist es nicht das schweizerische Echo des «Von der Maas bis an die Memel»?

 

All das ist wahr, der Zeitgeist hatte den Gotthelf’schen Altschweizer Geist tief angefressen. Und doch gibt es auch hier ein historisches Wenn, das hart wie eine Tatsache ist: Es ist schlechthin nicht auszudenken, wie die der Anarchie und inneren Zerrissenheit verfallene Schweiz, deren eine Partei auf die Intervention der konservativen Mächte hoffte und deren andere Partei mit ihren ausschwärmenden Freikorps sich in alle nationalen Kämpfe Mitteleuropas verstrickte, in Baden der preussischen, in Mailand der österreichischen und in Rom der französischen Interventionsarmee gegenüberstand und das Eingreifen der nochmals siegreichen konservativen Mächte geradezu herausforderte, wie dieses Bündel von Kantonen, über dessen nationalen Zusammenhalt damals nicht nur Burckhardt tiefe Skepsis äusserte, die Zeit der europäischen Revolution und Gegenrevolution intakt überstanden hätte, wäre nicht in einem gewaltsamen Bruch alten Rechts durch neues Recht gerade noch rechtzeitig der nach innen und aussen handlungsfähige Bundesstaat zusammengeschweisst worden; zusammengeschweisst auch gerade aus einem echten, sogar recht kraftmeierischen Unabhängigkeitswillen, der des Stillesitzens im Status eines ohnmächtigen neutralisierten europäischen Protektorats überdrüssig war und denn auch bezeichnenderweise aus der Definition der Bundeszwecke in der Verfassung von 1848 die Neutralität strich, die der Entwurf von 1832 hier vorgesehen hatte, um stattdessen ihre Wahrung gleichgeordnet neben Bündnisabschluss, Kriegserklärung und Friedensschluss unter die Kompetenzen der Landesbehörden zu verweisen. Gewiss, das neue, überbordende Machtgefühl hat später manchen Dämpfer erhalten; doch die Errichtung des Bundesstaates war wirklich, wie es Thiers in der französischen Kammer formulierte, eine schweizerische Unabhängigkeitserklärung.

 

Dennoch scheinen wir gegenüber dieser Tat, die das Ende der alten Eidgenossenschaft und die Schaffung der neuen Schweiz war, das schlechte Gewissen bewahrt zu haben, das schon in der zwiespältigen Terminologie der Bundesverfassung durchbricht, und sogar wenn wir feststellen, dass diese Tat nötig war, klingt ein «leider» mit. Wenn wir in eidgenössischen Gewissensforschungen unseren Föderalismus diskutieren oder vor dem Ausland seine Sonderart herausstreichen, sind wir stets geneigt, die bedauerliche Tatsache des einheitlichen Bundesstaates recht klein zu schreiben und dafür die Souveränität der Kantone ganz gross, und wir haben uns endlos mit diesem vom kontinentaleuropäischen Staatsabsolutismus geprägten Souveränitätsbegriff abgemüht, der in einer Bundesverfassung ein Fremdkörper ist, weil sie ja gerade die Souveränität relativiert und auf viele Organe und Glieder aufteilt. Was Föderalismus ist, lässt sich in dieser klassischen europäischen Staatsrechtsterminologie überhaupt nicht definieren, sondern am ehesten noch mit einem den Mediävisten vertrauten Terminus, der vielleicht eine neue Laufbahn vor sich hat; die Föderation ist die völkerrechtliche Mediatisierung zuvor unabhängiger Gemeinwesen unter einer gemeinsamen Bundesgewalt, die fortan im internationalen Recht allein als Staat auftritt.

 

Die Theorie oder vielmehr die formalen Rezepte des Föderalismus haben wir denn auch 1848 aus Amerika entliehen, weil sich nirgends in Europa ein Vorbild bot und auch aus unserer eigenen Geschichte sich keines ergab. Es sind wenige und sehr einfache Prinzipien für einfache Staatsgebilde, im Grunde genommen nur zwei: die doppelte Ableitung der Bundesgewalt aus dem Gesamtwillen und dem Willen der konstituierenden Teile, die in Volksvertretung und Ständevertretung gleichberechtigt an Gesetzgebung und politischer Entscheidung mitwirken; und der limitative Charakter der Bundesverfassung, den das 10. Amendment der amerikanischen Unionsverfassung kurz und klar formuliert: Alle Rechte, welche die Verfassung nicht ausdrücklich den Bundesbehörden überträgt, verbleiben den Einzelstaaten. Und beide Prinzipien sind nur Ausdruck jener Aufteilung der Staatsfunktionen zwischen dem Ganzen und den Gliedern, die der Sinn des Föderalismus ist, wobei die Verfügung über die letzte Gewalt – die paramount power – eindeutig den Bundesbehörden zugewiesen bleibt. Damit ist die Theorie des Föderalismus im Grunde erschöpft; alles weitere, die materielle Organisation der Bundesgewalten – nach dem klassischen Prinzip der Gewaltentrennung differenziert in der amerikanischen, eher rudimentär in der schweizerischen Verfassung – und die sachliche Verteilung der Kompetenzen, die orts- und zeitbedingt und notwendigerweise fliessend ist, bleibt Sache der praktischen Ausgestaltung. Der Föderalismus ist eine Form, die sehr verschiedene Inhalte aufzunehmen vermag. Australien und Kanada, Brasilien und Mexiko, Indien und Nigeria, die Sowjetunion und Jugoslawien sind Bundesstaaten: Ihr Inhalt wird bestimmt durch die politische Struktur der Glieder. Zum Inhalt des schweizerischen Bundesstaates ist die vielstufige Ausübung der direkten Demokratie geworden.

 

Auch dieser Satz, der uns heute zum Gemeinplatz geworden ist, galt vor hundert Jahren noch keineswegs. Jener Artikel 6 der Bundesverfassung, der die Bedingungen für die Gewährleistung der Kantonsverfassungen formuliert und ihnen vorschreibt, dass sie die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen, und zwar entweder repräsentativen oder demokratischen Formen sichern müssen, scheint uns heute vor allem durch seine Gegenüberstellung der demokratischen und der repräsentativen, das heisst parlamentarischen Regierungsform bemerkenswert, die uns die Genugtuung gibt, der einzige nach unserer Rousseau’schen Definition demokratische Staat der Welt zu sein. Doch in der Geburtsstunde des Bundesstaates hatte er einen etwas anderen Sinn: Die demokratische Regierungsform war die zum allmählichen Aussterben verurteilte Regierungsform der alten Landsgemeindekantone, angemessen den einfachen Sozialkörpern der kleinen bäuerlichen Bergkantone – soeben hatte auch Schwyz um des Friedens mit dem äusseren Landesteil willen die Landsgemeinde abgeschafft –, und ihre Gewährleistung war, ähnlich wie in der napoleonischen Mediation, ein Zugeständnis an die wirtschaftlich und sozial Zurückgebliebenen. Für die liberalen Fortschrittskantone des frühindustriellen Zeitalters erschien das repräsentativparlamentarische System, dem anscheinend in ganz Europa die Zukunft gehörte und das in der Schweiz im Escher’schen System seine höchste Blüte erreichte, als allein zeitgemäss; der Bundesstaat selbst war in seinen drei ersten Jahrzehnten durchaus ein liberal-parlamentarischer Verfassungsstaat. Wie wenig die politischen Sitten der Orte diesem rechtsstaatlichen System entsprachen, hatte allerdings Tocqueville schon in der Regenerationszeit festgestellt, und liberale Staatsrechtler wie Bluntschli und Friedrich Ludwig Keller hatten sich schaudernd aus diesem Gärtopf demokratischer Revolution in die Emigration zurückgezogen.

 

Was dann geschah, wissen wir; wie im einmal gefestigten Bundesstaat und dank ihm, der die Kantone der Sorge um ihre äussere Souveränität, Integrität und Sicherheit und damit des Zwangs zu verteidigungsbereiter Machtkonzentration enthob, die innenpolitische Demokratie sich durchsetzen konnte und in einem nochmaligen Aufruhr der Puren gegen die Herren, der Rustizität gegen die Urbanität die parlamentarische Herrschaft die Besitz- und Bildungselite wegfegte, um überall, in den Gemeinden wie in den Kantonen, mit der Volkswahl der Beamten, Lehrer und Richter, mit dem Volksentscheid über Gesetze und Finanzmassnahmen die der urschweizerischen Landsgemeinde entsprechende direkte Volkssouveränität durchzusetzen. Der Staatsausbau nach oben, der die Rechte und Bedürfnisse der Gesamtheit sicherte, fand sein Korrelat im Ausbau der Demokratie nach unten, in der nochmaligen Durchbrechung und Relativierung der Kantonalsouveränität durch die Gemeindedemokratie. Gewiss, die ruchen Puren, die da gegen die Herren aufstanden, waren in ihrer Mehrheit gar keine Bauern, es waren Handwerker, Unternehmer und Fabrikler der Landgemeinden, nicht die Leute von Lützelflüh und Gytiwil, sondern die Seebuben und die Leute von Seldwyla, die nun zum eigentlichen Staatsvolk der schweizerischen Demokratie wurden; doch die eigenartige Form, welche die frühe Industrialisierung in der rohstofflosen Schweiz annahm, entlang den Wasserkräften über das Land und bis in die Bergtäler verstreut, ohne Konzentration eines entwurzelten Proletariats in Grossstädten und Schwerindustriegebieten, hat die für die Schweiz lange charakteristische Erhaltung des ländlichen Rahmens und einer bäuerlichen Mentalität auch in soziologisch längst vorwiegend industriellen Gebieten und Gemeinden ermöglicht; und auch in diesen Gemeinden war die Vorstellung schweizerischer Kommunalfreiheit lebendig geblieben, die lange ein Vorrecht der regierenden Orte gewesen war, nach der aber auch die andern stets verlangt hatten, wie 1798 die Tessiner, als sie die Freiheit, aber die schweizerische, la libertà svizzera, forderten und genau wussten, was sie damit meinten. In dieser nie ganz unproblematischen Übertragung der urschweizerischen Freiheitsidee auf die industrialisierte «äussere Schweiz», in der Durchsetzung der direkten Demokratie auf allen Stufen, schrittweise und begrenzt vor dem Jahrhundertende auch im Bund, kamen das konservative und das radikale Ideal, die Urdemokratie der Bergkantone und die Urnendemokratie der Industriekantone, das enge Heimatgefühl und die schweizerische Nationalidee zur Deckung und zur Versöhnung. In ihr hat die Schweiz damals eine eigene, unverwechselbare politische Zivilisation geschaffen, die nicht nur eine Staatsform, sondern eine Lebensform ist und deren Bindekraft gross genug war, die Konfessions-, Sprach- und Kulturgrenzen durch ein gemeinsames politisches Nationalbewusstsein zu überbrücken. Dass dieses Nationalbewusstsein nicht an angestammte, vererbte Eigenschaften wie Sprache und Volkstum, sondern an eine historisch geschaffene politische Lebensform geknüpft ist, macht seine Grösse und seine Problematik aus, weil diese Lebensform eben echte Lebensform bleiben muss und nicht zur blossen Staatsform verkümmern darf, wenn die Schweiz ihre raison d’être bewahren soll.

 

Der Punkt, an dem der Höhenweg der «Geschichte» endet und die niedere Gegenwart – oder «die Politik» – beginnt, wechselt mit dem Gesichtspunkt des Betrachters. Für die Lehrer, bei denen meine Generation zur Schule ging, war es 1848 oder 1874, wenn nicht gar 1798 oder 1516, jedenfalls aber die Jahrhundertwende. Der Ausbau der politischen Demokratie war im Grunde mit der Einführung der Verfassungsinitiative 1891 abgeschlossen, und was seitdem hinzukam, wie das Referendum für Staatsverträge, ist längst wieder fragwürdig geworden. Doch wir wissen wohl, dass unsere Geschichte auch 1891 nicht zu Ende ging und dass sie seither keine reine Erfolgsgeschichte war. Gewiss, die formalen Prinzipien des Föderalismus sind intakt, nicht nur politisch, sondern auch administrativ; die Eigenständigkeit der Kantone, soweit sie diese wirklich wahren wollen, und ihr Mitspracherecht in Bundesgesetzgebung und Bundesentscheiden, wo immer sie es wahrnehmen wollen, sind nicht in Frage gestellt. Noch immer führt die schweizerische politische Laufbahn wenn nicht über die Gemeinde – hier sind die Verbände in Konkurrenz getreten –, so doch über den Kanton als Hausmacht. Die Regel, die sich im zweiten Anlauf der Verfassungsrevision von 1872–1874 durchsetzte, Recht und Verwaltung wohl schrittweise zu vereinheitlichen, aber nicht zu zentralisieren, ist peinlich, fast abergläubisch hochgehalten worden; ausser den technischen Diensten der Bundesbahnen und der PTT gibt es ausserhalb Berns eigentlich keine Bundesverwaltung; Schule, Justiz, Polizei, Fiskus, ja als Rudiment der Vorzeit auch die Militärverwaltung blieben kantonal. Nach wie vor steht den Kantonen das ganze Arsenal der Staatlichkeit zur Verfügung, um ihre Initiative zu entfalten, wann immer sie dazu willens und fähig sind. Und doch scheinen wir unter dem Albdruck zu leben, dass die politische Zivilisation, die das föderalistische Gebäude tragen sollte, innerlich abstirbt und die kantonale Eigenständigkeit zur intakten, doch hohlen Fassade wird.

 

Woher diese ständige Besorgnis? Dass die wirtschaftliche und soziale Integration der Schweiz seit hundert Jahren über alle Kantonsgrenzen hinweg fortschreitet und dass damit auch die Zahl der gemeinsamen Probleme wächst, die organisatorisch oder gesetzlich auf Bundesebene, ja immer häufiger im internationalen Rahmen gelöst werden müssen, wissen wir, und im Ernst beklagen könnten wir diese Entwicklung nur, wenn es unser Ideal wäre, im wörtlichen Sinne «hinterm Berg» zu bleiben. Doch es ist nie geschehen, dass sich der Bund aus einer Art von «zentralistischem Imperialismus» irgendwelcher Gebiete der Verwaltung und Gesetzgebung bemächtigt hätte, welche die Kantone aus eigener Kraft zu bewältigen wünschten; er hat immer erst dann eingegriffen, lieber zu spät als zu früh, wenn keine andere Behörde sich eines Aufgabenkreises annahm, der nicht mehr vernachlässigt werden durfte, und er konnte es nur mit der doppelten Zustimmung der Kantone und des Volkes. Der Hader um die föderalistische Aufgabenverteilung spielt sich denn auch gar nicht zwischen dem Bund und den Kantonen als organisierten Staatswesen ab; das «föderalistische Unbehagen» ist vielmehr das Streitross einer diffusen, in keiner konstruktiven Instanz verkörperten, rein ideologischen Fronde von Neinsagern geworden, der jede bundesstaatliche Bewältigung gesamtschweizerischer Aufgaben ein Greuel und ein Sündenfall des Föderalismus ist. Nun ist es gewiss die aufbauende Norm des Föderalismus, dass die Glieder auf ihrem Recht (und ihrer Pflicht) beharren, ihre Aufgaben selbständig zu lösen, wo immer sie es können; doch es ist seine Negation, wenn dem Bundesstaat die Kompetenz und die Mittel verweigert werden, zu tun, was niemand an seiner Stelle tun will und kann. Diesem Ressentiment oder diesem schlechten Gewissen gegenüber dem Bundesstaat, das durch alle eidgenössischen Diskussionen spukt, sollte unsere historische «Gespensteraustreibung» gelten. Denn Geschichtsbewusstsein und Staatsbewusstsein sind letztendlich dasselbe, und wo das eine nicht stimmt, da stimmt auch das andere nicht. Es scheint oft, dass wir das Ereignis des Bundesstaates noch immer nicht recht verdaut haben, dass unser Föderalismus im Grunde ein Antiföderalismus geblieben ist und dass «der Bund» wenn nicht der Feind, so doch ein notwendiges Übel geblieben ist, mit dem wir zwar Kompromisse schliessen, vor dem wir manchmal sogar kapitulieren, dem wir aber ungern eine positive Bestimmung beimessen; wo der Bund tätig wird, ausser in der Aussenpolitik und in Kriegszeiten, sehen wir nicht das Gemeininteresse, das wahrgenommen wird, sondern «den Föderalismus», der wieder einmal «den Rückzug antritt». Zwar gehört jene Kampfsituation zwischen Bund und Kantonen, die der Ausgangspunkt des Zuständigkeitskatalogs unserer Bundesverfassung war, heute längst der Geschichte an; aber wir fahren fort, sie wie eine fixe Idee in jedes Problem der Gegenwart hineinzukonstruieren und sie nicht als sachliche Frage der besten Aufgabenverteilung zu durchdenken, sondern als ideologische Frage bundesstaatlicher Usurpation und kantonaler Abdankung zu dramatisieren. So wurde das Gemeinsame, das Landesinteresse, das Bundessache wird und werden muss, nicht – und vor allem psychologisch nicht – ein positives Resultat des Zusammenwirkens der Bundesglieder, sondern immer nur ein negatives Resultat ihres Versagens. Statt der Aufgabe, die Tätigkeit der Kantone in ihrem Auftrag und mit ihrer Zustimmung zu koordinieren, fiel dem Bund die Rolle des Lückenbüssers zu, dem die Kantone verdrossen überbürdeten, womit sie selbst nicht mehr fertig wurden, und stets nur dann und erst dann, wenn wirklich nichts anderes übrig blieb. Ein enger, verneinender, um Kompetenzen schachernder Föderalismus hat den Geist eidgenössischer Zusammenarbeit ersetzt. Ist es nötig, die Liste dieser hartnäckig-formalistischen Rückzugsgefechte aufzustellen, an deren Ende früher oder später eine Kapitulation steht?

 

Kaum war der Bund geschaffen, beeilte man sich, ihm die Flügel zu stutzen. Die Eisenbahnfrage, deren föderalistische Lösung ein volles halbes Jahrhundert lang die schweizerische Politik zwischen Finanzskandalen und Krähwinkeleien in Atem hielt, bis sie sich endgültig als unmöglich erwies, kann zu den Akten gelegt werden. Umgekehrt hat auch die Frage einer eidgenössischen Universität, die in der Bundesverfassung vorgesehen war, aber sechs Jahre darauf mit Argumenten, deren meiste heute beschämend nachzulesen sind, verweigert wurde, höchstens noch historisches Interesse; sie wird als solche nicht mehr entstehen. Aber glauben wir wirklich noch, dass eine schweizerische, das heisst eine mehrsprachige und über die Sprachgrenzen hinweg wirkende Universität, für deren Gründung übrigens in vorderster Reihe Welschschweizer gekämpft hatten und die kein Monopol beansprucht, aber ein geistiges Zentrum der Eidgenossenschaft geschaffen hätte, unserem Föderalismus Schaden getan hätte – der heute nur zu sehr darin besteht, dass man sich über die Sprachgrenzen weg geistig, kulturell und ideell nicht kennt und versteht? Gewiss, wir haben als Ersatz aus gutschweizerischen Nützlichkeitserwägungen wenigstens das eidgenössische Polytechnikum zugestanden, und die bestehenden kantonalen Universitäten haben sehr ehrbar geleistet, was sie leisten konnten; aber sie konnten nicht verhindern, dass sie sich in ihrer lokalen und finanziellen Beschränkung doch zur Hauptsache mit der Ausbildung eines intellektuellen Mittelstandes begnügen und, vor allem auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften, die höheren Studien und die eigentliche Forschung den grossen ausländischen Universitäten überlassen mussten, in denen die Schweizer gemäss ihren sprachlichen Affinitäten ihre Hochschulbildung ergänzten – nicht ohne zeitweise verhängnisvolle Folgen für unsere geistige Situation zwischen den europäischen Kulturnationen. Es ist auch nicht sicher, ob die Kampagne gegen den «eidgenössischen Schulvogt», deren Triumph die Verfassungsbestimmungen über die Volksschule ohne Ausführungsgesetz liess, wirklich zu den Ruhmestaten des schweizerischen Föderalismus gehörte: Es war doch auch ein Triumph des Geists von Gytiwil und jenes urwüchsigen Rechts auf Rückständigkeit, das einige Kantone auf dem Gebiet des Schulwesens bis in sehr junge Zeit hochhielten. Dies war denn auch das erste Gebiet, auf dem der Weg über die Hintertreppe der Bundessubventionen als der allein zulässige «schweizerische Weg» bundesstaatlicher Nachhilfe zur Doktrin erhoben wurde. Erst heute, unter dem Druck eines schon erschreckenden Nachholbedarfs, beginnt der Glaubenssatz zu wanken, dass Kultur, Erziehung und Bildung auf allen Stufen, einschliesslich jener, die kein Kanton zu bewältigen vermag und die meisten gar nie zu bewältigen versuchten, von der materiellen Bereitstellung von Lehrmitteln bis zur höheren Forschung, ausschliesslich Sache der Kantone sein müssten, als handle es sich um fünfundzwanzig geschlossene, unvereinbare und für sich allein lebensfähige Zivilisationen; doch umso hartnäckiger wird die Rückzugsdoktrin verteidigt, dass der Bund höchstens als Subventionsverteiler auftreten, aber keine eigene Initiative, keine Koordination und vor allem keine Gesamtkonzeption entwickeln dürfe. Es ist ein «schweizerischer Weg» geworden, Fassaden zu wahren, hinter denen die Wirklichkeit verkümmert.

Der Parallelen wären viele, und jeder könnte sie auf seinem Gebiet ergänzen. Es gibt sie im Recht und in der Rechtsprechung, wo die lange Zeit unterentwickelte Bundesgerichtsbarkeit eigentliche Refugien der Rechtszersplitterung und Rechtswillkür entstehen liess. Es gibt die lange Leidensgeschichte der schweizerischen Sozialpolitik, die ihr gerüttelt Mass Schuld an dem sozialen Graben trägt, der sich im Ersten Weltkrieg und in der Zwischenkriegszeit in der Schweiz auftat. Es gibt die endlose Obstruktion gegen eine eidgenössische Währungsordnung, die erst am Vorabend des Ersten Weltkriegs die Schaffung einer schweizerischen Notenbank zuliess – auch dies ein Beispiel des Widerstands bis an den Rand des Absurden, denn es ist nicht auszudenken, wie die Schweiz ohne ein funktionierendes zentrales Kreditinstitut durch die Kriegszeit gekommen wäre. Die Fortsetzung bildet der Leidensweg der eidgenössischen Finanzordnung, die sich nun seit einem halben Jahrhundert von Vollmachten- zu Dringlichkeitsbeschluss und von Verfassungsprovisorium zu Verfassungsprovisorium fortschleppt, unter steter Aufrechterhaltung des Prinzips der alleinigen kantonalen Steuersouveränität, die doch zur dürftigen Fassade allseitiger Bundeshilfe und zum Refugium fragwürdigster Steuerprivilegien geworden ist. Dass die auf Zölle und Verbrauchssteuern verwiesene Bundeskasse stets im Zeichen der Hochkonjunktur im Geld schwamm und zur allseitigen Plünderung einlud, aber stets gerade dann aufs Trockene geriet, wenn in Kriegs- und Krisenzeiten die Aufgaben des Bundes gewaltig anstiegen, hat die eidgenössische Finanz- und Konjunkturpolitik seit fünfzig Jahren fast zu einer Serie von Tragikomödien werden lassen; dank ihr weiss unser Bundesstaat im Grunde noch heute nicht, was ein Budget und eine parlamentarische Budgetkontrolle ist, und weiss sogar unter den Fachleuten niemand recht, wer eigentlich für was zahlt – sehr zum Schaden unserer Abstimmungsdemokratie, die vom Staatsbürger Entscheidungen in Kenntnis der Sachlage fordert und die denn auch seit fünfzig Jahren regelmässig ausser Kraft gesetzt wird, wenn eine Krisensituation lang verschleppte Entscheidungen unaufschiebbar werden lässt. Die Durchwässerung der Eidgenossenschaft mit Bundessubventionen und die wachsende Komplexität der Finanzausgleiche sind die greifbarsten Indizien dafür geworden, dass die formal so eifersüchtig gewahrten Kompetenzausscheidungen zwischen dem Bund und den Gliedern längst keiner sauberen und sachgerechten Verteilung der Aufgaben mehr entsprechen. Gerade ein negativ-föderalistischer Formalismus ist so im Begriff, den Föderalismus auf ein leeres Gehäuse zu reduzieren, aus dem sich allmählich das spontane Leben zurückzieht.

 

Der lebendige Inhalt des schweizerischen Föderalismus war nicht die Kompetenzordnung zwischen Bund und Kantonen, sondern die Verwirklichung der Demokratie auf allen Stufen der Gesellschaft. Wir bekennen uns zu der Überzeugung, dass sich die Demokratie und die Freiheit, die wir meinen, im Grunde nur im überschaubaren Raum der lokalen Gemeinschaft ganz entfalten können, in der es dem Menschen möglich ist, im vollen Sinne Bürger zu sein, und dass darum die Gemeindedemokratie das tragende Fundament einer Stufenordnung der Gemeinschaft ist, die jede Beratung, Entscheidung und Durchführung öffentlicher Aufgaben dem kleinsten Kreis zuweist, in dem sie sinnvoll stattfinden können. Die Bedrohung oder innere Entleerung der Gemeindedemokratie rührt deshalb an die Grundlagen dessen, was die schweizerische politische Zivilisation genannt werden kann. Diese Stufenordnung ist nicht in der Bundesverfassung verankert, die einzig die Beziehungen zwischen Bund und Kantonen regelt und deren innere Ordnung den Kantonsverfassungen überlässt; sie ist eine Sozialordnung, die nur lebendig sein kann, wenn sie der sozialen Wirklichkeit entspricht. Dass diese Wirklichkeit fragwürdig geworden ist, erweist sich an der ganzen heute immer verwickelter gewordenen Problematik vieler Gemeindeautonomien, wie etwa der Steuerautonomie, die zwar von den Bewohnern steuerprivilegierter Gemeinden gern als das Allerheiligste des Föderalismus verteidigt wird, die aber immer mehr dazu beiträgt, die Diskrepanz zwischen reichen Gemeinden mit niedrigen Steuersätzen und armen Gemeinden mit hohen Steuersätzen, leeren Kassen und ungenügenden öffentlichen Diensten zu verschärfen, so dass die Situationen zur Regel werden, in denen Bund und Kantone eingreifen müssen, um die Erfüllung jener Gemeindeaufgaben zu ermöglichen oder zu erzwingen, deren Vernachlässigung im Interesse des ganzen Landes nicht länger geduldet werden kann. Und es ist nicht immer materielle Notlage, die viele Gemeinden zu Sündern an den eigentlichen Regalien der Eidgenossenschaft, an Landschaft, Gewässern, Kulturerbe und Volksgesundheit, werden lässt; es ist oft ein eigentliches Absterben jenes Gemeindegeistes, der auf Mitverantwortung und Stolz auf eigene gemeinsame Leistungen beruhte.

 

Die Schuld liegt nicht ausschliesslich an der soziologischen Umschichtung der Schweiz, der zwar spät, aber endlich doch eintretenden Auflösung der ländlich-bäuerlichen und kleinstädtischen Mentalität im industrialisierten Mittelland, an jener «Entwurzelung», die nichts anderes als die auch geistige Desagrarisierung der Gesellschaft ist. Hier wirkt tiefgründig auch eine rechtliche Fehlentwicklung der Gemeindebürgerschaft mit, die dieser Kleinform der Gesellschaft eigentümlich zu sein scheint. Schon der Niedergang der alten Eidgenossenschaft war ja grösstenteils nichts anderes als eine Sklerose der Gemeindedemokratie durch die Exklusivität des eingesessenen Altbürgertums, das sich als Oligarchie etablierte und die Zugewanderten auf Generationen hinaus zum Habitanten- und Hintersässentum verurteilte. Der Lokalbürgergeist war stets ein eifersüchtiger Geist, und er hat symbolisch noch in neuester Zeit in manchen Zunft- und Bürgerfesten Ausdruck gefunden, in denen sich die Kluft zwischen Altbürgertum und hergelaufenen Fabriklern manifestierte. Politisch freilich ist er im Bundesstaat gebrochen worden; der einzige, um der Freizügigkeit und sozialen Integration der Schweiz willen unumgängliche, doch tiefe und negative Eingriff der Verfassungsrevision von 1874 in die Gemeindeordnung war die radikale Entthronung der Ortsbürgergemeinde als politisches Gebilde zugunsten der schweizerischen Einwohnergemeinde, die fortan Mitbestimmung und Ortsbürgerrecht voneinander trennte und dieses geradezu entwertete. Das internschweizerische Resultat ist heute, dass eine immer kleinere Zahl von Schweizern Bürger der Gemeinde sind, in der sie leben, arbeiten und die Gemeindeangelegenheiten mitbestimmen, und dass dieses Gemeindebürgerrecht, von dem wir so gern rühmend hervorheben, dass es die unwandelbare Grundlage des Schweizerbürgerrechts und geradezu das Symbol der gemeindedemokratischen Grundlage unseres Staates sei, in Wirklichkeit für eine immer grössere Mehrheit schon ein gleichgültig gewordenes Kuriosum ist, das nur noch in der administrativen Korrespondenz zur Einholung des Heimatscheins in Erscheinung tritt. Rückblickend können wir sagen, dass auch ein anderer Weg möglich gewesen wäre, den zu beschreiten freilich nicht in der Kompetenz des Bundes lag: eine weite Öffnung des Ortsbürgerrechts, ja ein Anspruch auf Einbürgerung für wirklich sesshaft gewordene Zuwanderer; vielleicht hätte sich dann eine Einbürgerungspraxis nicht nur für zahlungskräftige Ausländer, sondern auch für echte – schweizerische und ausländische – Zuwanderer entwickelt, die bürgerrechtliche Heimat und wirklichen Lebensbereich nicht so weit hätte auseinanderklaffen lassen, und hätten unsere Gemeinden jene Assimilations- und Integrationsfähigkeit entwickelt, deren Fehlen sich heute rächt.

 

Doch ebenso schwerwiegend, wenn auch der Öffentlichkeit kaum bewusst, waren die Folgen für die Schweiz als Ganzes. Der jeder politischen und sogar fiskalischen Befugnis beraubten, nur noch als Privatkorporation fortbestehenden und vielerorts geradezu aussterbenden Ortsbürgergemeinde verblieben zwei gewichtige Erbstücke: die Fürsorgepflicht für verarmte Ortsbürger, die aus der ganzen übrigen Schweiz in ihre Heimatgemeinde abgeschoben werden konnten, als bis tief in unser Jahrhundert fast einzige Institution einer mittelalterlich gebliebenen Sozialfürsorge, und die alleinige Verfügung über die Einbürgerung von Niedergelassenen ausländischer Herkunft, die nur auf dem Weg über das Ortsbürgerrecht Schweizer werden konnten, auch wenn sie in der Schweiz geboren, zur Schule gegangen und vollständig verwurzelt waren. Die unselige Verkuppelung dieser beiden Überreste des Altbürgerregiments hat die schweizerische Einbürgerungspraxis in einer Weise abgestempelt, die nicht nur oft beschämend, sondern auch entsetzlich kurzsichtig war; da der Schlüssel zum Schweizerbürgerrecht in der Hand verkümmernder Altbürgergemeinden blieb, hat unser kleines Land im Zentrum Europas, das um der weltweiten Freizügigkeit seiner Bürger willen auch das eigene Einwanderungs- und Niederlassungsrecht weit öffnen musste, nie auch nur den Ansatz einer Assimilierungs- und Naturalisierungspolitik entwickelt, wie sie alle andern Staaten übten; mit Folgen, die schon zu Beginn unseres Jahrhunderts katastrophal zu werden drohten und vor denen uns damals nur das «rettende Wunder» des Weltkriegs bewahrte. Anläufe einer eidgenössischen Regelung der Bürgerrechtspraxis, wie etwa die totgeborene Revision des Verfassungsartikels 44, die wenigstens die obligatorische Einbürgerung in der Schweiz aufgewachsener Kinder schweizerischer Mütter vorsah, blieben auf dem Papier; stattdessen wurde die Auseinandersetzung mit dem «Ausländerproblem» der Fremdenpolizei überlassen, deren Praxis oft genug eines Rechtsstaates unwürdig war. Was die Schliessung des Bürgerrechts in den regierenden Orten der alten Eidgenossenschaft, das hat die Versteinerung des Bürgerrechts in der heutigen Schweiz als Tendenz immer wieder heraufbeschworen: die Oligarchiebildung eines «Herrenvolkes» von Alteingesessenen, das die mindere Arbeit den geduldeten Habitanten und Hintersassen überlässt. Dass die Diskussion über die Einbürgerungspraxis, die vor und nach dem Ersten Weltkrieg die Öffentlichkeit erregte und wenigstens Anläufe zu Teillösungen hervorrief, heute verstummt ist, bedeutet nicht, dass das Problem gelöst ist, sondern nur, dass es uns inzwischen völlig über den Kopf gewachsen ist; und da in einem veränderten Europa auch die Fremdenpolizei nicht mehr ausreicht, beliebig nach Konjunkturverlauf eine Reservearmee fremder Hilfskräfte zu importieren und wieder abzuschieben, warten wir eben wieder, wie vor 1914, auf ein Wunder…

 

Der Katalog der Irrungen im Namen eines negativen «Föderalismus» liesse sich verlängern, doch er ist eindrücklich genug. Es ist ein zweifelhafter Trost, dass bisher eigentlich noch immer alles gut abgelaufen ist und dass Vergleiche mit Nachbarländern noch oft zu unseren Gunsten ausfallen: Wenn wir der Jahrhunderte ungestörter innerer Entwicklung und ungestörter Kapitalbildung auf allen Gebieten gedenken, die uns vergönnt waren, mit einem einzigen kurzen Zwischenfall vor über 150 Jahren, der ausser für den Berner Staatsschatz ungemein gnädig ablief, wenn wir den ungeheuren Vorsprung bedenken, den uns die Unversehrtheit in zwei Weltkriegen gab, deren zweiter das ganze umgebende Europa in ein Trümmerfeld verwandelte, in dessen Mitte allein noch die Schweiz intakt war, dann ist das, was wir aus dieser unerhörten Bevorzugung des Schicksals gemacht haben, nicht überwältigend. Wir haben seit zehn Jahren in einer eigentlichen Schizophrenie zwischen unserem erklärten politischen Willen und unserem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Tun gelebt, weil der politische Wille zur blossen Ideologie geworden ist und sich keine Instanz schaffen will, die ihn in die Tat umsetzt; wir haben unseren Willen proklamiert, ein souveräner föderalistischer Kleinstaat nach eigenem, menschlichem Masse zu bleiben, und wir haben gleichzeitig unsere Wirtschaft – die nicht Privatwirtschaft wäre, wenn sie sich «antizyklisch» verhielte und sich aus freien Stücken irgendein Geschäft entgehen liesse – in einen Zustand treiben lassen, der die Schweiz zum mit fremder Arbeitskraft, fremden Lizenzen und fremdem Kapital betriebenen Treibhaus der internationalen Wirtschaftsexpansion macht und sie blindlings der in Worten bekämpften Integration in einen europäischen Einheitsmarkt ausliefert. Nicht ihrer Bestimmung als Laboratorium Europas gemäss, nicht im breiten Ausbau der Forschung, der Kaderbildung, der Qualitäts- und Pionierleistungen auf den neuen Gebieten der Technik, der Elektronik und der Automation, sondern vor allem in rein quantitativ-geschäftstüchtiger Ausnützung der Konjunktur hat die Schweiz die ausserordentliche Gunst der Stunde genutzt und vielleicht verschleudert. Heute beginnen wir zu sehen, dass es nachgerade um nichts Geringeres geht als um die Rettung der Heimat und dass es dringend geworden ist, dem hemmungslosen Ausverkauf und Raubbau an allem, was unersetzliches und unveräusserliches Gut der Gemeinschaft ist, an Wasser, Luft, Landschaft, Grund und Boden und den Grundbedingungen natürlichen Lebens, eine Grenze zu setzen. In dieser Situation werden Kompetenzstreitigkeiten, die wir gern für den Inhalt und das Salz des Föderalismus halten, zu Spiegelfechtereien, hinter denen sich nur zu bequem gewöhnliche Interessenklüngel verschanzen, ihr Veto erheben und «Berücksichtigung» heischen, die im eigenen Namen gar nicht aufzutreten vermöchten. Es ist nicht die Gemeindedemokratie von Mägenwil – womit keineswegs eine arme und mit Steuern überlastete kleine Gemeinde gescholten werden soll, die auch ihren Happen von der Konjunktur haben möchte – und es ist nicht die Kantonalsouveränität der Ölleitungskantone, die den Föderalismus retten werden. Es liegt nicht in den Möglichkeiten der Kantone und Gemeinden, die ja längst keinen eigenen kontrollierbaren Wirtschaftsraum mehr besitzen, Konjunktur- und Wirtschaftspolitik zu betreiben; sie können nur ihre eigenen Interessen im Rahmen einer nationalen Wirtschaftspolitik wahrnehmen, vorausgesetzt, dass es eine gibt, und dem Prinzip des Föderalismus ist mit diesem Mitspracherecht Genüge getan. Denn wenn wir ihn nicht zum archaischen Dorf- und Kleinstadtideal zerreden oder ihn zu einem Fetisch aus lauter Negationen und Verboten ideologisieren, ist der Föderalismus doch nichts anderes als das einfache Prinzip, dass die Gemeinden ihr Gemeindeinteresse wahren, die Kantone ihr Kantonsinteresse, dass aber das Landesinteresse den Landesbehörden anvertraut ist. Nicht die Kantone sind föderalistisch – die unglückselige hundertfünfzigjährige Geschichte des Berner Jura, aus deren pathologischen Ressentiments nun der Separatismus lebt, zeugt davon –, nicht die Gemeinden, deren natürliches Betätigungsfeld die Kirchturmpolitik ist, nicht die Wirtschaftsverbände, die zu den zentralistischsten Institutionen der Schweiz gehören; und ob die Schweizer wirklich von Natur aus als gute Föderalisten geboren werden, daran lässt nicht nur der bald schulmeisterliche, bald beleidigte Ton vieler eidgenössischer Gespräche – nicht nur zwischen Deutsch und Welsch – Zweifel aufkommen: Sehr viele Probleme der Gegenwart würden sich überhaupt kaum stellen, wenn sich der föderalistische Geist der freiwilligen Zusammenarbeit häufiger in interkantonalen Konkordaten und interkommunalen Gemeinschaftswerken dokumentieren würde. Der schweizerische Föderalismus ruht in den politischen Institutionen des Bundes, und zu seinen Lebensbedingungen gehört ein handlungsfähiger und handelnder Bundesstaat. Das Überholteste an einer «antizentralistischen», im Grunde antiföderalistischen Ideologie des Föderalismus ist vielleicht die Konzeption der Bundesregierung als unpolitisches Beamtengremium, das in Verwaltungsaufgaben aufgehen, Interessen ausgleichen und vermitteln, ermahnen und Gaben verteilen, aber nicht aktiv werden und nur ja nicht regieren soll. Wenn die Parole des Föderalismus nach alter Tradition weiter nur dazu dient, nicht Zusammenarbeit und Koordination im Bundesstaat, sondern Zersplitterung, Krähwinkelei und Obstruktion gegen gemeinsame Lösungen zu betreiben, dann kann es eines nahen Tages geschehen, dass eine junge Generation das Kind mit dem Bade ausschüttet und den echten mit dem falschen Föderalismus zum alten Eisen wirft.

 

Es muss nicht geschehen, und es wäre ein verhängnisvolles Missverständnis. Denn der Föderalismus ist die Staatsform der Zukunft. In der schleichenden Zersetzung der klassischen Staatssouveränitäten, die überall im Gange ist, bleibt zwischen tödlicher Balkanisierung und unmöglicher Universalmonarchie nirgends ein anderer Weg als der des Föderalismus, so schwer es auch fällt, ihn zu finden. Die zentralistischen Kommandostrukturen, die den Typ des kontinentaleuropäischen Machtstaats kennzeichneten, sind nirgends mehr den Erfordernissen der differenzierten modernen Gesellschaft und Wirtschaft gewachsen, welche die Dezentralisierung der Initiativen und Verantwortungen erfordern; die Aufgabe der dezentralisierten Planung, das heisst der Koordination lokaler Entscheidungen, die uns als Aufgabe föderalistischer Planung bewusst zu werden beginnt, stellt sich in ganz verschiedenen historischen Ausgangssituationen, doch mit gleicher Dringlichkeit überall – im zentralistischen Frankreich, wo gerade die europäische Integration die autonome Regionalplanung und die Wiederbelebung der alten Provinzen auf die Tagesordnung gestellt hat, ja selbst in der sowjetrussischen Planwirtschaft –, und wir täten gut, uns durch unseren «Sonderfall» nicht den Blick auf diese Entwicklungen trüben zu lassen. Der Föderalismus ist keine muffige Museumsideologie, und er stirbt nicht daran, dass Probleme und Lösungen in grösseren Zusammenhängen erarbeitet werden müssen als im Zeitalter der Pferdepost und des Spinnrahmens, so wenig er im letzten Jahrhundert daran starb, dass die kantonalen Zoll- und Währungsgrenzen fielen und die köstliche Buntheit der kantonalen Masse und Gewichte verschwand. Es ist ein Missbrauch des Begriffs Föderalismus, ihn zur Parole des untätigen Treibenlassens, des Neinsagens und des Barrikadenbaus gegen die Zukunft zu machen. Die Diskussion unserer Zukunftsaufgaben nicht durch diesen Missbrauch belasten zu lassen, der sich tief in unseren Sprachgebrauch und unser Geschichtsbewusstsein eingefressen hat, war der Sinn dieser Philippika.


Erschienen: Schweizer Monatshefte: Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Kultur, Band (Jahr): 44 (1964-1965), Heft 9

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