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Volksnähe macht bescheiden

Als Schweizer Parlamentarier lebt man gut – im Vergleich zum Ausland aber wie ein Bettler.

Volksnähe macht bescheiden
Nationalratssaal im Bundeshaus in Bern, 15. März 2023. Bild: Parlamentsdienste / Rob Lewis.

Die National- und Ständeräte sind zu beneiden. Welcher Angestellte darf schon seinen eigenen Lohn selber festlegen?

Und die Parlamentarier sorgen durchaus dafür, dass sie nicht zu kurz kommen. Heute erhalten sie eine Grundentschädigung von 26 000 Franken pro Jahr sowie ein Taggeld von 440 Franken. Ein Nationalrat kommt so im Schnitt auf rund 83 000 Franken, ein Ständerat auf 93 000 Franken. Hinzu kommen Entschädigungen für persönliche Mitarbeiter, Übernachtungen, Mahlzeiten, ein Vorsorgebeitrag, Familienzulagen, ein 1.-Klasse-Generalabonnement und weitere Extras. Insgesamt erhält ein Nationalrat im Schnitt etwas über 144 000 Franken, ein Ständerat knapp 159 000 Franken. Ein anständiger Betrag für ein Mandat, das wenigstens in der Theorie ein Milizamt ist.

Doch halt: Wir wollen an dieser Stelle auf einen Rundumschlag gegen gierige eidgenössische Parlamentarier verzichten. Man kann es nämlich auch positiv sehen: Im internationalen Vergleich sind die eidgenössischen Abgeordneten geradezu bescheiden.

  • In Deutschland erhalten die Mitglieder des Bundestags eine jährliche Entschädigung von knapp 135 000 Euro. Hinzu kommen grosszügige Spesen für Mitarbeiter, Büroräumlichkeiten, Reisen etc., sodass ein Abgeordneter den Steuerzahler total über eine halbe Million Euro kostet.
  • In Italien erhält ein Abgeordneter 125 000 Euro ohne Spesen.
  • In Österreich sind es sogar 145 000 Euro.
  • Vergleichsweise bescheiden sind die Mitglieder der französischen Assemblée nationale mit 92 000 Euro.
  • Abgeordnete des britischen House of Commons erhalten 91 000 Pfund (knapp 110 000 Euro).
  • Grosszügig entlöhnt werden die Mitglieder des amerikanischen Kongresses mit 174 000 Dollar (rund 160 000 Euro).
  • Spitzenreiter sind aber die EU-Parlamentarier: Sie erhalten neben einem Grundsalär von über 10 000 Euro noch 350 Euro für jeden Tag, den sie am Parlament arbeiten. Bei 250 Arbeitstagen kommt man so auf eine Entschädigung von stolzen 212 000 Euro. (Bei allen Beträgen handelt es sich notabene um Bruttoentschädigungen ohne Spesen und weitere Goodies, da ein aussagekräftiger Vergleich sonst kaum möglich wäre.)

Die Unterschiede zwischen den Ländern akzentuieren sich noch, wenn man die Parlamentariersaläre ins Verhältnis zu den Durchschnittslöhnen in den jeweiligen Ländern setzt:

Die Entschädigung der Mitglieder des EU-Parlaments liegt über fünfmal höher als der Durchschnittslohn in der Eurozone. In Italien beträgt das Verhältnis knapp 4 zu 1. Auch in allen anderen Ländern liegt der Faktor bei mindestens 2. Einzige Ausnahme ist die Schweiz, wo die Parlamentarier in etwa den Durchschnittslohn erhalten (in der Regel aber auch noch einen anderen Job neben ihrem Amt ausüben).

Was erklärt diese Unterschiede? Eine wichtige Rolle dürfte spielen, wie gross der Einfluss der Stimmbürger auf die Gesetzgebung ist. In der Schweiz lehnte das Volk 1992 eine Revision des Entschädigungsgesetzes ab, die höhere Bezüge vorgesehen hatte und faktisch wohl zu einem Berufsparlament geführt hätte.

Je weiter entfernt die Parlamentarier von ihren Wählern sind, desto eher können sie höhere Bezüge durchsetzen – wie das EU-Parlament auf erschreckende Weise zeigt. Und wenn man noch eine Stufe höher geht und die Staats- und Regierungschefs betrachtet, wird die Diskrepanz zu den Normalsterblichen noch grösser. So bezieht EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 375 000 Euro pro Jahr. Am grosszügigsten mit sich selber ist aber der saudische König Salman, der sich umgerechnet 730 Millionen Euro auszahlen soll – pro Monat.

Mit Blick auf das Ausland können die Schweizer also zufrieden sein mit der Kosteneffizienz ihres Parlaments. Die Parlamentarier sind es weniger – regelmässig bringen sie Vorschläge ein, die Ausgaben zu erhöhen. Zuletzt scheiterte ein Vorstoss, der die Entschädigung für persönliche Mitarbeiter erhöhen wollte, in der Staatspolitischen Kommission des Ständerats.

Die vollständigen Daten können hier heruntergeladen werden.

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