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Verteidigung des Feminismus
Bild: Oxford University Press, 2022.

Verteidigung des Feminismus

Holly Lawford-Smith: Gender-Critical Feminism.

 

Wenn mediokre Akademiker noch vor Publikation eines neuen Buches zu dessen Boykott aufrufen, um öffentlich die Selbstprofilierung in den eigenen Kreisen voranzutreiben und an der Meinungsfreiheit zu sägen, spricht ­vieles dafür, dass der angefeindete Titel mit Interessantem aufwartet und zudem weitaus gehaltvoller ausfallen dürfte als das, was seine Verleumder zu Papier bringen. So verhält es sich im Falle der feministischen Philosophin Holly Lawford-Smith, die an der Universität Melbourne lehrt. Als Oxford University Press ihre nun vorliegende Monografie zum genderkritischen Feminismus ankündigte, brach prompt der linksdrehende Entrüstungssturm los. Postmoderne Jargonisten trieb bereits das Inhaltsverzeichnis derart auf die Palme, dass sie auf Twitter den Verlag aufforderten, das Buch gar nicht erst in den Handel zu geben – gefolgt von der mittlerweile üblichen Unterschriftenliste, die stets dann aufgesetzt wird, wenn man ­gegen eine einzelne Frau hetzen kann.

Die Episode reiht sich ein in die neue, alte Misogynie, die im Unterschied zur traditionellen gezielt mit der Aura des angeblichen Fortschritts operiert. Lawford-Smith hat bereits einige Attacken hinter sich, die aufs Konto der «Vielfalt» verpflichteter Aktivisten gehen. Sie ist lebenslang auf Twitter gesperrt (angebliches «Vergehen»: nicht verifizierte «Hate Speech»); eine Webseite, die sie eingerichtet hat, damit Frauen anonym von ihren konfliktreichen Erfahrungen mit der angeblich «gendersensiblen» Umgestaltung (alias Abschaffung) geschlechtergetrennter Räume berichten können, brachte tausende Angestellte und Studierende an ihrer eigenen Hochschule gegen sie auf; auf dem Campus von Melbourne wurden Demonstrationen gegen sie abgehalten.

Umso bemerkenswerter ist es, dass die Philosophin unbeeindruckt von all dem an ihren rationalen und im höchsten Masse nachvollzieh­baren Argumenten festhält. «Gender-Critical Feminism» ist eine zugängliche Verteidigung des Anspruchs, dass der Feminismus eine politische Bewegung von Frauen für Frauen ist, weswegen nicht «Geschlechtsidentität», sondern Geschlecht der primäre Fokus dieser Bewegung bleibt. Die diesbezüglichen Schäden, die sich mitunter auf pseudokritisches Judith-Butler-­Lesen zurückführen lassen, betreffen nicht nur eine ganze Generation an Studierenden, denen man die ­Simulation des Denkens als Lebenserfahrung verkauft hat. Sie betreffen nunmehr auch die Gesetzgebung vieler ­Länder, die im Namen der «Inklusion» die Errungenschaften der Frauenemanzipation demontieren.

Der Einspruch hiergegen ist nun ebenjener genderkritische Feminismus. Lawford-Smith legt in zwei grossen Teilen überzeugend dar, wie die emanzipatorischen Anliegen im frühen 21. Jahrhundert an den Rand gedrängt worden sind, und erläutert die daraus resultierenden Aufgaben für eine neue Bewegung, die mit den grotesken Irrungen der letzten Jahrzehnte aufzuräumen hat. Ihrer Abhandlung kommt das Verdienst zu, als eine der ersten akademischen Publikationen Alternativen aufgezeigt zu haben. Das ist ein Indiz, dass sich die Ära, in der das Gender-Paradigma tonangebend war, sich ihrem Ende zuneigen könnte.

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