Ungenügendes ­Wissen
gefährdet die Altersvorsorge

Die Herausforderungen der Altersvorsorge verlangen mehr Eigenverantwortung. Um diese wahrnehmen zu können, müssen das Vorsorgewissen deutlich verbessert und innovative Sparmodelle gefördert werden.

Ungenügendes ­Wissen  gefährdet die Altersvorsorge
Yvonne Seiler Zimmermann und Heinz Zimmermann, zvg.

 

Die Altersvorsorge steht vor grossen finanziellen Herausforderungen. Obwohl die nominellen Zinsen nach einer langen Phase von tiefen (und sogar negativen) Zinsen wieder steigen, können die in der Vergangenheit garantierten Leistungen in der Zukunft nicht mehr vollumfänglich aufrechterhalten werden. Es wird daher für die Versicherten immer wichtiger, für die eigene Altersvorsorge Verantwortung zu übernehmen, um das persönliche Rentenziel im Alter zu erreichen. Um Eigenverantwortung wahrnehmen zu können, braucht es neben dem Interesse am Thema insbesondere das nötige Wissen und die Möglichkeiten, die Altersvorsorge optimal gestalten zu können. Dazu gehört, dass die Vorsorge den veränderten Familien- und Beschäftigungsmodellen Rechnung trägt.

Nachfolgend soll beleuchtet werden, inwieweit sich die Versicherten der finanziellen Herausforderungen des Vorsorgesystems bewusst sind, wie gross ihr Interesse am Thema Altersvorsorge ist, wie es um ihr Wissen steht und ob sie bereit sind, Eigenverantwortung wahrzunehmen. Antworten auf diese Fragen liefert eine aktuelle Studie der Hochschule Luzern.1 Sie basiert auf ­einer Umfrage, die vom 2. bis 13. Juni 2022 bei über 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch­geführt wurde. Im folgenden soll auf die Frage eingegangen werden, ob die heute bestehenden Möglichkeiten zur privaten Altersvorsorge ausreichend sind, um die persönliche Altersvorsorge zu optimieren. Hier sehen wir Defizite; dazu präsentieren wir einen konkreten Verbesserungsvorschlag.

Das Problembewusstsein ist hoch

Die Arbeitnehmenden sind sich der Herausforderungen in der Altersvorsorge bewusst: Nur eine Minderheit der Befragten (27 Prozent) erwartet, dass sie genügend Geld aus der AHV und der zweiten Säule erhalten wird, um im Alter den gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Männer und ältere Personen haben diesbezüglich anteilmässig ein höheres Vertrauen als Frauen und jüngere Personen. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, sind die Versicherten bereit, Massnahmen zu ergreifen, um die Finanzierungsprobleme im Zusammenhang mit der Langlebigkeit zu beheben. Nur gerade 4 Prozent der Befragten stehen solchen Massnahmen ablehnend gegenüber. Interessanterweise bevorzugt eine Mehrheit die Leistung höherer Sparbeiträge – und zwar in einer Kombination aus höheren Beiträgen, risikoreicheren An­lagen und längerem Arbeiten über das ordentliche ­Rentenalter hinaus. Zudem zeigt die Umfrage, dass das Interesse am Thema der Altersvorsorge hoch ist. 71 Prozent der Befragten sind daran interessiert, und 44 Prozent haben sich schon intensiv mit ihrer persönlichen Altersvorsorge beschäftigt. Erwartungsgemäss ist das Interesse bei älteren Personen höher als bei jüngeren.

Bereitschaft zur Eigenverantwortung vorhanden

Die meisten Versicherten sind sich bewusst, dass die Vorsorgeeinrichtungen vor finanziellen Herausforderungen stehen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die Mehrheit (84 Prozent) der Befragten privat vorsorgt und ebenso mehrheitlich (63 Prozent) die Säule 3a gegenüber Einkäufen in der zweiten Säule bevorzugt. Zu Bedenken Anlass gibt jedoch die Feststellung, dass 11 Prozent der Personen, die Geld in der Säule 3a angespart haben, nicht wissen, über welche Vorsorgelösung sie verfügen (Sparkonto oder Fonds). Ebenso zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Kenntnisse über das Vorsorgesystem und die eigene Vorsorgeeinrichtung insbesondere im Vergleich zum Finanzwissen eher bescheiden sind. Dabei fällt auf, dass sich diese Wissenslücke speziell auch bei der freiwilligen Altersvorsorge offenbart. So wissen beispielsweise nur gerade 35 Prozent der Befragten, dass nicht alle Personen in der Schweiz für die Säule 3a einzahlungsberechtigt sind. Diese Beobachtung ist gerade vor dem Hintergrund problematisch, dass Erwerbstätige vermehrt während ihres erwerbsfähigen Alters Auszeiten nehmen möchten, um Berufs- und Privatleben in Einklang zu bringen und eine bessere Work-Life-Balance zu finden. Wird nämlich die Auszeit in Form eines Unterbruchs (also mit einer ­Kündigung) genommen, ist man nicht mehr berechtigt, Einzahlungen in die Säule 3a vorzunehmen. Aber auch bei einer Auszeit ohne Kündigung kann es zu Renten­kürzungen kommen, da die Sparbeiträge während der Auszeit tiefer ausfallen oder gänzlich wegfallen.

Eine Möglichkeit, eine Rentenkürzung zu vermeiden, bietet das sogenannte Zeitwertkonto, das in Deutschland verbreitet ist und über eine gesetzliche Grundlage verfügt; in der Schweiz ist es…